Review

Abraham Lincoln Vampirjäger (2012) von Timur Bekmambetov

...Abraham Lincoln war noch ein Kind, als er mitansah, wie ein Negerjunge misshandelt wurde. Beim Versuch ihm zu helfen, wurde noch Lincolns Vater in die Sache mit hineingezogen, was letztendlich zu einem Schicksalsschlag für die ganze Familie ausuferte. Dieses Geschehen prägte den jungen Lincoln so stark, dass es das Denken und Handeln für seinen weiteren Lebensweg beeinflusste. Aus diesem tragischen Schlüsselerlebnis heraus entstand aber auch die Erkenntnis, dass sich die Menschen um Lincoln herum die Welt noch mit einer anderen Spezies teilen mussten - unbarmherzigen und blutgierigen Vampiren...

Obwohl es nicht geplant war, hatte ich das Glück in wenigen Wochen 4 Lincolnverfilmungen anschauen und vergleichen zu können. Dieser Vergleich hinkt allerdings, da die Filme von ihrer Thematik und Aufmachung teils extrem von einander abweichen - aber dennoch interessant! Ebenfalls Glück hatte ich bei der Entscheidung, die zwei teuersten Produktionen nur von der städtischen Bücherei geliehen und nicht gekauft zu haben. Ob es nun Zufall oder Absicht war, im Jahr 2012 gleich 3 Lincolnverfilmungen herauszubringen, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis.

Nun aber zur Vampirjäger-Variante: Ich schaue seit über 4 Jahren ständig und zu über 90% nur Westernfilme an, daher bin ich nicht nur offen für Mischungen aus Western und Komödie, sondern auch aus Western und Horror oder Science-Fiction. Dabei habe ich bis jetzt überwiegend nur gute bis sehr gute Umsetzungen herausgepickt. So war ich gespannt auf diese Vampirversion, denn erst kürzlich habe ich eine Alternative mit Zombies gesehen.

Nachdem es bei diesem Film in der Anfangs- und Aufbauzeit zu kleinen Längen und stellenweise etwas Langatmigkeit kam, geriet die Geschichte dann aber doch ganz schön in Fahrt. Will damit andeuten, dass Vampir- und Horroraction, aber auch die Action allgemein nicht zu kurz kamen. Insgesamt war das ganze Spektakel auch auf jeden Fall unterhaltsam. Aber das "wie", also die Umsetzung hatte in meinen Augen doch einige Schwächen. Fairerweise muss ich aber auch dazusagen, dass es wohl nicht so einfach ist, diesen Horror-Western, bzw. Horror-Kriegsfilm als Biografie aufzubauen, sprich über einen großen Zeitraum von Lincolns Leben. Hier nun meine Beanstandungen:
- Keine Wohlfühlatmosphäre. Dieser Film wirkt vom Ambiente her sehr realistisch, was aber leider auch eine meist bedrückende Stimmung verursacht. Harte Zeiten, politische Umbrüche, ärmliche Verhältnisse, unschöne Bilder, usw. Verstärkt wird dieser Effekt zudem noch durch die Verwendung von (Braun-) Filtern.
- Der Film spielt zu einem großen Teil während des Amerikanischen Bürgerkriegs und so kommen die Zuschauer auch in den Genuss von Kampfhandlungen. Diese sind aber, wie der ganze Film, stark computerlastig. Es scheint, als bräuchte man für jeden Furz eine Computeranimation und dann auch nur von der billigsten Sorte!
- Die Kampfhandlungen sind meist sehr oberflächlich und dienen somit nur zur Stimmung, sowie der Darstellung der Vampiraction, da die Blutsauger auf der Seite der Konföderierten kämpfen - haben sie sich doch überwiegend in den Südstaaten eingenistet.
- Apropos Action - wenn man sich anguckt, wie der alternde Lincoln und Präsident, zusammen mit seinen engsten Freunden agiert, wäre "Superman vs. Vampire" der passendere Filmtitel. Trotz der recht authentischen Atmosphäre, garniert mit einigen eher lieblos runtergedrehten Kampfhandlungen, wirkt der Film insgesamt sehr unglaubwürdig. Ganz anders in klassischen Vampirfantasien a la Dracula mit Christopher Lee.
- Größtes Manko - das Filmverständnis von Bekmambetov und die Filmkunst seines Teams! Ich habe wohl noch nie ungenaueres und unruhigeres Inszenieren von Handlungssträngen gesehen. Man hat bei fast allen(!) Actionszenen immer das Gefühl, dass die entsprechende Szene zu kurz gezeigt wird, bzw. zu früh abgeschnitten oder abgewürgt wurde. Zack-zack, schnell-schnell alles oberflächlich, alles Kacke! Man sieht sehr viel, aber eigentlich doch gar nix, zumindest nix Genaues. Was hat sich Regie und Kamerateam wohl dabei gedacht? Ist hoffentlich kein neuer Trend, denn "Die glorreichen Sieben" (2016) zeigt in brillanterweise dass sich bewährte Filmkunst aus den 1950er und 60er Jahren sehr wohl mit HighTech aus der Gegenwart kombinieren lassen.
- Zu diesem ungenauen und überhasteten US-Amerikanischen Dreh- und Schneidestil passen dann auch die unzähligen Effekte aus dem Computer. Wie auch schon bei "Blueberry und der Fluch der Dämonen" sehr viel - nein ZU viel Effekthascherei! Auch ist die Anwendung von Zeitlupenszenen irgendwann zu häufig und überreizt!
- Da wundert es dann auch nicht, dass auf der Synchron-, wie auch auf der Originaltonspur die Stimmen bei Actionszenen in diesem ganzen Effektbrei zu leise sind und teils untergehen.
- Aufgrund diesem überheblich wirkenden Gehabe, ist "Abarahm Lincoln Vampirjäger" wohl eher für ein sehr junges Publikum gedacht, das staunt und fasziniert ist, wenn alles in Bewegung ist und viel gesprungen, geschlagen, hantiert wird und es nebenbei noch viel knallt. Kindern und Jugendlichen kann man dann auch weismachen, dass Funken aus dem Schlot einer Lokomotive heraussprühen, obwohl Heiz- und Wasserdampfkessel völlig voneinander getrennt sind. Aber sei's drum - sieht für die Jüngeren halt toll aus! ^^
- Also, alles zu lebhaft, zu ungenau, zu unruhig, zu unglaubwürdig und viel zu effektvoll und zu supermanmäßig. "Bekmambetov setzen 6!" :( In diesem Fall 5 von 10 Punkte, da er immerhin eine gewisse Unterhaltung und ein durch (Computer-)Action kurzweiliges Spektakel der anderen Art abgeliefert hat!

Erstaunlich - die Vampirvariante um Lincolns Leben ist mit 69 Mio. Dollar Budget, noch vor Spielbergs zäher Schnarchversion mit 65 Mio. Dollar, die teuerste Lincolnverfilmung von 2012. Richtig Spaß machte mir jedoch nur die Zombievariante, die zum Schnäppchenpreis von gerade mal $150.000 produziert werden konnte (Budgetangaben von imdb.com übernommen). Außerdem konnte ich mich bei "Abraham Lincoln vs. Zombies" auch leichter in die Figuren und Handlung hineinversetzen, als beim Pendant mit den Blutsaugern. Abe Lincoln aus dem Zombiespektakel sieht zudem seinem Original einiges ähnlicher und sein Auftritt wirkt insgesamt deutlich glaubwürdiger.

Habe hiermit übrigens, zu allen 3 angesprochenen Lincolnverfilmungen von 2012 ebenfalls ein Review verfasst.

Aber am besten ihr seht euch (zumindest die Fantasy-) Verfilmungen von Abraham Lincoln selber an...

Dabei viel Spaß und gute Unterhaltung! ;)

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