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Die „Alien“-Franchise hatte seit 15 Jahren keinen offiziellen Eintrag mehr, lediglich eine Crossover mit dem „Predator“-Universum, als Ridley Scott mit „Prometheus“ ein Prequel nachschob.
Nach einer Eingangssequenz, in der sich ein außerirdisches Wesen (eine lebendige Variante des Space Jockey aus „Alien“) mittels mysteriöser Flüssigkeit in den Exitus treibt, blendet man über zur Sci-Fi-Zukunft des Films: Elisabeth Shaw (Noomi Rapace) sowie Boyfriend und Wissenschaftskollege Charlie Holloway (Logan Marshall-Green) finden in Höhlenmalereien Spuren zu einer außerirdischen Rasse, die sie als Engineers bezeichnen. Die Menschheit als Produkt eines Alien-Feldversuchs, da treffen sich Wissenschaft und Religion zum hübschen Streit, gerade in der Elisabeth-Figur, die stets zwischen rationalem Erklärungsbedarf und spiritueller Ergriffenheit schwankt.
Tatsächlich hat auch jemand Lust eine entsprechende Expedition zu finanzieren, denn der gealterte Konzernchef Peter Weyland (unter drei Tonnen Make-Up begraben: Guy Pearce) schickt eine Crew los, welche den Spuren folgen soll. Seine Tochter, Meredith Vickers (Charlize Theron), leitet das Ganze, Android David (Michael Fassbender) wacht über die Truppe im Kälteschlaf. Währenddessen kann er „Lawrence von Arabien“ schauen, Basketball spielen und sich die Haare blondieren, sich gleichzeitig noch nach den Grenzen des Menschseins fragen, wie Filme über Androiden (allen voran Scotts eigener „Blade Runner“) dies oft so an sich haben. Passt ja auch an sich ganz gut, wenn es schon um Schöpfung und die Entstehung neuen Lebens geht.

Am Ziel der Reise angekommen findet die Truppe tote Außerirdische und deren Bauwerke vor – und seltsame Substanzen, denen unheilvolle Kräfte innenwohnen. Diese werden bald entfesselt, nicht zuletzt deshalb, weil einige Expeditionsteilnehmer eigene Ziele verfolgen…
Irgendwo zwischen philosophischer Sci-Fi und generischem Monsterhorror will Scott sein ambitioniertes Prequel verorten, setzt sich aber doch nur in die Nesseln. Zur Hälfte ist „Prometheus“ „2001“ gewollt und nicht gekonnt, zu anderen Hälfte „Alien“ gewollt und nicht gekonnt. So bleiben die philosophischen Ansätze des Geschehens eben bloß solche: Fragen des „Wo kommen wir her und wo gehen wir hin“, teilweise explizit von den Figuren gestellt, werden im Film mit einem eingematschten Schädel beantwortet, im Finale zumindest als direkte Reaktion auf die Frage. Wozu die Engineers den Menschen geschaffen haben, darauf wird auch nicht eingegangen und die Idee, dass der Mensch von seinem Schöpfer für eine Montagskreatur gehalten wird, deren Gesamtauflage zugunsten eines Nachfolgemodells eingestampft werden soll, ist nun nicht gerade neu.
So wandelt sich der Film alsbald auch zum generischen Sci-Fi-Horrorthriller auf den Spuren des großen Vorbilds „Alien“, wobei Scott hier mit wesentlich mehr Budget und allerneuester Effektkunst loslegen darf. Was durchaus ein Vorteil ist, denn „Prometheus“ schaut tatsächlich super aus, hat dolle CGI-Kreationen zu bieten, egal ob glibberige Monster, gigantische Bauten oder riesige Raumschiffe. Optisch macht „Prometheus“ auf jeden Fall etwas her, doch inhaltlich kann die Chose da leider nicht mehr mithalten.

Schon an der Figurenkonstellation krankt Scotts Prequel: Wenn sich ausgerechnet der Quasifährtensucher des Teams verläuft und ausgebildete Biologen bei Anblick toter Aliens fast einnässen, kurze Zeit später aber einen sehr lebendigen Monsterwurm knuddeln wollen, dann zerschießt Scott bald jedwede innere Glaubwürdigkeit, denn für die vielleicht wichtigste Expedition der Menschheit (an deren Gelingen Weyland sehr persönliches Interesse hat), wird man kaum das C-Team losschicken. *SPOILER* Dass sich die Heldin am Ende einen Alien-Fötus in einer Not-OP mit einem für Männer bestimmten Gerät rausschneidet und danach einfach zugetackert wird, das kann man mit Sci-Fi-Technologie vielleicht noch rechtfertigten. Dass sie aber danach rumkraxelt als wäre nichts gewesen und das rausgeschnittene, seines Wirtskörpers beraubte Vieh, auf das noch mal kräftig mit Desinfektionsmittel draufgedampft wurde, zum Killeralien mutiert, das sich kaum vor einem regulären Xenomorph verstecken braucht, ist absolut haarsträubend. *SPOILER ENDE*
Auch inhaltlich heftet der Film löchrig bekannte Motive aus der „Alien“-Saga aneinander: Da gibt es natürlich wieder die eigennützigen Company-Interessen, die man bereits nach Weylands erstem Auftritt erahnt, die mal fahrlässigen (oder von der Drehbuch-Unlogik begünstigen), mal gewollten (auch nicht immer nachvollziehbaren) Schritte, die zur großen Katastrophe führen, wenn man unter dubiosen Umständen verschollene Expeditionsmitglieder, die eigentlich tot sein müssten, ohne Quarantäne wieder an Bord lassen will oder man zwecks Experiment ein Crew-Mitglied infiziert – ist ja nicht so, als ob man die bräuchte um von dem Planeten wegzukommen oder Forschungen durchzuführen, wenn man eh nur eine Handvoll von Leuten zur Verfügung hat.

Gleichzeitig bedient Scott die Blut-, Schleim- und Actionfraktion auch recht wenig, weshalb „Prometheus“ trotz einiger netter Creature-Szenen und einiger brauchbarer Schockeffekte auch als reiner Genrefilm kaum zu locken vermag. Was schade ist, denn interessante Ansätze, wie etwa die Rivalität zwischen Meredith, Weylands biologischer Tochter, und David, Weylands mechanischem „Sohn“, zeugen nicht nur von intelligenten Hintergrundgedanken, sondern sorgen auch für Spannungen innerhalb der Gruppe und (durch den schwieriger werdenden Überlebenskampf) damit auch für Spannung vor der Leinwand. Doch Derartiges findet sich selten in Scotts stellenweise extrem lahmarschigen Prequel, das auch erst nach gefühlten sechs Enden tatsächlich vorbei ist. Und dreisterweise direkt schon mal alle Zeichen auf Sequel setzt.
Da kann dann die Besetzung wenig retten. Noomi Rapace spult in ihrer ersten großen Hollywoodhauptrolle gerade einmal die Standardheldinnennummer runter und hat kaum etwas vom Salander-Charisma zu bieten, während Charlize Theron als weibliche Gegenfigur soweit glänzt wie ihr das Drehbuch es erlaubt. In einer Nebenrolle kann Idris Elba als Pilot seine wenigen Szenen an sich reißen, während Michael Fassbender als Android mit fast kindlichem Wissensdrang überzeugt. Daneben bleibt der Rest vom Fest blass und austauschbar, hat für reines Kanonenfutter zu viel Screentime und für ausgearbeitete Charaktere zu wenig.

Ridley Scott will hier Fragen beantworten, die sich nach „Alien“ niemand gestellt hat. Man merkt die Unterschiede dazwischen einen Mythos zu erweitern oder ihn tatsächlich zu bereichern – letzteres passiert in „Prometheus“ gar nicht. Man weiß, dass der Space Jockey in totes außerirdisches Wesen ist (was auch schon nach „Alien“ klar war) und dass er in einem Cockpit sitzt (was als Info keinerlei Mehrwert hat). Dass „Prometheus“ seine selbstgestellten Fragen nicht zu beantworten weiß, innere Logik vermissen lässt und auch als generischer Sci-Fi-Horror nur teilweise seine Momente hat, lässt den immerhin beeindruckend inszenierten Film dann aber letztendlich scheitern.

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