kurz angerissen*
erstmals veröffentlicht: 12.05.2012
Immerhin, die erste halbe Stunde ist Kinomagie pur: Da verschmelzen die Swingin' Sixties in beeindruckender Montage mit dem Universal-Horror der 30er und 40er, der seinerzeit als Instrument genommen wurde, um die Happy-Family-TV-Serien der 60er Jahre aufs Korn zu nehmen. Ein ungewöhnlich flippiger und doch melancholischer Soundtrack treibt die Kamera rasend an einem Klippen-Highway entlang, bevor ein Fischerort bei Wind und grau-blauen Farben wie ein Bewegtgemälde inszeniert wird - Burtons Name und die gesamten Credits dazu in schlichten, gar nicht verschnörkelten Lettern - Understatement auf magischen Bildern. Dann ersteht Johnny Depp aus seinem 200-Jahre-Gefängnis auf und versprüht endlich wieder Blut und Spielfreude, die zuletzt ein wenig brachlag.
Doch einmal in dieser einmaligen Chance von Ausgangskonstellation angekommen, ruht sich Burton zu sehr auf ihr aus und erliegt dem Status Quo: Etwas Culture Clash zwischen Vampir-Traditionalismus und 60er-Moderne, ein wenig Familienzwist und Liebeskrieg. In dieser Phase bleibt "Dark Shadows" zwar witzig und schön anzusehen, verliert aber zunehmend seine Größe und Besonderheit, tauscht sie ein gegen gemäßigte Freakyness. Als im zurechtgeschusterten Finale mit halbgaren Filmzitaten dann sämtliche Knoten gelöst werden, wirkt das nicht frech, sondern erzwungen, nicht spektakulär, sondern kalkuliert, und es wächst die schon mit "Alice im Wunderland" gewonnene Gewissheit, dass Tim Burton nicht mehr der Freigeist ist, der er mal war.
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