Ein "Transparent" ist eine Person, deren Gedanken für andere Menschen in einem Radius von zehn Metern ohne Probleme zu hören sind. Da das Leben für solche Menschen zu einer unaufhörlichen Qual wird, da keines noch so tiefe Geheimnisse in sekundenschnelle enthüllt wird, sind "Transparente" hochgradig suizidgefährdet. Hinzukommt, das weltweit alle 7 bekannte Fälle von Transparenz Genies waren. Wissenschaftler auf allerhöchstem Niveau. Sie stellen intellektuelle Ressourcen für unsere Kultur da, denn es könnte einer von diesen außergewöhnlich begabten Personen gelingen, ein Heilmittel für AIDS oder Krebs zu finden. Um Transparente zu schützen und unterstützen, hat die japanische Regierung ein Sonderkommando eingesetzt, das die Transparenten eine künstliche Umgebung schafft. Sie sollen nie erfahren, dass sie einen transparenten Geist haben, und sollen ihren Studien und Entdeckungen ungestört weiter frönen können.
Mit dieser Science-Fiction-Basis drehte "Space Travelers"-Regisseur Katsuyuki Motohiro eine oft schmalzige Mischung aus Drama, Komödie und Romanze. Oft fühlt sich "Transparent" an, wie ein Hollywood-Film. Man erwartet eigentlich, dass jede Minute Tom Hanks oder Jim Carrey vorbeischauen, denn Optik, Musik, Erzählweise und - leider auch - die Storytiefe lassen allzu oft an amerikanisches Einerleikino á la "Die Trueman-Show" oder "Forrest Gump" erinnern. Bei "Transparent" ist die wütende, mutige Neue Welle japanischer Filmkunst nicht zu spüren. Keine Innovationen, keine tiefgehenden Erkenntnisse - nichts. Sicherlich, der Film hat auch seine guten Seiten, er schafft es den Zuschauer über zwei Stunden problemlos bei Stande zu halten und zu unterhalten. Schaut man aber hinter die Fassade des Entertainments, sackt das Machwerk in sich zusammen.
Die Story geht so: Satomi Kenichi ist Transparent Nummer 7, ist jung und hat in seinem Trotzkopf entschieden, dass er Doktor werden möchte. Die Manipulatoren der Regierung sehen es jedoch nicht gerne, dass einer ihrer möglicherweise fähigsten Medikamententwickler sein potenzielles Genie an plumpen Operationen verschwendet. Also beauftragt man die Psychologin Yoko sich dem jungen Genie anzunehmen, und herausfinden, wo die Motivation praktizierender Arzt zu werden, herrührt, und ihn dahingehend zu beeinflussen, lieber seinen weißen Kittel an den Nagel zu hängen, und ab sofort für das medizinische Labor zu arbeiten. Sie trifft auf einen absolut normalen, wenn auch extrem begabten, jungen Mann, der zusammen mit seiner liebevollen Großmutter lebt, und von einer Kollegin schwärmt, wie ein kleiner Junge. Die jedoch ist abgeneigt, allein deshalb, weil sie nicht ihre Beziehung durch die hörbare Gedankenwelt Kenichis mit dem gesamten Krankenhaus teilen will, darf dies ihm jedoch verständlicherweise nicht offenbaren...
Die Idee, dass man den Gedanken eines puren Genies beiwohnen kann, ist schon ziemlich aufregend. Was man aus dieser Exposition herauskitzeln könnte, wäre es eine reine Liebeskomödie, und würde sich die gesamte Story auf die komplizierte, fast unmögliche Liebesbeziehung zwischen Kenichi und seiner Kollegin konzentrieren! Denn diese erste, leicht verträumte, sehr verschmitzte, erste Hälfte macht wirklich Spaß. Jedoch stürzt der Film danach in ein pseudo-bedeutungsschwangeres Drama-Gestell ab, indem Yoko urplötzlich Ziel Kenichis amouröser Motivationen ist, und nebenbei auch noch die Krebserkrankung Kenichis Großmutter einen Schatten über die Ereignisse wirft. Hier entlarvt sich der Film als schlapper Versuch, tiefsinnig zu sein. Die vernehmbaren Gedankenstränge sind einfach zu stumpfsinnig; so werden sie oft nur auf bloße Wiederholungen des bereits Gesagten und auf selten einfältige Selbstverwirrungen reduziert. Da wo das Drehbuch hätte aufregend psychologisch sein müssen, scheint es lieblos zusammengeklatscht worden zu sein.
Und so ist zwar die furchtbar kitschige, zweite Hälfte des Films zwar noch ertragbar, aber sie degradiert den Film zum Durchschnitt. "Transparent" hätte mit diesem andersartigen Konzept und mit einem etwas mutigeren Format ein großartiger Film werden können. So ist "Transparent" ein nettes, kleines, etwas zu amerikanisiertes Drama ohne Hintersinn und Aussage im weiten Meer, qualitativ viel hochwertigerer, asiatischer Filme.