Nachdem die Frau eines Arztes verstorben ist, erhält dieser eine hohe Versicherungssumme, doch als er eine Stripperin kennenlernt, die der Verstorbenen äußerst ählich sieht, ruft dies Ermittler auf den Plan, die Mord wegen Versicherungseinstreichung wittern.
Bevor Lucio Fulci Fans und Kritiker mit Goreklassikern begeisterte bzw. verärgerte, drehte er 1969 einen italienischen Thriller, der nicht durch ausschweifende Gewaltorgien auf sich aufmerksam macht, sondern eine spannende Geschichte zu erzählen weiß.
So lernen wir zu Beginn den Arzt George kennen, bei dem es wegen seiner Besessenheit von der Arbeit und der Liebelei zu einer Fotoassistentin namens Jane in der Ehe mit seiner asthmakranken Frau Susan mächtig kriselt. Umso überraschter ist der Mann, als Susan ihm nach ihrem Tod eine große Versicherungssumme hinterlässt. Doch die Freude ist bald vorbei, denn als George eine Stripperin kennenlernt, die der Verstorbenen bis auf kleine Details auffallend ählich sieht, gerät der Mann in Verdacht, seine Frau ermordet zu haben, um die Kohle zu kassieren und es gibt immer mehr Beweise für diesen Verdacht, so dass schließlich nur noch wenig Zeit bleibt, um ihn vor dem Gaskammertod zu bewahren.
Diese Story bietet viel Platz für Spekulationen hinsichtlich der Auflösung, wobei wegen der vielschichtigen Figuren bis zum Ende nicht so ganz zu erahnen ist, wer nun was warum gemacht hat. Die Darsteller spielen ihre Rollen sehr überzeugend, wobei vor allem Marisa Mell, die hier in einer Doppelrolle kurz als Asthmakranke und besonders als durchtriebene Stripperin ("Sag mir, was du willst und ich sag dir, ob ichs mache.") glänzt und zweifelsfrei mit ihrer körperlichen Freizügigkeit so manches Männerherz höherschlagen lässt.
Für Regisseur Lucio Fulci, der es sich wieder mal nicht nehmen ließ, eine kleine Rolle, diesmal als Graphologe, zu spielen, ist es hinsichtlich seiner späteren Werke ungewöhnlich, dass es mit Ausnahme der Vorführung einer halb verwesten Leiche, keine ekligen oder blutigen Details zu sehen gibt, sondern einfach eine spannende Geschichte mit einigen Wendungen und Überraschungen erzählt wird.
Auch technisch ist der Film als gelungen zu bezeichnen. So zeigt sich die Kamera experimentierfreudig und verspielt in Form von Schwenks und Zooms, wobei die fulcietypischen Augennahaufnahmen natürlich nicht fehlen dürfen und hier einen besonderen Sinn ergeben, denn ein Unterschied zwischen den Figuren Susan und Monica besteht in der Augenfarbe. Zudem gibt es einmal den Einsatz von Splitscreen, welcher zwar nett anzusehen ist, aber dessen Grund mir nicht so ganz ersichtlich ist und feine Lichtspielereien insbesondere bei den Liebesszenen.
Unbedingt hörenswert ist außerdem die Musik von Riz "Nackt und zerfleischt" Ortolani, dessen jazzartige Melodien dem Geschehen einen besonderen Schliff geben und mitbestimmend für die dichte Krimiatmosphäre sind.
Insgesamt ist "Nackt über Leichen" ein sehr spannend erzählter und stimmig inszenierter Thriller, der Italofans gefallen wird, sofern sie auf Grund des Namens des Regisseurs kein Blutspektakel erwarten.