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Weiteres aktuelles Standbein von ITV; die mittlerweile im Sechsten Jahr seit der Premiere angelangte, auch hierzulande ausgestrahlte Reihe um Inspector Lewis und seine Ermittlungen in den Tatsachen und Gerüchten des Verbrechens. Der Schauplatz bzw. Zentrum des Geschehens und so auch Namenszusatz ist dabei die nähere Umgebung der Grafschaft Oxfordshire mit entsprechenden gutsituierten Bewohnern. Entweder man hat es von der Herkunft im Leben besser gestellt, oder kann die Gabe und das Talent für Mehr, gerade in dem Intellektuellen und Spezifischen und Künstlerischen auferweisen. Schlechte Karten für die beiden Polizisten im Dienst, die sich nicht nur mit den Vorgesetzten und Kollegen, sondern öfters auch mit besonders verschlossenen und sich selber hartnäckig im Recht und Gesetz auskennenden Verdächtigen und noch zusätzlich ihren Klüngeleien nach oben in der Hirarchie zu tun haben:

Der nach Selbstmord aussehende Tod der noch jungen, ganz für ihren Beruf aufgehenden Literaturprofessorin Miranda Thornton [ Julie Cox ] wirft vor allem die eigentlich unbeteiligten, aber durch ihre Ermittlungen hineingezogenen DI Robert Lewis [ Kevin Whately ] und Gerichtsmedizinerin Dr. Laura Hobson [ Clare Holman ] aus der Bahn. Gerade Lewis sucht nach dem Ausscheiden aus dem Leben der durchaus attraktiven, allerdings stark zurückgezogenen und für sich allein bleibenden Frau nach Anhaltspunkte für einen Mord, und findet diese in einem erst kürzlich anonym im Internet geposteten Video, der die öffentliche Feministin Thornton während ihrer ganz privaten Vorstellung in der "Heart & Soul" - Verkuppling zeigt. Zudem triumphiert nun ihr Erzfeind, der Bauherr David Connelly [ Toby Stephens ] über die jetzige Möglichkeit der Erschliessung eines von ihr vehement verteidigten Landes, und auch der ehemalige Student Sebastian Dromgoole [ Freddie Fox ] sowie Journalist Francis Mitchell [ Alex Hanson ] weist keinerlei Trauerregungen auf. Während DI Lewis noch am Grübeln ist, wirft sich DS James Hathaway [ Laurence Fox ] in die Waagschale.

Dabei ist die Serie quasi Pendant und Ergänzung zugleich zum umso populären Inspector Barnaby, welches auf demselben Sender, durchaus in Überschneidung, nicht gänzlicher Überlappung der Klientel ausgestrahlt wird. Erneut ein Zwei-Mann-Team, der Ältere mit dem Wissen der Erfahrung und der nötigen Ruhe weg, und der Jüngere als Aufstreber aus der Zweiten Reihe, der sich hier im Grunde gar besser, da fortgeschrittener und mit der Zeit mitgegangen in der Gesellschaft behaupten kann. Sowieso herrscht in der Paarung die theoretisch übliche Routine aus Profi mit vielen Lehrdekaden und dem Neuling und seinen unkonventionellen Ideen vor, ist hier allerdings trotzdem ein Ungleichgewicht zu vermelden. Denn Lewis selber, der zuvor ebenfalls als Assistent von Inspector Morse ( Reguläre Ausstrahlung von 1987–1993, plus fünf Specials von 1995–2000) begonnen hat, ist mittlerweile eher aus Raum und Zeit erwachsen. Anders als gewohnt stellt er die Fragen, die sein Sergeant längst für sich beantwortet hat. Wo er noch plant und überlegt, wird von seinem Protege bereits und dies auch mit meist gefühlt sicherer Hand und Gedanken gehandelt.

Der Adjutant in spe hier nicht als Befehlshaber, sondern eher Opposition und gleichzeitig auch heimliche Regierung selber; darstellerisch auch wesentlich prägnanter besetzt und gespielt, nicht so verschlafen, behäbig, und ungläubig und unwissend nuschelnd in die statische Kamera hinein porträtiert. Britisches Understatement und Entertainment in eher gesetzter Lage findet Drumherum allerdings auch reichlich statt, ist das Geschehen hier trotz einer frühzeitigen Razzia und Blockade eines Drogenflüchtlings, die auch nichts mit dem Rest der sonstigen Erzählung zu tun hat, wie erwartet dialoglastig und nur punktuell von treibendem Trieb. Interessant im Detail wird es mit dem Zusammenhang einer eigentlich verschworenen Vergangenheit und der Veränderung im Hier und Heute zwanzig Jahre später, sowie dem addierenden Reiz der kontextuellen Aufarbeitung zu Shakespeares Drama "Troilus and Cressida". Scheinbar ewige Liebe und Treue, die Variation und die Mutation dessen, wird nicht nur im Episodentitel ausführlich zitiert – "Is this the generation of love ? hot blood, hot thoughts, and hot deeds ? why, they are vipers ; is love a generation of vipers?" – , sondern findet auch seine Entsprechung in den hiesigen verworrenen Verhältnissen, und extra noch in den Empfindungen der damit beruflich konfrontierten Gesetzeshütern. Die Anbindung des Vergangenen und Ehrwürdigen in die Gegenwart gelingt dabei auch wesentlich besser als der Versuch der Einbeziehung neumodischen Schnickschnacks (hate crime, Internet Dating, eine Art virtuelles Bulletin Board etc. p.p.).

Szenisch und inszenatorisch ist das erwartbar solide, sicherlich ein wenig blässlich, aber getreu der Herkunft und der Zielgruppe umgesetzt, mitsamt wohlgeformter, eher kleinstädtisch wirkenden Architektur und des ungeachtet der Vielzahl an personellen Verbindungen auch angenehm übersichtlichen Assoziationen und ihren visuelle Formulierungen.

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