Graham Hess, der seine Frau vor einem halben Jahr auf tragische Weise bei einem Unfall verloren hat, lebt mit seinem Bruder Merrill und seinen beiden Kinder Morgan und Bo zurückgezogen auf einer Farm. Eines Tages entdecken sie rätselhafte Kornkreise im Mais, in der darauffolgenden Nacht erblickt Graham auf dem Dach eine seltsame Gestalt. Während die Beunruhigung der Familie immer mehr ansteigt, ereignen sich weltweit ähnliche Vorfälle...
Ich bin wahrlich kein großer Science-fiction-Fan, und ein großer Teil der Leserschaft wird mich wahrscheinlich windelweich prügeln wollen, wenn ich jetzt gestehe, daß ich bis zum Zeitpunkt dieser Kritik keinen einzigen der populären „Star Trek“-Filme, geschweige denn die hochgelobten „Star Wars“-Werke aus der George-Lucas-Schmiede gesehen habe. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber mich interessieren die Thematiken einfach nicht.
„Signs - Zeichen“ ist ebenfalls eine Science-fiction-Geschichte, die sich vom Inhalt her höchstens geringfügig von anderen Genrevertretern unterscheidet: Außerirdische landen mit ihren Raumschiffen auf der Erde, um den Planeten zu erobern. Das klingt nicht sonderlich originell, das klingt schon gar nicht in irgendeiner Form neuartig, weshalb ich eigentlich der Letzte wäre, der sich diesen Film zu Gemüte führen würde. Doch die Betonung liegt auf dem Wörtchen „eigentlich“, denn Regisseur von „Signs“ ist ein gewisser Night Shyamalan. Der Mann mit dem schwer aussprechbaren und kaum zu merkenden Namen hat 1999 mit „The Sixth Sense“ einen Überraschungscoup gelandet und die Herzen der Kritiker im Sturm erobert - auch ich konnte mich der Faszination seines übersinnlichen Dramas nicht entziehen. Ähnliches gilt für den ein Jahr später abgedrehten „Unbreakable“.
Markenzeichen seiner ersten beiden Filme waren die betuliche, zugleich immens fesselnde Erzählweise, eine starke, unheilschwangere Atmosphäre und das Ende mit Knalleffekt (wobei der Schlußclou in „Unbreakable“ sichtbar schwächer ausgefallen ist). Mit dementsprechend hohen Erwartungen ging ich dann auch an „Signs“ heran, in der großen Hoffnung, der sympathische Inder Shyamalan könne dem Science-fiction-Thema neue Aspekte abgewinnen. Und ich wurde nicht enttäuscht. Dem Zuschauer wird eine erfrischend andere Story dargeboten, ohne jegliche Action, ohne krachende Effekte. Sogar das Aussehen der Aliens wird uns lange Zeit vorenthalten, ehe wenigstens noch eins im Finale in all seiner Pracht präsentiert wird, aber auch dann zumeist nur als Reflektion im Fernseher.
Im Vergleich zu Shyamalans anderen Filmen geht es etwas temporeicher zu, bereits die imposante Vorspannsmusik und anschließende Anfangssequenz führt den Zuschauer unmittelbar ins Geschehen hinein. Innerhalb von zwei Minuten sind alle wesentlichen Charaktere vorgestellt, und der erste rätselhafte Vorfall ist passiert: Im Mais der Farmerfamilie befinden sich mysteriöse Kornkreise. Auch in den folgenden Minuten geht es unheimlich zu; der Hund spielt verrückt und läuft in eine Heugabel, in der Nacht darauf erscheint eine schemenhafte Gestalt auf dem Dach. Schon die erste Viertelstunde nahm mich gefangen und ließ mich bis zum Schluß nicht mehr los. Sogar gelegentliche Ausflüge in Richtung Humor werden unternommen, das ist etwas, was man von Shyamalan so gar nicht gewohnt ist. Einzelne Dialoge sind wirklich kleine Schmunzler und lockern recht ernste Passagen auf.
Stichwort: Schocks. Nein, auch die fehlen hier keinesfalls, werden sogar recht zahlreich eingesetzt und sind nicht von schlechten Eltern. Meisterhaft die wirklich beunruhigende Aufnahme vom Kindergeburtstag, bei dem man genau weiß, daß ein Schreckeffekt kommen wird - und dann geschieht er, und man zuckt dennoch zusammen, zumal die Musik paukenschlagartig und laut ertönt.
Wie in den vorangegangenen Shyamalan-Werken ist es bei „Signs“ ebenfalls wichtig, immer aufmerksam zu sein, denn jeder auch noch so unwichtig erscheinende Moment ist von Bedeutung, kein Satz ist überflüssig, sondern kann im Finale ausschlaggebend sein. Wer aber zwischenzeitlich nicht aufgepaßt haben sollte, der bekommt in den letzten Minuten noch einmal entscheidende Handlungsfetzen als Rückblenden aufgedröselt (wie schon in „The Sixth Sense“ und „Unbreakable“).
Nach dem klaustrophobischen und ungemein nervenkitzelnden zweiten Drittel, in dem die Familie in ihrem Haus von Aliens umzingelt und gefangen wird, folgt schließlich ein fulminantes Finale, das in Zusammenspiel von Schnitt, Musik und Kameraarbeit schlichtweg phantastisch ist. Eine Pointe, die einem den Atem stocken läßt, gibt es diesmal nicht, dafür aber die Erkenntnis, daß es keine Zufälle gibt, sondern alles vorbestimmt ist. Klar ist, daß Science-fiction-Fans, die ein zweites „Independence Day“ oder ein ähnliches Spektakel erwartet haben (da ein Mel Gibson mitspielt), enttäuscht sein werden, gerade weil das zu sehende Alien ziemlich mittelmäßig animiert und obendrein wenig widerstandsfähig ist. Aber um überzeugende Spezialeffekte ging es Shyamalan garantiert nicht, vielmehr wollte er eine in sich schlüssige Geschichte, ein Familiendrama, erzählen - und bereits während des Abspanns sind mir keine offenbleibenden Fragen in den Sinn gekommen. Der Plot ist wieder erstaunlich rund geraten, und wieder lohnt es sich, den Film mehrmals anzusehen, um festzustellen, wie lückenlos, wie perfekt verschnürt das ganze „Signs“-Paket wurde.
Wenn Tak Fujimoto die Kamera in die Hand nimmt, dann kann eigentlich gar nichts schiefgehen. Wie schon bei „The Sixth Sense“ schuf er wunderbare, mitunter herrlich unheimliche Bilder durch z.T. ungewöhnliche Einstellungen. So darf man zum Schluß sogar kurz mit den Augen des Außerirdischen sehen.
Die musikalische Untermalung ist hervorragend mit den Bildern abgestimmt. Shyamalan plante zunächst, den Film ganz ohne Musik auskommen zu lassen, aber ich glaube, daß gerade das Finale durch den fulminanten Soundtrack von James Newton Howard enorm gewinnt. Überhaupt liefert das Orchester in den letzten Minuten eine Meisterleistung ab, weil die Stimmungen der Bilder ständig wechseln.
Schauspielerisch dürfen Mel Gibson („Lethal Weapon“) und Joaquin Phoenix („Gladiator“) in ungewohnten Rollen überraschen: Gibson verleiht dem Pfarrer Graham mit seiner zurückhaltenden Mimik eine unglaubliche Tiefe (die in Rückblenden gezeigte Diskussion mit seiner Frau ging mir sehr zu Herzen), während Phoenix den leicht tumben, liebenswürdigen Ex-Baseballstar Merrill mit Bravour mimt.
Eine echte Sensation aber ist die kleine Abigail Breslin alias Bo, die derart intensiv und anrührend spielt, daß es eine Freude ist. Ein echter Glücksgriff! Ebenfalls erstaunlich gut ihr Filmbruder Rory Culkin (Morgan), der mir jetzt schon talentierter erscheint als sein ungleich bekannterer Bruders Macaulay („Kevin“), obgleich er mit seinen ständig aus einem Buch über Außerirdische zitierten Sprüchen dem Zuschauer manchmal ganz schön den Nerv rauben kann.
Fazit: „Signs“ ist ein hochintelligenter Science-fiction-Film des aufstrebenden Regie-Genies Shyamalan, der dem Thema „Alien-Invasion“ neue Seiten abgewinnt und auch ohne Action und ohne ein Übermaß an Effekten größten Unterhaltungswert zu erzeugen weiß. Sicherlich das spannendste Werk aus dem noch kleinen Filmfundus des Inders, mit zahlreich und sehr präzise eingesetzten Schock- und Gruseleffekten - und auch mit einer wohltuenden Prise Witz. Meine Ansprüche an Shyamalans nächsten Film sind nochmals gestiegen.
GESAMT: 9/10