Review

Wer ist dein Inneneinrichter?


„The Last Will and Testament of Rosalind Leigh“ - sperriger Titel, durchaus fast ebenso sperriger Film. Zumindest auf seine ganz eigene Art. Wir folgen einem Mann in seinen Dreissigern in sein Elternhaus, in dem gerade seine sehr gläubige, fast fanatische, aber ebenso einsame, engelanbetende Mutter gestorben ist. Doch als ob die vielen gruseligen Skulpturen, Gemälde und „Kunstwerke“ die das Engelshaus dich besiedeln nicht schon seltsam und gruselig genug wären, muss der Besucher im Laufe des Abends und Aufenthalts seinen Erinnerungen und eigenen Dämonen entgegentreten, untermalt von der beruhigenden (?) Erzählstimme der Verstorbenen, die ihn sehr vermisst hat...

„Rosalind Leigh“, wie ich ihn mal abgekürzt nennen will, ist ein Chiller der alten Schule. Der ganz alten. Natürlich mit ein paar neuen Techniken, Methoden, Themen und Kniffs, doch im Grunde ist es ein psychologisch variabel interpretierbarer Geisterhausspuk der minimalistischsten Sorte. Ein Mann, ein Schauspieler, ein Haus, gefühlt hunderte wirklich schauerliche Einrichtungsgegenstände. Das Setting ist wirklich mehr als top. Überall entdeckt man etwas Gruseliges. Wenn man denn will. Außerdem spielt Aaron Poole seinen Part okay, die Laufzeit ist knackig (anders als das extrem gemächliche Tempo) und das Feeling ist sehr direkt, involvierend, fast etherisch und übersinnlich. Insoweit passt hier vieles - zumindest für geduldige Gucker und Sensibelchen. Man muss aber definitiv in der richtigen Stimmung sein. Tagsüber und mit halber Konzentration kann das nichts werden. Doch nachts allein im Dunkeln in einem verlassenen Haus wenn draußen der Wind heult - schon eher. Leider brachte die Auflösung für mich nichts, es gibt einen nicht immer effektiven, computergenerierten Dämon und insgesamt wird einfach nicht genug abgeliefert. Zumindest im Vordergrund. Der Hintergrund ist dank der Einrichtung und des Dekors wie gesagt fabelhaft. Doch der eigentlichen Geschichte mangelt es an Höhepunkten und echtem Schock, bleibender Wucht und guten Szenen. Fast mehr ein religiöses Familiendrama über Einsamkeit und innere Dämonen. Wer sich darauf einlassen mag und nicht das komplette Gegenteil erwartet, hat schon halb gewonnen. Zumindest wählt der Regisseur mal einen anderen Ansatz als laute Buhs oder brutale Pfuis. Das rechne ich ihm hoch an und kann diesen altmodischen, staubigen Grusler doch vielen ans Herz legen. Oder zumindest ein paar, die ihn zu schätzen wissen. Selbst wenn ich persönlich eher gespalten war zwischen Staunen und Gähnen. 

Fazit: oldschool oder lahm? Schaurig oder trocken? Involvierend oder verloren? Subtil oder öde? Intelligent oder blöd? Ich tendiere bei „Rosalind Leigh“ bei genug dieser Punkte zum Positiven. Anders und ruhig, eine klassische Gänsehaut kam schnell auf und ein solches Anti-Mainstream-Teil ziehe ich vielen aktuellen Jumpscare- oder Torture Porn-Massaker vor. Selbst wenn Schweigen, Stille und Minimalismus natürlich nicht immer Gold sind. Für Traditionalisten. Oder Gourmets. Oder Langweiler. Wie auch immer. 

P.S.: Unbedingt im O-Ton mit Vanessa Redgrave als Erzählerin gucken! 

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