Review

A Joseph Lai Production:
Nach diesem Schriftzug kann man entweder sofort abschalten, weil man sicherlich noch etwas Besseres zu tun hat; und sei es nun einen anderen, womöglich richtigen Film zu schauen. Oder der Name sagt Einem nichts und man rennt blind ins Verderben, wird aber sein Unglück schnell bemerken. Und dann gibt es noch die, denen jetzt das Herz hüpft und die sich wissbegierig und offenen Blickes dem Kommenden widmen.
Zu dieser Gruppe gehören entweder die reinen Trashfans. Oder die wahren B – und C – Movie Afficiandos, die hinter jedem vielleicht asiatisch aussehenden Titel sofort eine kleine Genreperle vermuten und wenigstens die Hoffnung haben, etwas bisher Unentdecktes und Verschollenes auszugraben.
Lai und seine IFD Film Arts sind ja dafür berüchtigt, sich emsig aus stock footage zu bedienen, daraus grosse Puzzlestücke zu entnehmen und neu zusammensetzen; auf diese Weise erlangten schon Filme das Tageslicht, die ansonsten keine eigene Veröffentlichungen abbekommen würden.
Sie sind also beinahe interaktiv; damit verbunden immer Ratespiele für den Genrekenner, das jeweilig benutzte Material zu identifizieren und sich am Ende des Tages an seiner hoffentlich erfolgreichen Schatzsuche zu erfreuen und zu beglückwünschen.

An Eric Tsui Film:
Da geht es schon los mit dem Quiz. Die meisten Macher derlei Werke sind nämlich schnell als Godfrey Ho aufgedeckt worden; so sagen Castangaben auf den Namen Bruce Lambert, Alton Cheung, Tommy Cheung, Elton Chong,York Lam, Albert Yu u.a. ja nichts Anderes aus, als dass Schlockmeister Ho dafür verantwortlich war. Ob das nun stimmt oder nicht ist eine zweite Frage; darüber Buch geführt wurde wohl kaum und Ho selber – der jetzt doch tatsächlich an der Hong Kong Polytechnic University lehren soll – hat das Schlaueste gemacht, was er konnte und Alles weit weg von sich gewiesen.
Ein Eric Tsui tauchte bisher aber nicht auf, so dass dabei das Ausforschen schon mal seinen Anfang nehmen kann. Tsui – wer auch immer er ist – tritt laut den Credits auch als Action Director und Darsteller auf, was soviel Raum für Vermutungen und Spekulationen bietet, dass man dahinter gar Ridley Tsui Bo – wah mutmassen kann. Einer der entscheidenen Figuren sieht ihm sogar immens ähnlich; und das Betätigungsfeld stimmt ebenso überein wie das Herstellungsjahr zu Tsuis erwiesener direktoralen Schaffensphase 1993 – 1996 passen würde.
Und wenn man ehrlich ist, sind dessen bestätigte Arbeiten Final Target, No Regret, No Return, The Wild Couple und Ultimate Revenge nicht grossartig anders. Ob er es nun ist oder nicht, sei wegen mangelnder Gewissheit schlussendlich dahingestellt, aber angesichts dieser Betrachtung wird auch der zweite Vorteil deutlich, den die IFD Film Arts Publikationen an sich haben: Sie bieten nicht so viel weniger Qualität als der gemeine kantonesische direct to video Knüller und sie kontern vor allem mit einem Mehr an Geschichte UND Action. Was auch keine Kunst ist, wenn man diverse Bezugsorte zusammenlegt und dafür nicht extra was zahlen muss. Wo bei regulären zeitgenössischen Regisseuren jeder Cent auf der Leinwand fehlt, hat man hier quasi die Bilder bereits im Einkaufspreis und kann gleich mehrere Kühe melken.

Das dabei entstandene Erzeugnis ist eine Art Short Cuts im Martial Arts Genre.
"H.K. Crash".
Eine Vielzahl von episodischen Einblicken in die jeweiligen Standardplots von kampfsportbetonten Eastern; ein Geflecht aus blutgespickten Gangsterepos, dem in den 80ern heissgeliebten Tournamentfilm [ wobei promotiontechnische Vergleiche mit Bloodsport oder No Retreat, No Surrender total Humpe sind ], einem Actionkrimi und vielleicht noch dem im Grunde allen obliegenden Rachefeldzügen.
Was genau los ist, kann nicht so ganz rekapituliert werden; auch das Backcover hat seine Inhaltsangabe schnell in äusserst läppischer Manier aufgeben und verlegt sich auf ein „unter anderem“.
Als Überblick reicht das auch aus, letztlich geht es sowieso nur darum, dass genügend Gründe vorhanden sind, der Gegenpartei böse zu sein und dementsprechend aggressiv gegen die unterschiedlichen Übeltäter vorzugehen. Als Motive ausser eben der vergeltenden Heimzahlung packt man dabei noch das liebe Geld in die Waagschale: Der skrupellose Ausländer Charlie hetzt im Untergrund Kickboxer aufeinander, die sich ihre Brötchen ohne offizielle Lizenz verdingen müssen und deswegen auch schon mal um Leben und Tod antreten.
Währenddessen erliegt sein Geschäftspartner Walker einem Autounfall, so dass seine in den USA lebende Nichte Jenny anreisen muss, die aber nichts mit den Aktivitäten zu tun haben möchte. Ihr Kindheitsfreund Jackie verhindert einige vom Konkurrenten geplante Entführungen und zum Schluss bringt man das Alles irgendwie unter einen Hut. Oder auch nicht.

Das Handlungsgerüst ist sicherlich nicht die Hauptattraktion des ausgesucht kleinen Publikums; dies verlangt bei den Discount – Artikeln nur, dass die Post abgeht oder gleichwertiger Ersatz geboten wird. Das Gezeigte kann lustig sein – muss aber nicht. Nur langweilig darf es nicht werden, dann ist die wichtigste Aufgabe – die Ansprucherfüllung von [guter und schlechter] Unterhaltung – schon mal gewährleistet.
Natürlich sieht es alles furchtbar aus. Dialoge sind gestelzt und nicht nur vom Synchronsprecher müde eingesprochen, sondern auch lustlos vom Darsteller agiert. Die Beleuchtung bei allen Versatzstücken entsteht aus einer einzigen harten Punktlichtquelle und gedreht wird auch nur an drei grossen Schauplätzen. Dabei sollte man sich nicht wundern, dass der nächste Schritt aus dem Bildkader heraus gleich an eine komplett andere Ansiedlung führt und eigentlich verschiedene Territorien ident sind; der psychedelische Effekt der Verzerrung von Raum und Zeit gehört als Bonus dazu. Die Landschaften sind kahlgefressen und bestehen bloss aus einigen lichten Bäumen, Schlammlöchern und unasphaltierten Wegen. Büroräume sind so arg an der Einzahl und der Einrichtung, dass sich der mächtige Gangboss für eine ungestörte Unterhaltung gleich in den Maschinenraum begeben muss. Getreu der Welt der Schatten unterhalb der bürgerlichen Gesellschaft trifft man die wichtigsten Entscheidungen hier sowieso immer in diversen Heizungskellern. Das illegale Turnier begibt sich natürlich ebenfalls analog unter Tage; dort hat man eine grosse Abstellkammer mit ominös aufgestellten Leitern, Olfässern, Sandsäcken und leeren Pappkartons schön adrett dekoriert.

Findet schon geographisch alles auf einer sehr niedrig gelegenen Höhe statt, erklimmt auch das Niveau nie auch nur das Erdgeschoss; vor allem das Teilabstück mit den beiden australischen Kickboxern vermießt bei jeder Einblendung die gute Laune. Dies ist auch offensichtlich die nachträglich addierte Substanz; erstmal ist dabei ein Budget komplett nonexistent, zweitens laufen nur dort die Langnasen herum und drittens haben die Leute mit dem inhaltsschweren Geschehen der beiden Triadenorganisationen auch wirklich nur ganz behelfsmässig etwas zu tun. Das Wenige, was man dabei positiv einbringen kann, lässt sich auf eine halbe Handvoll angenehm aussehender Kombinationen in den Vollkontaktkämpfen reduzieren, die der asiatische Kämpfer in der Geschichte [ „Ridley Tsui“ bzw. sein lookalike ] zustande bringt. Der Rest ist nicht sendefähige Verschwendung.

Bei den Gangstern im Anzug 2m Luftlinie weiter funktioniert es schon wesentlich besser. Herrlich ist die Feier zum zehnjährigen Firmenjubiläum, die mehr den Eindruck einer Sektenandacht macht, wenn da nicht Bad Boys Blue aus dem Lautsprecher schallen würde. Schön auch die Massenschlägerei vor einer Villa; sogar ansprechend gestagede Duelle mit vielen Sprüngen, Kicks und einem Quartett schlagkräftiger Funkenmariechen im Minirock sind nie zu verachten.
Nicht einmal die holprige Stuntarbeit ist von schlechten Eltern. Bei einem mit Motorrädern ausgetragenen Einer gegen Alle im Wald werden die Schergen durch Vorderreifen am Kopf von ihrer Maschine geschleudert, Pflöcke in die fahrenden Räder getrieben und gleich drei schrottreife Yamahas gegen Bäume katapultiert. Die Materialschlacht endet stilecht mit zündenden Explosionen.

Über die Laufzeit hinweg wird es aber auch dort dröger; beim ewigen und auch noch doppelten Showdown sind die Zuschauer schon fast genauso erschöpft wie die Kontrahenten. Für geschlagene 85min ist es wahrscheinlich auch einfach zu blöde; wenn mal ausnahmsweise eine gute Idee vorkommen sollte, ist sie auf Garantie schlecht inszeniert und vice versa.
Aber sowas wusste man ja.

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