Review
von Con Trai
Zwischen Jugenddrama und Mysterykrimi schwankende dritte Episode der aktuellen Staffel der britischen ITV Reihe (Inspector) Lewis, die die Romane von Colin Dexter nunmehr seit langem bloß noch als Referenz und entfernte Inspiration für ihre Variante eines eher schwermütigen Ermittlungsvorganges nutzt. Diesmal bewegt man sich auch fort aus der sonstigen altehrwürdigen Architektur der weltberühmten Studentenstadt Oxford hinaus in die im Vergleich dazu trübe Mittel- bis Unterschicht der Gesellschaft, hat zwar noch weitab am Rande mit Kunst an sich und Kultur in vielerlei Ausdruck und auch den Höhergestellten der Gesellschaft zu tun, versteht sich hier allerdings als zugeknöpfte Tragödie mit mancherseits Facetten der Einsamkeit. Herbstlich kühl und nebelbehangen:
Bei ihrer Heimkehr von der Übernachtung bei reichen Arbeitgeber Tom Garland [ Gary Kemp ] und Frau Davina [ Katrine De Candole ] treffen die Adamses [ Ciarán McMenamin & Georgia Taylor ] auf die im Bett gefesselte Leiche ihrer 18jährigen Babysittern; das Kleinkind selber ist zum Glück unversehrt. Die eingeschaltete Polizei DI Lewis [ Kevin Whately ] und DS Hathaway [ Laurence Fox ] nehmen sich neben den beiden Ehepaaren, deren Alibi gegenseitig und aufgrund von niederen Motiven auch nicht komplett glaubhaft ist, vor allem das Umfeld der Ermordeten, die nur zufällig für den Job eingesprungen ist, auf. Als da wäre ihr Freund, dessen Vater samt getrennt lebender Frau, die Freundin und Auslöserin für den eingesprungenen Dienst und die alten Bekannten und Mitbewohner Silas [ Bronson Webb ] und Kyle [ Merveille Lukeba ]. Zudem hat die jung verschiedene Frau als Modell im ähnlichen Habitus, mit Stricken und Tauen, wie beim Auffinden am Tatort für die Künstlerin Marion Hammond [ Lucy Cohu ] und dies in für DI Lewis auch durchaus anstößigen Bildern posiert.
Schlägt die Serie im Kontrast zu haussendereigenen Produktionen wie dem bekannteren und diese Popularität sichtlich durch seine Leichtigkeit weiterhin forttreibenden Midsomer Murders a.k.a. Inspector Barnaby auch sonsthin erstaunlich ernste Töne an, so wird hier die allumfassende Schwere noch auf die Spitze und darüber hinaus getrieben. Selbst zwischen den ermittelnden Polizisten, die von Beginn an als Kontrast zueinander gesetzt und unterschiedlicher in ihrer Herkunft und Bildung und Art schon immer grundverschieden waren, fallen hier erneut die Unvereinbarkeit der Gegensätze und das Problem und auch das Glück dieser sich dann doch ergänzenden Differenzen auf. Im Grunde ist dies kein Paar, auch wenn ein zwischenzeitlich gefallenes "It's your other half" dies andeuten möchte, sondern zwei Einzelgänger, die sonst Niemanden und Nichts außer ihrer gezwungenen Zusammenarbeit, und dies mit auch mal verbal angreifenden Momenten haben.
Sowieso herrscht ein Ton der Verletzbarkeit und Aggression, der Einsamkeit und Ödnis hier vor, ein rauer Wind, der alle Parteien und alle Figuren einheitlich zu umfassen scheint. Die junge Ehe samt Kind zeigt nur selten ihr theoretisches Glück, weitere Beziehungen sind, wenn denn überhaupt nur noch außen hin und mehr Schein als Sein und ansonsten auch nur von kurzer Dauer. Die Vater - Sohn - Komponente ist wenigstens bemüht, aber weitgehend fruchtlos, während die Mutter zwar ab und zu mal anwesend, aber dies nur körperlich und die Belange ihrer ehemaligen Familie nur ein großes weißes Rauschen für sie ist. Im Grunde sind alle Leute hier geschiedene Leute. Die eigentlich häufigen Kontakte und die plumpe Erstaunlichkeit, dass hier wirklich Jeder Jeden kennt und Jeder mit Jedem über mehr oder weniger Ecken in Verbindung zueinander steht, kann nicht verdecken, dass hier auch Jedermann alleine für sich lebt. Und allein stirbt.
Als Whodunit funktioniert dies nur mittelprächtig, interessiert die Frage nach Tat und Motiv relativ wenig und wird dies auch nicht mit oberflächlichen Mitteln der Spannungserzeugung evoziert. Die Umstände sind noch rätselhaft und eigene Fragen und Gedanken erschaffend genug, die Charaktere ziemlich brütend in ihrer verschlossenen, depressiven Natur, aber diesbezüglich auch interessant in ihrem Umgang mit den gestellten Anforderungen des Lebens und dem Lösen dieser Problematik. Emotionale Ecken und Kanten, das Nasskalte des Wetters und die hier alles Andere als wohlfühlige, vielmehr abschreckend ausgekühlte, und unzugänglich verstockte Natur hält auch der TV Inszenierung in ihrer gemächlichen Weise stand.