Stoker(2013)
Achtung Spoiler...
An ihrem 18. Geburtstag kommt India Stoker's Vater bei einem Autounfall ums Leben und zur gleichen Zeit taucht ihr seltsamer Onkel Charlie auf, von dem sie bis zu diesem Tag nichts wusste. Irgendetwas stimmt hier nicht...
Stoker ist ein grandioses Gesamterlebnis. Von der Ankündigung, über den ersten Trailer bis hin zur wohligen Heimkinoversion ist hier alles stimmig. Park Chan-wook's(Oldboy) Hollywood Debut könnte geglückter kaum sein. In ruhigen und sehr stilvollen Bildern, in schaurigen und lieblichen Overtüren kommt hier ein audiovisuelles Erlebnis daher, wie es Hitchcock, Zemeckis oder Shyamalan nicht besser hinbekommen hätten. Das ist ganz klassischer Suspense mit einigen Schnörkeln, offen gelassenen Ecken, sperrigen Kanten und Blutspritzern. Das Hauptdarstellergespann trägt ungemein zur Atmosphäre bei und erzeugt eine theatergleiche Spirale hochwertiger Darbietungen.
Nicole Kidman als in die Jahre gekommene, aber wunderschön verpeilte Witwe und auch Mia Wasikowsa als seltsam stille Blüte. Was die beiden Damen in der gegebenen Leinwandzeit aufführen, erfordert tiefste Hingabe und einigen Mut(die Szene unter der Dusche). Grandios. Auch die wenigen, aber umso prägnateren Nebenfiguren(Jackie Weaver, Dermot Mulroney) liefern kurze Lichtquellen in diesem stillen, düsteren und zuweilen difusen Psychogram.
Der eindrucksvollste Part gebürt Matthew Goode. Der aus Watchmen bekannte Darsteller reiht sich mit dieser brillianten, hin und her fechtenden Performance in die Riege illustireierter Figuren der Bosheit ein. Eiskalt, wortgewandt, schüchtern, energisch, liebevoll oder kinetisch...alles da, alles klasse gespielt. Egal ob Hannibal Lecter, Patrick Bateman, Aaron Stampler oder Norman Bates. Diese Figur erwacht unter der traumwandlerischen Regie und den betörenden Bildern zu einer der furchterregendsten Figuren der jüngeren Filmgeschichte. Die Twists sind abgründig, gelungen und gar nicht so leicht zu erahnen...hier eine großes Lob an Wentworth Miller(Prison Break), der das Skript erdachte. Als Schauspieler fehlt ihm zwar das richtige Rollenhändchen, aber als Autor hat er einen detailreichen, empatischen und faszinierenden Einstand in bester Hitchcock Tradition gegeben...bitte mehr davon.
Fazit...spannend, mit seltsamen Humor angereicherte Intriegen und Verwirrspielerei auf höchstem Niveau. Der Mix aus Familiendrama, Psychothriller, Horror- und Kunstfilm bleibt lange im Gedächtnis.
8.4