Review

Die mit Fleisch überzogenen Actionfiguren sind zurück. Nicht nur der Spieltrieb US-amerikanischer Kinder wird vom Franchise „G.I. Joe" seit Jahrzehnten bedient, auch nicht ganz erwachsen gewordene Erwachsene dürfen sich seit 2009 an den Actioneinlagen der erfundenen Elitetruppe der „Joes", zu Deutsch übrigens „(die)Johannes(e)", erfreuen. Und wie einst in den Kinderzimmern wird auch auf der Leinwand so unbekümmert drauflosgeballert, dass sich die inzwischen Bart gestoppelten Mundwinkel der Ex-Kleinen vom Glück verzückt schnell nach oben schieben. Ja kann und darf es denn sein, dass sich volljährige mündige Menschen an einer Story ergötzen, in der „Storm Shadow", „Lady Jayne", „Snake Eyes" gegen Typen namens „Cobra Commander", „Firefly" und deren Bimmelbammelbande im Schlafanzug antreten, um den globalen Atomkrieg zu verhindern? Klar geht das. Wir leben in einer Demokratie und da darf man auch mal Arbeit Arbeit sein lassen und ein bisschen juvenil herumblödeln. Aber Vorsicht: Wer keine Gummibärchen mag, weil da Fleisch drin ist oder gegen seine schwere Grippeerkrankung Globuli einwirft, der vermisst womöglich auch, intellektuell leicht überspannt, bei einer Spielzeugfigurenverfilmung geistigen Anspruch. In diesem (unheilbaren) Fall bitte einfach nicht weiterlesen.

Nachdem die überwiegend dem letzten Armani-Katalog entsprungenen Joes eingangs ein paar nordkoreanische Spitzbuben hier und Turban umhüllte Blindgänger dort quasi im Vorbeigehen platt gemacht haben, ist Schluss mit dem Spaziergang durch die Rogue States, denn zuhause hat ein gemeiner Typ den US-Präsidenten (Jonathan Pryce) gekidnappt und hält ihn in einem Keller gefangen. Das allein wäre schon ziemlich fies, aber damit nicht genug. Der Entführer sieht mittels „Nanotechnologie" genauso aus wie der ja derzeit im Untergeschoss gefesselte Staatschef. Nur wenn man fest auf die Visage drückt, sieht der Doppelgänger-Präsident im Gesicht für ein paar Sekunden aus wie eine Echse. Hinter der ganzen Sache steckt der böse „Cobra Commander", der außer seinem intelligenten Namen noch mehr zu bieten hat. Er bewerkstelligt es nämlich, die Joes durch seinen Marionetten-Präsidenten öffentlich zu diffamieren und sie als Staatsfeinde verfolgen zu lassen, was nach einem Luftangriff in der Wüste zum Exodus fast aller Unterhosen-Models in Uniform führt. Nur der Hüne Roadblock (Dwayne Johnson) und drei weitere Mitstreiter haben das Attentat durch einen Hechtsprung in einen Brunnen überlebt. Darunter die schöne Lady Jaye (Adrianne Palicki). Klar, dass keine Zeit vertan wird, um augenblicklich und im Alleingang die Machenschaften Cobras aufzudecken und die Welt vor dem nuklearen Feuer zu retten, das die Spitzbuben doch so gerne anzündeln würden. Hilfe erhalten sie dabei vom bereits pensionierten Joe Joe (!) Colton (Bruce Willis), dessen Durchschnitts-Einfamilienhaus glücklicherweise über mehr versteckte Waffenschränke verfügt als die gesamte Bundesrepublik. Von den schneebedeckten Gipfeln des Himalaya bis zum geschichtsträchtigen Fort Sumter, an dem der erste Schuss des Amerikanischen Bürgerkriegs abgegeben wurde, wird nun geballert, was die Knarren hergeben. Solange, bis die Erde gerettet ist. Naja, bis auf London. Das wird durch einen Warnschuss Cobras zu ein bisschen Gebrösel verkohlt, so dass die Themse bis in den Himmel spritzt. Kann man verschmerzen. Außer als Londoner.

Auch Teil 2 des liebevollen Schwachsinns liefert wieder das, was man sich an farbenfrohem Drunter und Drüber erwartet: schöne Menschen, Action, bereits schon lächerlich überzogene Stunts und ein hanebüchen wirres Drehbuch. Wie schon im überdrehten ersten Part („G.I. Joe - Geheimauftrag Cobra", 2009) gibt es eigentlich gar keine wirkliche Geschichte, der es sich aufmerksam folgen lohnte, denn die Story fährt ohne formulierbares System schlicht mit Höchstgeschwindigkeit durch einen Orkan an Actioneinlagen. Warum „Storm Shadow" nach seinem Tod im Teil zuvor noch lebt, ist ebenso müßig zum Überdenken wie die Installation seiner Cousine im Plot, die doch zu seiner nicht nachvollziehbaren Wandlung vom Saulus zum Paulus überhaupt nichts beiträgt und eigentlich nur dumm rumsteht. Da weiß man als Spielzeuglaie bald nicht mehr genau, wer da eigentlich gegen wen und warum kämpft. Ist aber schlussendlich auch egal, denn Laune macht dieser immer noch recht leichtfüßige Murks trotzdem. Wenn Buddy den Lukas auf den Kopf haut und Myriaden an Statisten in irgendwelchen Taucheranzügen einander in Neonfarben getunkt die Birne weichprügeln, dann lehnt man sich zurück und genießt, denn das Ganze ist ob des beinahe expressionistischen Bilderrauschs so blöd wie unterhaltsam. Selbst die Sprüche sitzen. Meistens zumindest. Zu guter Letzt wird, und das macht den Unterschied zur Genrekonkurrenz aus, alles im Film mit einem wohlmeinenden Augenzwinkern kredenzt. Wie schon im Vorgänger nimmt sich die Geschichte nicht ernst, sondern gibt jederzeit zu verstehen, dass man einfach nur gut gelaunt draufhauen und selbst mit pathetischer US-amerikanischer Soldatenromantik keinem an den Karren fahren möchte. Kein Realitätsbezug. Keine Zeigefinger wedelnden politischen Ambitionen. Da wird zwar wieder so mancher Invalide im intellektuellen Schützengraben das Maschinengewehr lafettieren und den Film für seinen unpazifistischen Grundton und seine Militärästhetik verbal in Fetzen schießen, aber wozu eigentlich? Haben wir oft gehört. Ist angekommen. Interessiert nicht.
Die vier Joes, die aussehen, als könnten sie keinen Apfel vom Baum holen, retten mit ihrem Elmex-Lächeln und beiläufig aus den Taschen gezogenem, nobelpreisverdächtigem Superequipment die Welt. Nicht viel fragen, denn Planung ist erstens nach dem ersten Feindkontakt für den Ausguss, zweitens von keinem der Anwesenden verstanden und drittens gibt es doch an jeder Ecke quasi selbstoperierende Gadgets aus dem Kaugummiautomaten - also Waffen in Anschlag und Rohr frei. Juhu!

Man könnte jetzt noch darüber schwadronieren, dass die Bilder schick sind, der Score vortrefflich sitzt und die herrliche Over-the-Top Inszenierung das Zeug dazu hat, dem Jungen im Mann (oder vielleicht sogar dem ein oder anderen Mädchen in der Frau) einen Heidenspaß zu bereiten, wenn man sich fallen lässt und auf den Unsinn einlässt. Dass man es mit einer Hochglanzreihe zu tun hat, die den Grips hat, zuzugeben, dass sie keinen Grips hat, ist ein Qualitätsmerkmal, das den inzwischen unzählbaren Superhelden- und Comicverfilmungen meist schmerzhaft abgeht. Übrigens ohne, dass es dort Gegenstand von Kritik wäre. Einzig das völlig überflüssige 3D-Gewand tut den Augen weh. Da wird erst das traute Heimkino Abhilfe schaffen. Wer also ohnehin Genrefreund ist und den „Cobra Commander" mit seiner albernen Maske in Fliegenaugenform beim schon vom ersten Moment an gescheiterten Griff nach der Weltherrschaft anfeuern möchte, der kann hier bedenkenlos zugreifen. Zumal auch der in Genrekreisen gern gesehene, überaus charismatische Ray Stevenson als „Firefly" hier mit von der Partie ist. Dass „G.I. Joe - Die Abrechnung" nicht mehr vom Mumienregisseur Stephen Sommers, sondern vom unbekannteren Jon M. Chu ins Werk gesetzt wurde, der bisher allenfalls filmische Pickel wie „Justin Bieber 3D" oder „Step Up to the Streets" verbrochen hat, fällt ob der nicht vorhandenen inhaltlichen Seite, wie bei seinen bisherigen Filmen, nicht groß ins Gewicht.

Eine letzte Frage könnte man sich als kritischer Mensch doch noch ausbedingen: Warum haben die Bösewichte eigentlich offenbar immer einen Selbstzerstörungsknopf in ihre unbezwingbaren Weltzerstörungswaffen eingebaut?

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