Jetzt komme ich in Erklärungsnot. Eigentlich wollte ich mich in den nächsten Wochen an die Mammutaufgabe machen und "Den Glücksbärchi-Film" rezensieren - der Film, der mich in der Kindheit glücklich und beim Ansehen 2011 fast impotent gemacht hatte. Das Fazit wäre gewesen: Es ist ein sehr guter Kinderfilm, der aber NUR für Kinder ist und ihn somit knappe acht Punkte geben wollte. Also eine hohe Bewertung, die er für uns harte Männer natürlich nicht verdient hat. Ja, jetzt ist die Zwangslage da: Wie bewerte ich denn dann "Merida"?
Fakt ist, "Merida" ist für jung und auch irgendwie alt - die jüngeren werden begeistert sein (vorallem Mädchen dürften ihre pure Freude mit dem Film haben, da Pixar den ersten weiblichen Helden auf das Publikum loslässt) und manch ältere Socke (so wie ich) wird im Kinosessel wegpennen - bzw. sich fragen: "Wie, war es das jetzt schon?"
Eins vorweg, Pixar hat es einfach drauf, noch nie sah man wehendes Haar oder mystische Landschaften so grandios animiert wie hier. Aber was bringt mir die beste Animation, wenn der Inhalt äußerst dünn ist? Die Geschichte, die sich in "Merida" von Anfang bis Ende abspielt, ziehen andere Macher im Vorspann ab und lassen den Film dann erst beginnen.
Merida ist eine störrische Prinzessin in den schottischen Highlands, die keine Sekunde dran denkt, höfische Pflichten zu übernehmen. Was ihrer Mama und zugleich Königin Elinor gar nicht gefällt. Elinor will ihre Tochter lieber mit einem der Clan-Söhne aus dem Königreich verheiraten. Das sorgt für mächtig Ärger und so flieht Merida in den Wald, wo sie von einer Hexe einen Zauberkuchen bekommt, der ihr Schicksal verändern soll...
Das reicht an Inhaltsangabe, mit zwei Sätzen mehr hätte ich wohl das Ende noch mitgespoilert. So, Zwangsehe ist ja heutzutage in vielen Ländern ein heikles Thema, das hier jedoch keine Rolle spielt. Denn im Mittelalter war es ja gerade unter Adligen gar nicht so ungewöhnlich, gegen den Willen oder jemand Unbekannten zu heiraten. Es kann kein Zufall sein, dass "Brave" (so der Originaltitel der roten Zora) der 13. Pixar-Film ist - denn beim Ansehen musste ich andauernd an "Freitag der 13." denken und verspürte den Drang, dem kleinen Rotschopf eine schöne, große Machete vorzustellen....
Spaß beiseite, sooo schlimm ist dieser Charakter auch nicht, Merida erinnert eher an ein 12jähriges pubertierendes Mädchen, wobei ich den Charakter und ihre Handlungen in dieser Situation noch nachvollziehen kann. Ich frage mich jedoch nur, wo viele Leute liebenswerte-verrückte Charaktere in diesem Film finden. Wo denn? Verrückt ja, aber liebenswert? Na, da gibt es aber bessere Animationsfilme (und auch außerhalb des Pixar-Universums), wenn es um diesen Aspekt geht.
Was mir auch sehr gefehlt hat, sind zum einen die schnulzigen Momente, die mich im Herzen berühren, und zum anderen die epischen Momente, die die Pixar-Werke sonst auszeichnen (alleine die Opa/Oma-Lebensrückblende aus "Oben" hat mehr Schmackes wie dieser ganze Schmalz). Die Lacher waren okay, und der Score war auch Balsam für die Lauschlappen. Lediglich das Ende war sehr vorhersehbar und dementsprechend enttäuschend.
Fazit:
Jeder, der "Merida" schaut, wird die verschwendete Lebenszeit nicht bereuhen - dennoch behaupte ich, dass es auch einige wenige wie mich geben wird, die hier nur halbwegs glücklich aus dem Saal gehen. Eine tolle Optik, ein schöner Score und einige Lachern stehen einer langweiligen, vorhersehbaren Story mit vielen nervigen Charakteren gegenüber. Mich hat er weitestgehend kalt gelassen, vielleicht hatte ich aber auch nur einfach einen schlechten Tag erwischt.
Ach ja, eine "Glücksbärchi-Film"-Rezi werde ich jetzt nicht mehr schreiben...
4/10