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Verlust, Trauer, Trauerbewältigung. Schwierige Themen, mit denen sich ein jeder mindestens einmal in seinem Leben befassen muss. Es sind diese schwierigen Themen, bei denen es des Fingerspitzengefühls von Filmschaffenden bedarf, um diese in angemessener Form auf die Leinwand zu bringen. Regisseur André Erkau ist dies mit der Adaption von Gernot Grickschs Roman Das Leben ist nichts für Feiglinge auf herausragende Art und Weise gelungen.

Markus Färber (Wotan Wilke Möhring) muss den völlig überraschenden Tod seiner Ehefrau verarbeiten. Während er versucht, das Leben wieder in halbwegs geordnete Bahnen zu bringen, zieht sich seine Tochter Kim (Helen Woigk) immer mehr zurück. Doch das Leben der nun unter starker Zerrissenheit und fortschreitender Entfremdung leidenden kleinen Familie muss mit einem weiteren Schicksalsschlag kämpfen. Großmutter Gerlinde (Christine Schorn) leidet unter Darmkrebs. Derweil verliebt sich Kim in den Rebellen Alex (Frederick Lau), mit dem sie schließlich in der Hoffnung, in ihm Stärke und Rückhalt zu finden, nach Dänemark durchbrennt. Gemeinsam mit seiner Mutter und ihrer Krankenpflegerin Paula (Rosalie Thomass) macht sich Markus auf die Suche nach seiner Tochter.

Hier wurde eine bereits sehr gute literarische Vorlage mit der filmischen Umsetzung noch getoppt. André Erkau behandelt seine Figuren mit dermaßen eindrucksvoller Feinfühligkeit, dass selbst trotz des eher düsteren Themas eine filmische Leichtigkeit entsteht, die ihresgleichen sucht. Melancholische Sequenzen, wundervoll in Szene gesetzt, wechseln sich mit tragikomischen Szenen ab, sodass nie der Eindruck entsteht, man müsse diesen Film zwangsläufig mit einer depressiven Grundstimmung beenden. Dies liegt nicht zuletzt am durchgehend passend besetzten Ensemble, aus dem Christine Schorn als sympathisch zynische Großmutter in der bewussten Phase des nahenden Todes heraussticht. Dass die überwiegend aus dem Off von Helen Woigk vorgetragenen Gedankengänge zum Leitthema dieses Filmes erfreulicherweise nicht durch einen zu hohen Moralingehalt überladen sind, mag ob des Themas überraschen, ist jedoch wiederum der empfehlenswerten literarischen Vorlage geschuldet. Filme solcher Qualität aus deutscher Produktion sucht man oftmals leider vergebens, Das Leben ist nichts für Feiglinge sollte daher auf jeden Fall zum Pflichtprogramm für Freunde des deutschen Kinos gehören.

Wenn die tollen Schlussminuten von Das Leben ist nichts für Feiglinge durch den Abspann abgelöst werden, kann jeder Zuschauer zufrieden auf 90 Minuten feinsten deutschen Kinos zurückblicken und die Moral mit sich nehmen: Ja, Das Leben ist nichts für Feiglinge, weglaufen lohnt sich nicht, sich seinen Problemen stellen und sie gemeinsam mit geliebten Menschen bewältigen ist der einzig richtige Weg. Es gibt Völker, bei denen auf Beerdigungen getanzt wird. Wäre dieser Film eine Beerdigung, er wäre zugleich ein einziger großer Tanz. Ein Tanz der Emotionen, von Trauer über Wut, Ernüchterung bis hin zu herzergreifender Freude und teilweise wieder im Wiegeschritt zurück.

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