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"Sex, drugs and rock' n roll" steht für das Lebensgefühl einer Generation, die in den 60er Jahren begann, die Bürger mit lauter, rhythmischer Musik, langen Haaren und einem hedonistischen Lebensstil zu provozieren, was zu einer gesellschaftlichen Veränderung weltweit führte. Viele der damals bekämpften Attribute einer Jugendbewegung sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Soweit zurück, als es in den USA noch gefährlich sein konnte, mit langen Haaren herum zu laufen, geht das Musical "Rock of Ages" nicht, sondern erzählt eine Geschichte aus dem Jahr 1987 vor dem Hintergrund des Musik - Clubs "Bourbon", der kurz vor seinem Ende steht. In diesem scheint noch der Geist des frühen "Sex, Drugs and Rock' n Roll" zu stecken, nicht nur, weil Dennis Dupree (Alec Baldwin) den Club schon lange leitet, begleitet von seiner rechten Hand Lonny (Russell Brand), sondern auch weil die Frau des neu gewählten Bürgermeisters Patrcia Whitmore (Catherine Zeta-Jones) alle Hebel in Bewegung setzt, um diesen Schandfleck von Los Angeles loszuwerden. Das alte "Bourbon" scheint auch 1987 noch immer als Provokation zu funktionieren.

Das ausgerechnet Stacee Jaxx (Tom Cruise) als Retter des Clubs auserkoren wird, der mit dem Abschlusskonzert seiner Band für kräftige Einnahmen sorgen soll, passt in dieses Image, denn kein anderer Rock - Star machte, seitdem er seine Karriere zehn Jahre zuvor im "Bourbon" begann, mehr durch seinen exaltierten Lebensstil von sich reden. Sex-Orgien, Alkoholrausch und divenhafte Auftritte ließen ihn zum Schrecken der Konzertveranstalter werden, weshalb auch Dennis Dupree in Sorge ist, ob Jaxx rechtzeitig in seinem Club erscheinen wird.

Alec Baldwin, Russell Brand und besonders Tom Cruise geben sich viel Mühe, noch etwas vom alten Bürgerschreck - Feeling zu transportieren, aber das Musical "Rock of Ages" ist längst in der Gegenwart angekommen. Die hier behauptete Provokation ist eine Attitüde, die letztlich nur von einer Person vertreten wird, und sowohl die Optik, als auch die Musik sind ganz dem aktuellen Zeitgeist verpflichtet, der gerne sentimental in Erinnerungen schwelgt. Dem Film könnte man zugute halten, das es sich bei ihm letztlich nur um die Umsetzung eines Musicals handelt, das professionell und mit einigen sehr guten Darstellern gelungen umgesetzt wurde, aber das ändert nichts an dem Inhalt, der ein unabhängiges Lebensgefühl für ein angepasstes Weltbild missbraucht.

Entscheidend dafür ist weniger die Geschichte von Sherrie und Drew, die besetzt mit den zwei jungen, glattgesichtigen Darstellern Julianne Hough und Diego Boneta, den üblichen Weg von schneller Verliebtheit, Trennung durch ein Missverständnis bis zur glücklichen Wiedervereinigung gehen, sondern die vollständige Assimilierung typischer Symbole des Rock' n Roll für ein braves Publikum. Das die 80er Jahre Optik, besonders die Frisuren der Frauen, nur sehr dezent angedeutet wird, ist unwesentlich, da diese Phase Mitte der 80er Jahre mit Rock'n Roll sowieso nicht mehr viel zu tun hatte. Das wird besonders an der Musik deutlich, die kein einziges hartes Rock Stück bereit hält, sondern ausschließlich melodiöse Rock - Balladen im Stil von "Foreigner", deren "I want to know what love is" stilbildend für die gesamte Musik des Films bleibt. Selbst "Cum on feel the noize" von Slade wird in "Rock of Ages" noch in einer weich gespülten Fassung angespielt.

Wesentlich ärgerlicher als diese publikumsaffine Rock - Geschmacksvariante, ist die Umkehrung alles dessen, wofür der Rock einmal stand und womit der Film hier gerne kokettiert. Am Ende haben sich alle lieb, wird der einzige Bösewicht - der natürlich geldgeile Promoter Paul Gill (Paul Giamatti) - abserviert und selbst Stacee Jaxx verweist während seines Konzerts auf den Schwangerschaftsbauch seiner festen Freundin (Malin Akerman). Vielleicht ist das nur der Abgesang auf den Rock, marketingtechnisch in das Jahr 1987 transferiert, aber ganz dem Geist der Gegenwart verpflichtet. Denn mit einem hat der Film nichts zu tun - mit "Sex, Drugs and Rock'n Roll". (4/10)

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