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Egal ob „Herr der Ringe“, „Harry Potter“ oder „Jurassic Park“ – an den Kinokassen soffen jegliche Megablockbuster im Vergleich zu „Titanic“ ab, was vor allem daran lag, dass James Camerons Verfilmung der Katastrophe ein wahnsinnig breites Publikumsspektrum abdeckte und diejenigen, denen der Streifen gefiel gleich ein zweites, drittes, viertes...Mal die Kinos stürmten. Verantwortlich dafür war in erster Linie Leonardo DiCaprio, der damals auf die jungen weiblichen Zuschauer eine derartige Ausstrahlung hatte, dass die ihn immer und immer wieder sehen wollten.

Doch der Reihe nach: Für James Cameron bedeutete dieses Projekt, ein gewaltiges Risiko auf sich zu nehmen, denn den Untergang so realitätsnah und spektakulär wie möglich nachzubilden, sollte an die 200 Mio. $ verschlingen und so teuer war noch kein Film vorher. So war manch einer äußerst pessimistisch, denn wer sollte bitte in einen Katastrophenfilm rennen, dessen Katastrophe schon so oft verfilmt worden war? Und es kam doch ganz anders...

Die Trailer versprachen bereits episches Hollywood-Entertainment der feinsten Sorte, die Marketingtrommel wurde so geschickt gerührt, dass wirklich jeder auf das Teil aufmerksam wurde und nach einigen Wochen war klar: Das hier kennt einspieltechnisch keine Grenzen und als es dann noch die 11 Oscars hagelte, war ein Mythos geboren, der am Ende weltweit fast 2 Milliarden US-Dollar einspielen sollte.

Man kann Herrn Cameron nur beglückwünschen, was er mit „Titanic“ auf die Beine gestellt hat. Von Anfang an wird nicht mit Schauwerten gegeizt, egal ob das nun die Tauchfahrt zum Wrack, das Ablegen vom Southamptoner Hafen oder Kamerafahrten über das prunkvolle „Schiff der Träume“ sind – für das Auge ist ständig was geboten und wie wichtig das ist, hat Cameron genau gewusst, denn die Liebesgeschichte vom kleinen Mann aus der dritten Klasse, der sich in eine verwöhnte Wohlstandstochter verliebt, reißt niemanden mehr ernsthaft vom Hocker.

Da ist es umso besser, das zahlreiche inhaltlich unwichtige Stellen durch die perfide Ausstattung trotzdem einen Sonderstatus erlangen, weil selten zuvor Hollywood-Kino so verschwenderisch und detailversessen inszeniert wurde. Vor den Augen des Zuschauer scheint die Titanic zum Leben erweckt worden zu sein, sodass man am Ende fast das Gefühl hat, man war selber auf dem Schiff. Herausragend dabei, dass man zu keinem Zeitpunkt merkt, dass da ein Modell oder Computereffekte im Spiel waren.

Man kann dem Film durchaus Kitsch vorwerfen, wenn DiCaprio auf der Reling thront und hinausschreit „Ich bin der König der Welt!“ oder er am Ende minutenlang im eiskalten Wasser herumstammelt (meiner Meinung nach die einzige Szene, die wirklich viel zu lang geraten ist), aber diese Sequenzen gingen ebenso in die Filmgeschichte ein wie der Untergang selber, der erst nach knapp 90 Minuten erfolgt und auf der Leinwand so spektakulär aussah, das allen Zuschauern die Spucke wegblieb.

Leise Kritik soll am damaligen Lebensstil der adeligen Gesellschaft und der „Neureichen“ laut werden, welche die Arbeiterklasse nur als unterprivilegierten Dreck sehen, doch in all den Schauwerten, die der Film aufbietet, geht so etwas natürlich gnadenlos unter und wirkt auch deutlich unausgereift. „Titanic“ soll nicht mehr sein als eine tragische Liebesgeschichte, deren Ausgang man ja geschichtshistorisch bereits kennt, was James Cameron bei all der inhaltlichen Plattheit so genial inszeniert hat, dass eine Hollywoodlegende geboren wurde, an der keiner vorbeikam, weil die Vermarktung vom T-Shirt bis hin zum wochenlang auf Platz eins der Charts stehenden Titelsong einfach zu ausgereift war.

Überraschend schnell sank der Stern der beiden Hauptdarsteller, die hier ein Millionenpublikum verzückten, nur um im Anschluss an ihren Megaerfolg unterzutauchen. Kate Winslett agierte bevorzugt in künstlerisch wertvollen Nischenfilmen, die von Kritikern überwiegend positiv aufgenommen wurden, aber meistens nur den Weg ins Programmkino fanden. Später hatte sie eine beachtlichen Erfolg als Sängerin, mittlerweile ist es wieder leise um sie geworden. DiCaprio hatte sein Geld im Anschluss ebenfalls verdient und legte sich auf die faule Haut, nach „The Beach“, „Gangs of New York“ und „Catch me if you can“ ist er allerdings wieder dick im Geschäft.

Egal, ob man ihn als „Weiberfilm“ beschimpft oder nicht, jeder muss zugeben, dass „Titanic“ ein Film ist, der bei aller Klischeehaftigkeit und den vielen kitschigen Szenen ein kongenial ausgestatteter Katastrophenfilm ist, bei dem die drei Stunden auch bei mehrmaligem Sehen wie im Flug vergehen. Schon jetzt eine Legende, die den Film an sich weder neu erfunden noch weitergebracht hat, aber bei dem die Rechnung voll und ganz aufging. Es gibt nicht viele Streifen, die eine größere visuelle Kraft ausstrahlen als „Titanic“.

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