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Nun, wenn man sich einmal die Inhaltsangabe genau durchliest, wird man das Gefühl nicht los, sich auf einen waschechten "Ghost Ship"-Rip-Off einzulassen. Damit liegt man auch gar nicht mal so falsch, allerdings bekommen wir hier einige wirklich schöne Ansätze geboten und atmosphärisch hat der Film auch einiges zu bieten. Mit Judd Nelson ("Cabin by the Lake", "Airheads") und Lance Henriksen ("Aliens", "Alien vs. Predator", "Hellraiser:Hellhole") hat man zwei erfahrende Darsteller gecastet und gerade bei Henriksen ist es erfreulich, ihn einmal wieder in gewohnter Form zu sehen, auch wenn man merkt, dass die Jahre nicht spurlos an ihm vorüber gezogen sind und er nicht mehr die Ausstrahlung hat, wie damals in "Harte Ziele" oder "Stone Cold".
Judd Nelson spielt den Wissenschaftler Aaron Roberts, dessen Vater und Stiefmutter vor 25 Jahren auf der verschollenen Corona waren und nie zurückkehrten. Dies war auch der Grund, weshalb er sich mit einer quotengeilen Reporterin, einem alkoholkranken Kameramann, einer karrieregeilen Praktikantin und einer Bergungscrew auf den Weg macht, das wieder aufgetauchte Schiff zu erforschen. Nach 25 Jahren sollte man natürlich meinen, dass ein Schiff entsprechend verkommen aussieht, aber hier ist sogar das Obst noch frisch und das Schiff noch funktionstüchtig. Es dauert nicht lange, bis jeder merkt, dass hier etwas Sonderbares vor sich geht und Regisseur Christian McIntire schafft es trotz einem geringen Budget bei dieser TV-Produktion eine teilweise wirklich düstere Atmosphäre zu erzeugen und sorgt für die eine oder andere Gänsehaut. Wenn die Darsteller plötzlich in einem Kinderzimmer stehen, in welchem ein Holzpferd von allein anfängt zu wippen und die Wände voll mit düsteren Kinderzeichnungen bemalt sind, kann der Film Gänsehaut technisch voll überzeugen und als dann auch noch offenbart wird, was in dem Raum wirklich gefilmt wurde, dürften vor allem weibliche Zuschauer ihre Finger schon tief in das Fleisch ihres Nebenan gekrallt haben. Aber anders soll es ja auch nicht sein, denn das ist es, was einen Gruselfilm ausmacht: Gänsehaut, Fingernägelkauen und Unwohlsein. Leider schafft man es nicht auf diesem Level zu bleiben und obwohl man hier löblicherweise auf blutige Effekte verzichtet, um mehr auf Spannung zu bauen, bleibt zum Schluss nur ein fader Nachgeschmack übrig.
Dies liegt daran, dass man versucht die Charaktere interessanter zu Gestalten, indem man sie auf dem Schiff mit Visionen plagt, die ihre schlimmsten Ängste widerspiegeln. Nette Idee, jedoch wird dies nicht kontinuierlich fortgesetzt und sauber ausgearbeitet. Die Protagonisten bleiben meist eindimensional und selbst Judd Nelsons Rolle wurde nicht ausgebaut, sondern findet seinen Höhepunkt in der Kabine seines Vaters, wo er lediglich mit seinem damaligen Geschenk konfrontiert wird.
Anstelle dramaturgisch in die Tiefe zu gehen um die Story vielschichtiger zu gestalten, lässt man die Vater-Sohn-Geschichte fast komplett unter den Tisch fallen. Auch das Thema Bermudadreieck wird hier leider nicht weiter vertieft, was ich persönlich sehr bedauere, denn aus der Grundstory hätte man richtig was raus holen können.
So bleibt von "Lost Voyage" nur ein durchschnittlicher Gruselfilm mit einem stark unbefriedigten Ende übrig. Was daran liegt, dass es erst einmal kein richtigen Showdown gibt und man zum Schluss immer noch nicht viel schlauer ist, was denn nun der wirkliche Grund für das Verschwinden des Schiffes war. Die Ansammlung von wild umher fliegenden Geistern sah vor Jahren bei "Indiana Jones" schon besser aus und erinnert hier an eine Mischung aus "Casper" trifft "Ghost Ship". Die Geister (allesamt CGIs) wirken billig und hauen einen aus dem wohligen Gruselfeeling heraus, der zu Beginn des Films vorherrscht. Man merkt deutlich, dass den Machern kein vernünftiges Ende eingefallen ist und man dabei einen logischen Fehler nach dem anderen begeht. Dies fängt schon bei dem Geist der Praktikantin an, die hier plötzlich wie die Anführerin aller Geister dargestellt wird, oder auch die Tatsache, dass die Geister alles und jeden verfolgen, nur dem Hubschrauberpilot lassen sie unversehrt, damit er auch ja die Maschine noch fliegen kann.
Schade, den genug Potential ist vorhanden, aber mangels einem ordentlichen Drehbuch ist "Lost Voyage" nicht anderes als TV-Massenware mit einem gehobenen Gruselfaktor.

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