Review

Kein Grund zur Aufregung!
Mir fällt kein besonderer Grund ein, weswegen man wegen "Sweet Home Alabama" großartiges Geschrei veranstalten sollte. Es ist doch nur eine Romantikkomödie, eins von den Feel-Good-Movies, in denen man sich mal so richtig amtlich zwei Stunden vor der Welt verstecken kann, wo man schmusen darf oder schmachtend in sein Taschentuch schluchzen. Alles weitere wäre viel Lärm um Nichts.

Reese Witherspoon ist eben momentan abonniert auf eine Mischung aus Witz und Romantik und sie kann diese Rollen mit Charme und Energie ausfüllen, sympathisch und kontrovers und dabei nicht beliebig wirken.
Hier ist sie eine gefeierte junge Modedesignerin im Big Apple, der der Sohn der Bürgermeisterin mal eben die Auslagen bei Tiffanys nach Ladenschluß zwecks Aussuchen eines Traurings zur Verfügung stellt. Wer da nicht beim Kniefall des knuddeligen Bräutigams aufjault, der ist schon tot oder eben Filmkritiker.

Natürlich gibt es da wie immer ein Problem, denn die Schöne ist noch verheiratet, was allerdings gut geheimgehalten wurde, noch dazu mit einem Verlierer aus dem Süden, aus einem ausgesprochen kleinen und provinziellen Nest aus dem Süden; Alabama halt, das Trauma jeden Yankees.
Also hingeflogen und die Scheidungspapiere unterschreiben lassen, doch der werte Gatte weigert sich. Und nicht nur das: unter all dem Schmutz ist er noch süßer als der Bräutigam und je länger die Unterschrift dauert, desto mehr schmilzt die Arroganz vor der Hinterwäldlerheimat.

Das dürfte enormen Zulauf in allen Bundesstaaten gehabt haben, die den Bürgerkrieg verloren haben, aber auch die übrigen Amis könnten sich amüsiert haben, was neben der arg konventionellen Geschichte (immerhin eine nette Idee) vor allem an den skurilen Typen in der Heimatcity liegt, allesamt irgendwo zwischen Kleinstadtmief, Vollprolet und Redneck hängend, natürlich samt und sonders von der sympathischen Sorte.
Zusätzlich aufgewertet durch vermutlich den dicksten Südstaatenakzent, der denkbar war.
Problem nur, daß es so etwas in jeder synchronisierten Fassung natürlich nicht gibt. Also verschliff man für die Südler so manche Endungen, nuschelte ein wenig und ließ sich ein paar ländliche Redewendungen einfallen. Das reicht zwar kaum, ist aber trotzdem genießbar.

Weniger genießbar ist die grundsätzliche Storyline, die außer den hinreißenden Sidegags (eine aufgetakelte Witherspoon stöckelt auf hohen Hacken in eine Countrypinte, dichtet sich ab und fängt an, alle zu beschimpfen) leider nur Gewohnheitskost zu bieten hat. Natürlich ist der Noch-Ehemann in Wirklichkeit längst kein Schluffi mehr, sondern erfolgreicher Unternehmer, der eigentliche Bräutigam wollte eigentlich mehr seiner Mutter eins auswischen, die Eltern sind eigentlich etwas, auf das man stolz sein kann und irgendwie kann man Nord und Süd ja doch vereinbaren. Tralala, das war's. Hat jemand dran gezweifelt?

Zum Glück retten die Nebendarsteller, wenn der Film wirklich zwischendurch mal danebenhaut, vor allem in einer äußerst faden Schluchzszene an einem Hundegrab und die diversen Comedysequenzen heißen uns ganz gemütlich ein, nur will uns partout nicht aufgehen, was so wahnsinnig doll an diesem miefigen Nest sein soll, wenn man sich eine ganz erfreuliche und gar nicht kalte Existenz aufgebaut hat. Zwar wird einem das als seine Wurzeln verkauft, aber das man da raus will, dürfte jeder halbwegs verstehen, der nicht hinterm Mond aufgewachsen ist.

Witherspoon ist durchgängig gut wie immer, Josh Lucas eine interessante Neuentdeckung auf dem Männersektor und auch sonst gibt's nichts zu meckern, wobei Candice Bergen als Zicke und Fred Ward als Daddy herausstechen. Dennoch ist das deutlich ein Film für Kleinstädter, obwohl er nie gegen Großstädter Krieg führt, gibt er der einen Seite den Vorzug, um dann im Nachspann doch peinlich Werbung für den weichgespülten Kompromiß zu machen.
Ja, das ist vergnüglich, aber ich vermisse dann doch etwas Realitätsanspuch und Biß. Also amüsieren wir uns solo. (6/10)

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