„G.I. Joe“ spülte 2009 durchaus Geld in die Kassen, schrieb mit seinem exorbitanten Budget von 175 Millionen Dollar trotzdem rote Zahlen. Einer der Gründe, warum so einiges an der Fortsetzung geändert wurde, die außerdem noch einige Nachdrehs über sich ergehen lassen musste und deshalb verschoben wurde.
Gerüchten zufolge war vor allem Channing Tatums Rolle der Grund dafür: Mit „G.I. Joe“ und Co. war er nicht zum Kassenmagneten geworden, kurz vorm geplanten „G.I. Joe 2“-Start hatte er dies „21 Jump Street“, „The Vow“ und „Magic Mike“ geschafft. Also sieht man Captain Duke Hauser (Channing Tatum) noch zu Beginn des Films mit seinem Kumpel Roadblack (Dwayne ‘The Rock‘ Johnson) daheim herumalbern, kurz nach einer Mission der G.I. Joes so wie einem Intro, das kurz den Verbleib diverser Teammitglieder und Cobra-Terroristen erklären soll. Auf die Abwesenheit von Leuten wie Ripcord, Baroness, Scarlett und Heavy Duty wird gar nicht oder am Rande eingegangen, auch der in „G.I. Joe“ noch als potentieller Sequelschurke aufgebaute Doctor wird gar nicht erwähnt – vermutlich weil Joseph Gordon-Levitt gerade gut mit Hauptrollen in prestigeträchtigeren Filmen wie „Inception“ und „Looper“ beschäftigt ist und gerade mit „Don Jon“ sein Regiedebüt vorlegte.
Zusammen mit Lady Jaye (Adrienne Palicki), Flint (D.J. Cotrona) und dem Rest der G.I. Joes brechen Duke und Roadblock auf , um Atomwaffen aus der Hand von Terroristen zurückzuerobern, doch sie ahnen sie nicht, dass der amerikanische Präsident (Jonathan Pryce) durch den Cobra-Agenten Zartan (Arnold Vosloo) ersetzt wurde, der durch Nanobot-Technologie dessen Aussehen annahm. Zartan schiebt den Joes Landesverrat in die Schuhe, ernennt Cobra-Truppen zur neuen Eliteeinheit Amerikas und lässt das Team durch einen Hubschrauberangriff fast vollständig auslöschen. Man hatte gemunkelt, dass Tatums Figur hier sterben würde und man seine Rolle wegen des Star-Status bei den Nachdrehs ausbaue – letzteres mag passiert sein, doch Duke erwischt es tatsächlich. Die (wahrscheinlichen) Zusatzszenen kommen dem Film sogar zugute, geben sie Roadblock doch ein Mindestmaß an Charakterisierung, wo hier doch fast jede Figur nur als guter oder böser Krieger ohne Privatleben definiert ist.
Die überlebenden Joes diese fassen einen Entschluss: Die Hintermänner aufzuspüren, die Verschwörung aufzudecken und die Verantwortlichen zu töten. Verbündete sind jedoch rar, Snake Eyes (Ray Park) ist untergetaucht und die Auslöschung der G.I. Joes ist nur der erste Schritt in einem perfiden Plan Cobras...
Sieht man von dem holprigen Übergang einmal ab, beginnt „G.I. Joe 2“ gar nicht mal schlecht. Der als 3D-Experte bekannte Jon Chu sorgt hier für plastische, gut aussehende Bilder, die den Film vielleicht nicht weiter bringen, aber durchaus schick anzuschauen sind. Man muss sich freilich damit abfinden, dass der Film flach ist, wesentlich patriotischer als der Vorgänger daherkommt, in dem die Joes noch als globale Truppe und nicht als reine US-Einheit da standen, und es mit den Charakterisierungen nicht weit her ist. Vor allen in der zweiten Film Filmhälfte sind einige Versuche von Tiefgang, etwa wenn es einen Moment von Nähe zwischen Jaye und Flint gibt oder das Verhältnis von General Joe Colton (Bruce Willis) zu Lady Jaye angerissen wird (wobei sich jeder Depp die achso überraschende Enthüllung am Ende denken kann), recht holprig, bemüht, ja fast schon unfreiwillig komisch.
Doch zurück zum Auftakt: „G.I. Joe 2“ bietet gerade in der Anfangsphase dynamisch inszenierte Action, die sich weitaus weniger auf CGI verlässt und besser getrickst ist als der Vorgänger. Egal ob Atomwaffenwiederbeschaffung in einer Fabrik, Helikopterangriff auf die Joes und der Überfall auf ein Gefängnis: Hier ist mitreißender, leinwandfüllender Krawall angesagt, stark inszeniert und nur da mit dem Computer getrickst, wo nötig. Später wird es auch hier durchwachsener: Wenn Snake Eyes Storm Shadow (Byun-hung Lee) in seiner Festung in Bergnesien oder wo auch immer aufspürt, dann gibt es innerhalb des Gebäudes brachiale, wunderbar choreographierte Nahkämpfe, drumherum over-the-top-Kämpfe an den Steilwänden des Gebirges, die leider jegliche physikalische Glaubwürdigkeit fahren lassen, Schauwerte bieten, aber zu unrealistisch sind. Der Showdown hingegen ist inszenatorisch besser, schaltet aber nie auf Vollgas, zerfällt in lauter Einzelgefechte und vernachlässigt einige Helden, vor allem Snake Eyes, extrem, weshalb das Finale gemischte Gefühle hervorruft.
Die zweite Hälfte ist sowieso das Problem des Films: Nach einem recht flott durchgezogenen Beginn zersplittert der Film in lauter Handlungsfäden, denen man die Bemühungen anmerkt, bestimmte Dinge noch im Film unterzubringen, beispielsweise die Integration des Bruce-Willis-Charakters. ES häufen sich jedoch die Faux Pas: Wenn Snake Eyes auftaucht, dass muss ein blinder Meister (RZA) kurz irgendwelche Monologe einsalbadern, die z.B. erklären, dass Jinx (Elodie Yung) Storm Shadows Cousine ist und zehn Meter gegen den Wind nach billigem Drehbuchtrick stinken. Ganz besonders peinlich wird dies in einer Szene, in der jemand erst aufwändig zum Meister gebracht wird und dann mittels einer kurzen Erklärung kurzfristig zum Verbündeten der Joes umgedreht wird.
Die Pläne Cobras sind einfach (Weltherrschaft, was sonst?), wobei der Film ähnlich wie der Vorgänger mit seinem Konzept des Krieges ohne Opfer verärgert: Wo man bei Bay, Emmerich und Co. zumindest kurz die tödlichen Folgen von massiver Zerstörung sieht, da ist hier sauberes Massensterben angesagt – allenfalls beim Massaker an den Joes sind man Sekundenbruchteile von Heldentoden und nachher ein paar adrett platzierte Leichen in der Wüste. Für die Umlauffetischisten im amerikanischen Publikum steht an den Toren eines deutschen Gefängnisses aus HÄLT anstelle des korrekten HALT, Ironie sucht man hier, abgesehen von einer Szene mit Duke und Roadblack beim Ballerspielezocken, vergeblich. Und das ist schade, dann Potential hat der Film, das immer wieder zu sehen ist, vor allem bei der illustren Fieslingsriege, die aber nur teilweise von der Leine gelassen wird.
Doch in solchen Momenten zeigt sich das volle Potential des Films: Ray Stevenson als Schurke Firefly ist ein Ausbund an Charisma, Jonathan Pryce geht als Doppelgänger-Präsident in seiner Rolle auf und Byung-hun Lee als böser Nahkampfexperte geht auch in Ordnung, kaum Eindruck dagegen schindet Luke Bracey als Stimme des Cobra Commander. Absolut fantastisch ist auch die Rolle von „The Shield“- und „Justified“-Star Walton Goggins als Gefängnisdirektor, während unter den Helden vor allem Dwayne ‘The Rock‘ Johnson für sich einzunehmen weiß. Adrianne Palicki und Elodie Yung schlagen sich okay als Östrogen-Zusatz zum Testosteron-Gebräu, mehr aber auch nicht, D.J. Cotrona hat zwar nominell eine Hauptrolle, bleibt aber so blass wie der dritte Statist von links, während Channing Tatums ironische Nebenrolle den Film etwas aufwertet. Und dann ist da noch Bruce Willis, der derzeit anscheinend nur noch Elan beim Rumhängen mit den Jungs („The Expendables“-Franchise) oder in ambitionierteren Projekten („Moonrise Kingdom“, „Looper“) zeigt, hier dagegen auf Autopilot für den Gehaltsscheck spielt und der Franchise im Gegenzug seinen zugkräftigen Namen bei verhältnismäßig wenig Screentime leiht.
Die Action von „G.I. Joe 2“ ist gar nicht mal schlecht und vor allem in der ersten Hälfte erweist sich der Film als flaches, aber druckvolles Krach-Bumm-Spektakel für kleine Jungs und das Kind im Manne. In Hälfte zwei raubt allerdings ein faseriges Drehbuch viel vom Spaß an einem Film, der einige Schwächen des Vorgängers ausbügelt, dafür an anderen Stellen bisher ungekannte Probleme hat. Als anspruchsloses Krawallkino durchaus nett, tiefgründige Figuren hatte man bei einer Verfilmung patriotisch-militaristischen Kinderspielzeugs eh nicht erwartet, aber auf den nächsten Glückstreffer wie bei „Transformers“ wartet man im Hause Hasbro immer noch.