Ein weiteres Remake...fällt einem da zunächst ein. Im Gegenzug zu "Freitag der 13.", "Halloween" oder auch "Evil Dead" unterscheidet sich "Maniac" jedoch in einem wesentilchen Punkt:
Das Original ist hier mehr berüchtigt als berühmt und somit zielt Alexandre Aja auch auf eine ziemlich spezielle Zielgruppe. William Lustigs "Maniac" von 1980 ist bei weitem kein Klassiker seines Genres, wenn auch durchaus ein beachtliches Filmchen mit Schmuddelattitüde.
Die Schauspieler
Frodo tötet und skalpiert Frauen. Das ist doch mal was. Elijah Wood bewies Mut angesichts seiner Rolle, die zudem durch die technische Besonderheit der Ego-Perspektive verkompliziert wurde. Das Gesicht Woods mit seiner Bubenhaftigkeit war ein schlauer Schachzug Ajas, verdeutlicht er so vielmehr den Aspekt der Figurenpsychologie und lässt die herben Splatterszenen als Kontrast und notwendiges Stilmittel erscheinen. Wood meistert die ungewöhnliche Aufgabe, die schauspielerisch nun auch nicht allzuviel von ihm fordert, mit Bravour.
Die vorkommende Damenwelt spielt die Opferrolle und ist daher auch nicht weiter hervorzuheben. Das gilt natürlich nicht für die Figur der Anna. Nora Arnezeder ist hübsch anzusehen und spielt auf angemessenem Niveau, hat aber letztlich nicht genug Raum, um ihre Figur zu sehr zu vertiefen. Ein wirklicher Antagonist ist auch für die dramatische Ausgestaltung nicht notwendig, findet der Kampf doch innerhalb der Figur Franks statt.
Kamera
Den Film aus der Ego-Perspektive des psychopathischen Mörders zu filmen, war ein kluger Schachzug. Ansonsten wäre die Darstellung eines zerrissenen Charakters, der ein Kindheitstrauma und Mutterkomplex der schlimmsten Sorte hat, zu uninteressant geworden. Durch die Ego-Perspektive wird gewissermaßen versucht, die von Hitchcock bereits 1960 in "Psycho" eingesetzte Identifikation mit dem Antihelden auf ein Maximum zu heben. Leider ist der Film in einigen Sequenzen letztlich inkonsequent und verlässt diese Perspekitve, ohne dies durch Spiegelung oder Ähnliches zu erklären.
Atmosphäre
Der Film ist nur leidlich spannend. Es wird meist mit dem Entsetzen und dem Schock der Zuschauer gespielt, was der grundsätzlichen Ausrichtung des Films geschuldet ist. Sehr überzogen und künstlich auf der einen, sehr realistisch und naturalistisch auf der anderen Seite verläuft die Inszenierung, die es schafft eine permanente Beklemmung zu installieren und einen durchgängig das Schlimmste Erwarten lässt. Die Musik ist dabei ein Obertreffer und der Synthesizersound untermalt und unterstützt die Atmosphäre maßgeblich. Zudem ergänzt der Soundtrack eine Melancholie, die dem Film den Schmuddelcharakter des Originals nimmt.
"Goodbye Horses" einzuspielen ist daher auch eine formal passende Verbeugung vor dem Genrekollegen "Das Schweigen der Lämmer", auch wenn "Maniac" natürlich nie dessen Qualität erreicht und ja auch gar nicht erreichen will.
Gewalt
In der ungeschnittenen Version ist das schon sehr, sehr hart, was der Regisseur Khalfoun und Produzent Aja uns hier zumuten. Vom Franzosen bin ich dies allerdings gewohnt. Ich habe auch die geschnittene Version ab 18 gesehen und muss sagen, dass ich diese nicht verteufel. Der Film funktioniert in den weitesten Teilen auch ohne die ganz heftigen Szenen oder wirkt dadurch beinahe etwas ernster. Dies ist beim ersten Mord der Fall. Die Härte der ungeschnittenen Version gibt, trotz der realitätsnahen Darstellung, einen überzogenen und comichaften Ton an, auf den man sich dann einstellt und den Film wohl anders wahrnimmt, als man es bei der geschnittenen Version tut.
Zumindest der erste Mord gefällt mir also in der kürzeren Version besser, da er eine effektivere Wirkung beim Zuschauer erzielt.
Die späteren Morde verlieren jedoch etwas an Schockwirkung und Ekel und machen es in der geschnittenen Fassung dem Zuschauer teils zu leicht. Der am lebenden Opfer durchgeführte Akt des Skalpierens ist in der gekürzten Fassung gerade noch zu ertragen. Ungekürzt schon nicht mehr. Und da es dem Film darum geht, den Zuschauer an und über Grenzen zu führen, ist hier wohl insgesamt die ungekürzte Version zu empfehlen.
Der Film ist aber auch in der anderen Version durchaus sehenswert.
Fazit
"Maniac" ist ausnahmsweise ein gelungenes Remake, dass seine Existenzberechtigung durch eine kluge Inszenierung, einen überzeugenden Hauptdarsteller und die notwendige Selbstständigkeit verdient. Man hat von vornherein darauf verzichtet, den Schmuddelcharakter einzubinden und konzentriert sich auf die Figurenpsyche von Frank. Der Plot ist insgesamt natürlich hier und da recht schlicht, die Psychologisierung etwas dünn und dann und wann bricht der Film sein Muster und erscheint vielleicht ein wenig inkonsequent. Dennoch ist "Maniac" überdurchschnittliche Genreunterhaltung, die den Zuschauer fordert und einen bleibenden und eigenständigen Eindruck hinterlässt.