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Mit „das Fest“ schuf Regisseur Thomas Vinterberg einen der bekanntesten Beiträge des so genannten „Dogma“-Filmstils, welcher sich durch den Verzicht auf jegliche künstliche Filmeinflüsse (wie etwa F/X, Ausleuchtung oder gar vorbereitete Kamerafahrten) zugunsten eines rohen und realistischen Gefühls auszeichnet.
Mit „It´s all about Love“ präsentiert er nun seine erste internationale Produktion, die man nur als ein „anti-Dogma“-Werk bezeichnen kann, denn stilistisch gesehen stellt dieser Film das genaue Gegenteil dar … und trotzdem ist sich Vinterberg irgendwie treu geblieben – zwar nicht mehr von der äußeren Form her, jedoch bezüglich der Aussagen und Charakterinnenleben.

Der Film beschreibt die letzten sieben Tage im Leben des jungen Managers John (Joaquin Phoenix), der im heißen Sommer des Jahres 2021 nach New York kommt, um die Scheidungspapiere von seiner Frau Elena (Claire Danes), einer weltberühmten Eiskunstläuferin, unterschreiben zu lassen.
Es scheint jedoch, dass die Welt allmählich aus den Fugen gerät, nur dass keiner dies wirklich wahrhaben will: Bereits am Flughafen liegt vor John eine Leiche am Fuße der Rolltreppe, doch man rät ihm nur, er solle „einfach darüber hinwegsteigen“, schließlich würde das in letzter Zeit häufiger passieren – es wäre das Herz, sagt man, es würde aus Einsamkeit aufhören zu schlagen. Zudem häufen sich die Nachrichten über ungewöhnliche Phänomene in den Medien: Überall auf der Welt würde es kälter werden, Hungersnöte drohen, und in Uganda würde sogar die Schwerkraft zeitweise aussetzen…
Als John dann auf Elena trifft, bemerkt er sofort, dass etwas nicht stimmt: Sie wirkt erschöpft von ihrer Karriere und vermutet irgendeine Verschwörung im Kreise ihrer Familie und Manager – zudem trifft sie nachts auf dem Hotelflur einen genauen Doppelgänger von sich, der sie bedroht und zum Verschwinden auffordert. Trotz der Situation bittet sie John um Hilfe, und zusammen verstecken sie sich für eine Nacht in Brooklyn, wo sie wieder zueinander finden, während es draußen zu schneien beginnt (es ist Juli)…
Am nächsten Morgen wird Elena jedoch von ihren Leibwächtern gefunden und ins Hotel zurückgebracht, wo man John mit der Wahrheit konfrontiert: Es gibt insgesamt drei Doppelgänger (Mädchen, die man aus Osteuropa entführt, auf Drogen gesetzt und operativ verändert hat), die Elenas Rolle einnehmen sollen, da sie dem Druck des Sports nicht mehr stand hält – sie selbst dürfe dann aussteigen und mit John ein neues Leben beginnen, die Manager ihrerseits könnten so weiter Geld mit ihr verdienen. Als die drei „anderen Elenas“ jedoch ermordet werden, flüchtet John mit ihr in die Berge, doch das Klima wird zunehmend kälter…

Es gibt zudem noch eine wichtige Parallelhandlung, die die Stimmung des Films perfekt widerspiegelt: Johns Bruder Marciello (Sean Penn), der früher an Flugangst litt, hat sich einer Therapie dagegen unterzogen, jedoch eine Überdosis Gegenmittel bekommen, so dass er nun fliegen muss, um nicht wahnsinnig zu werden – so verbringt er seine Zeit in diversen Passangiermaschinen und schreibt an einem Bericht über die Veränderungen der Welt und der Menschen. Seine Aussagen rücken vieles in Perspektive, denn er hat noch Hoffnung für die Zukunft, während sich der Treibstoff seines Fliegers dem Ende neigt, da eine Landung wegen des Wetters nicht mehr möglich ist…

Vinterberg ist mit „It´s all about Love“ ein Film gelungen, der zum Nachdenken anregt und das Auge verwöhnt: Ihm gelingt es, eine wunderschöne poetische (fast märchenhafte) Bildersprache mit perfekt durchkomponierter Farbgestaltung zu finden, unterlegt mit einem hervorragenden und gefühlvollen Score. Die Darsteller, allen voran Joaquin Phoenix („8mm“/„Gladiator“), Claire Danes („Romeo & Juliet“/ „T-3“) und Sean Penn („21 Grams“/„Mystic River“), sind absolut großartig, Regie und Atmosphäre stimmig.

Wie in „the Day after Tomorrow“ bricht eine neue Eiszeit an, nur dass sie hier ein Metapher für das Innenleben der Menschen darstellt, welches von eiskaltem Geschäftssinn und Gefühlskälte bestimmt wird. Es gibt zwar einige Special Effects, doch hauptsächlich vermitteln unterkühlte Bilder und kurze Nachrichtensequenzen die Situation treffender. Zugegeben, es gibt leichte Logikschwächen, und über das Schlussbild des afrikanischen Dorfes ohne Schwerkraft lässt sich sicher auch streiten, doch es geht ja hauptsächlich um die Figuren und ihre Gefühle.

Vielleicht mag die Liebe von einzelnen Personen gegenüber der Gesamtheit der Masse die Welt nicht zu retten, doch Liebe bedeutet Leben – man hat sich nicht dem kalten System der Umwelt hingegeben oder ist daran zerbrochen, sondern hat sich gewehrt und somit wenigstens persönliche Hoffnung schöpfen können …
„it´s all about Love.“

= 8 von 10.

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