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Der junge Familienvater Marlon Villar arbeitet seit Jahren als Chauffeur für den korrupten und moralisch pervertierten Politiker Manuel Chango. Als er eines Tages Changos Tochter gemeinsam mit seiner eigenen Tochter von der Schule abholt, werden die drei von einem Kidnapper überfallen und es kommt zur Katastrophe: Der Entführungsversuch geht vollkommen schief und Marlon muss hilflos mit ansehen, wie statt der Politikertochter irrtümlich sein eigenes Kind gekidnappt wird. Als einziger Zeuge der Entführung und Angehöriger der mittellosen Unterschicht gerät Marlon schnell selber in den Verdacht, etwas mit der Entführung zu tun zu haben. Hilfe hat er von niemandem zu erwarten - auf sich allein gestellt versucht er verzweifelt, das Leben seiner Tochter zu retten, doch immer weiter werden alle Beteiligten samt Familien in eine Abwärtsspirale aus Lügen und Täuschungen gezogen.


Ein philippinischer Thriller weckt vielleicht nicht sofort die große Aufmerksamkeit eines breiten Publikums, doch mit dieser Einstellung würde man der zweiten Regie-Arbeit von Ron Morales nicht einmal annähernd gerecht werden. Mit "Graceland" präsentiert der gute Mann nämlich eine mehr als gelungene Kombination aus Entführungs-Thriller, Millieu-Studie und Drama, wobei gleichzeitig auch noch moralische Aspekte im Fokus der Geschichte stehen. Das Geschehen entfacht von der ersten Minute an eine kaum in Worte zu fassende Faszination, der man als Zuschauer unweigerlich die gesamte Laufzeit über erlegen ist. In erster Linie kann man das wohl an der trostlosen Grundstimmung festmachen die der Geschichte zugrunde liegt, denn die erheblichen Unterschiede zwischen der uns bekannten westlichen Kultur und der des südostasiatischen Staates werden einem in eindrucksvollen-und realistischen Bildern näher gebracht. Morales achtet dabei explizit darauf dem Betrachter die hässliche Seite des Großstadt-Molochs Manila zu präsentieren, denn Armut, Korruption und Gewalt beherrschen die Szenerie. Dadurch wird das Ganze durchgehend mit einer äußerst beklemmenden Note unterlegt und phasenweise stellt die vorliegende Story schon einen extremen Tiefschlag in die menschlichen Eingeweide dar.

Dabei zeichnet sich "Graceland" keinesfalls durch visuelle Gewalt-Exzesse aus, doch die Thematik des Filmes und die damit verbundenen Ereignisse gehen einem sehr stark unter die Haut, da die gesamte Chose ungemein authentisch und glaubwürdig erscheint. Im Mittelpunkt steht der junge Marlon, der scheinbar unfreiwillig in einen Entführungsfall und einen damit verbundenen Mord verstrickt wird. Erst im weiteren Verlauf der Dinge kristallisiert sich immer mehr heraus, das gerade seine Rolle letztendlich unter einem ganz anderen Blickwinkel betrachtet werden muss. Um seinen Charakter richtig einzuschätzen muss man kein Genie sein, denn relativ schnell kann man die Gesamt-Zusammenhänge des Szenarios erkennen, so das am Ende nicht wirklich ein echter Überraschungsmoment vorliegt. Das macht aber rein gar nichts, denn auf diesen Aspekt legt Morales ehrlich gesagt auch keinen sonderlichen Wert, ihm geht es vielmehr darum hier eine beklemmende Geschichte zu erzählen, in der Korruption, Kinder-Prostitution und pädophile Neigungen im Mittelpunkt stehen. Gerade letzteres Element verursacht einem dabei ein sehr flaues Gefühl in der Magengegend und so hegt man auch ziemlich schnell eine starke Ablehnung gegen Marlon's Chef, denn der korrupte Politiker vergnügt sich immer wieder gern mit kindlichen Mädchen, wobei sein Untergebener ihn nicht nur einmal decken muss. Kein Wunder also, das in den Neigungen des Chefs auch die Gründe für die Entführung liegen, denn nun muss sich der aalglatte Mann seinen Taten stellen und auf ziemlich bittere Art dafür büßen.

"Graceland" ist kein spektakulärer Film und beinhaltet im Prinzip auch keinerlei echte Höhepunkte, denn das eigentliche Higlight ist der Film an sich. Die realistische Inszenierung, die bedrückenden Bilder und großartig agierende Darsteller sind das Aushängeschild eines Werkes das wirklich unter die Haut geht. Das mittlerweile etablierte Label OFDB filmworks hat an dieser Stelle einmal mehr sein untrügliches Gespür für das Besondere unter Beweis gestellt, denn bei der vorliegenden Veröffentlichung handelt es sich definitiv um einen Film, den man sicherlich nicht so schnell vergessen wird. Dafür sorgt allein schon die Thematik der Geschichte und die kompromisslos nüchterne Visuallisierung des Ganzen, denn hier ist absolut kein Platz für Glanz und Glorie. Stattdessen bekommt man riesige Müllhalden und Armut geboten, doch gerade diese Atribute sind es dann auch, die vorliegender Story eine unglaubliche Wucht verleihen. Die grandios agierende Darsteller-Riege ist ein weiterer dicker Pluspunkt, wobei man prinzipiell niemanden besonders hervorheben kann. Dennoch sticht Arnold Reyes in der Rolle von Marlon ein bisschen hervor, wobei der gute Mann keinesfalls den typischen-und glorreichen Helden darstellt, den die meisten anderen Genre-Vertreter zumeist beinhalten. Gerade sein Charakter ist ziemlich schwer einzuschätzen, denn im Laufe der Geschehnisse stellt sich der gute Marlon keinesfalls so unschuldig dar wie es zu beginn noch den Anschein hat. Dennoch sympathisiert man die ganze Zeit über mit ihm und kann zudem auch durchaus Verständnis für seine persönliche Lage aufbringen, die sich erst kurz vor dem Ende in ihrer Gesamtheit präsentiert.

So wie der Hauptdarsteller offenbart sich dann auch der gesamte Film, denn "Graceland" offenbart jede Menge Ecken und Kanten. Morales zeigt hier alles andere als seichte Unterhaltung, er verlagert sich vielmehr darauf dem Zuschauer eine unbequeme und bedrückende Story anzubieten, über die man auch noch lange nach Beendigung der Sichtung nachdenken muss. Fast gänzlich ohne Action ausgestattet entfachen die Ereignisse dennoch eine unglaubliche Intensität und lassen einen zeitgleich auch über moralische Aspekte nachdenken, die hier ziemlich schonungslos in das Bewusstsein des Betrachter eingehämmert werden. Man sollte also schon im Vorfeld wissen auf welche Art von Film man sich hier einlässt, denn die vorliegende Geschichte eignet sich keinesfalls dazu, das man sie sich einfach mal nebenbei anschaut. "Graceland" verdient die volle Aufmerksamkeit des Betrachters und nur so kann man sich auch gänzlich mit einem Szenario auseinandersetzen, an dem man auch im nachhinein noch ordentlich zu knabbern hat.


Fazit:


Einmal mehr hat OFDB filmworks eindrucksvoll unter Beweis gestellt, das man ein gutes Näschen für außergewöhnlich gute Produktionen hat und dabei auch gern einmal filme veröffentlicht, die einem nicht auf den ersten Blick sofort ins Auge springen. Bei "Graceland" sollte man sich vor allen Dingen nicht davon abschrecken lassen das es sich um einen philippinischen Film handelt, denn das Produktionsland gibt gar keinen Aufschluss darüber, mit welcher hohen Qualität die erzählte Geschichte ausgestattet ist. Von mir gibt es jedenfalls eine dicke Empfehlung an all jene, die auch vor einem unbequemen Szenario nicht zurückschrecken.


8,5/10

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