Entfremdung, Misstrauen, und Niedertracht; Danny Pangs erneuter Alleingang auf dem Regiestuhl, unabhängig vom Wegbegleiter und Bruder Oxide Pang Shun, beschäftigt sich in vergleichsweise mündiger Manier mit der Gegenüberstellung von phantastischen Märchen und ihren Aussagen und Derivaten in der Erwachsenenwelt. Für Kinder geschriebene Geschichten in meist einfacher Handlung, mit der Magie von Ideenreichtum in Irrealität, dem Bösen als Faszination und der Lehre aus den Taten und den Folgen daraus. Illusionen, die hier erneut zum Leben, zum Tod und so gleichzeitig zum Dilemma erweckt werden:
Das Gesicht mit den Überresten von weißer Farbe bemalt, und den Mord an Cheung Fai [ Lam Suet ], den Vizepräsidenten einer Psychiatrischen Klinik gestehend, wird der mysteriöse Wu Zaijun [ Wang Baoqiang ] von dem derzeit amtsinhabenden Inspector Wong Wai-han [ Lau Ching-wan ] der Cheung Sha Wan Polizeistation nach Überprüfung der Fakten wieder freigelassen. Cheung Fai ist noch am Leben, und der bisher Tatverdächtige leidet eindeutig an der Diagnose Autismus. Ein schwerer Fehler der Einschätzung des Polizisten und seiner Mannen um 'Old Guy' [ Ken Lo ], findet doch kurz daraufhin tatsächlich der Mord statt und wird dieses karrierehindernde Ereignis auch schnell mit einer Fälschung von Beweisen manipuliert. Während sich weitere Taten mit deutlichen Anklängen an Märchen häufen, und das Ermittlerteam aufgrund interner Schuldzuweisungen und Gemauschel hinter den Kulissen sowie den drohenden Konsequenzen durch Commander Chen [ Felix Lok ] immer mehr zerbricht, ist vor allem auch das Leben von Inspector Wong selber, seine Ehe zu Wai [ Joey Man ] und die Beziehung zu dem ihm selber fremden, meist ignorierten oder als Störfaktor angesehenen, da auch autistischen Sohn aus den Bahnen geraten.
Während der Vorgängerarbeiten wie besonders Forest of Death (2007), weniger In Love with the Dead (2007) ebenfalls eine einzelne Grundidee aus dem Bereich Mythos, Verzauberung und Gegenwartskulter für den Plot über die Auseinandersetzung mit dem Übernatürlichen oder Surrealen besorgt wurde, stehen hier sogar die direkten Querverweise zu Geschichten der Gebrüder Grimm oder von Hans Christian Andersen an. So werden „Der Wolf und die sieben jungen Geißlein“ und „Die Roten Schuhe“ offen als Vorlage für die Umsetzung der Gedanken der Rache erwähnt, was aus den einstigen Versionen der Überlieferungen für Kinder hier grausige Nachwirkungen für die Erwachsenen und einen so umso deutlicheren Blick des Horrors hat. Sowieso arbeitet der Film in seiner Behandlung zwischen Thriller mit dramatischen Hintergrund auch offen mit den Mitteln des Horrorgenres, deutet die Taten und ihrer Auswirkungen auf den Körper eher weniger, aber auf den Geist und seine schreckliche Vorstellungskraft umso mehr an.
Stärken des Projektes liegen so vermehrt in der Aus- und Umgestaltung der uns bekannten alltäglichen Existenz; wird hier nicht nur die örtliche und zeitliche Gegebenheit von Hong Kong im Hier und Jetzt, sondern damit auch eine friedliche Gegenwart nahezu grundsätzlich negiert. Besonders Haupt- und alles andere als Identifikationsfigur Han gilt als unfreiwilliger und auch ungewollter Führer durch eine Phase der allgemeinen Missgunst und der auseinandergebrochenen und schief zusammengesetzten Realität.
Die Arbeitswelt der Gesetzeshüter ist umgeben vom Kampf um die Karriere, und dem Ausnutzen auch illegaler Aktivitäten sowie dem Verneinen bald jeglicher Kollegialität. Reporte werden gefälscht, Tatsachen verdreht oder verschwiegen und Sündenböcke für die eigenen Fehler ohne längeren Zögern an den Pranger gestellt. Auch daheim fernab vom beruflichen Stress herrscht stündlich Freudlosigkeit vor, ist man mit der Situation schlichtweg überfordert und auch widerstrebend gegenüber der eigenen Familie, unnahbar gegenüber der Frau und teilweise aggressiv gegenüber dem Sohn geprägt.
Eine vollständige Trübnis, die sich erst in einer schwarz-weiß Tonalität der Inszenierung und bald in wie auf der Leinwand explodierten Bildern entsetzlicher Malerei- und Architekturkunst offeriert. Psychedelisch imaginär auch die Dekoration von Behausung und Tatort zugleich, eine bizarre Theaterbühne, in der aus Gestrüpp und Stroh und Überbleibseln von Metall ein grotesker (Märchen)Wald, wenn auch fernab von dem in der Jugend vorgestellten satten Grün und der friedlichen Natur beseelt wird.
In der Narration ein wenig dünn und sich wie gewohnt auf die Idee selber und seine graphische Aufdeckung ausruhend, wird so zumindest ein indisponiert oder auch unpässlich wirkendes Gefühl der gleichzeitigen Ver- und Entzerrung erweckt. Darstellerisch verlässlich, nicht wirklich in der Täterhatz selber, aber durch die Ergänzung all der nebenher ablaufenden Ereignisse tatsächlich auch mal über die gesamte Laufzeit der 90min interessant, ist dieser erneute Ausflug (eines) der Pang - Brüder in die Welt instabiler Erzähllogik und auf Dauer transparenten Diktates gerade für lokale und personelle Verhältnisse von durchaus gehobener Qualität.