Review

Harter Tobak


In Zeiten wöchentlicher Meldungen von Psychopathen die Kinder jahrelang im Keller halten, Serienkillern die ihre Opfer im Vorgarten vergraben oder ganzen Pädophilen-Ringen... Kann da ein Film noch ein ungutes Gefühl vermitteln?

Chained hat dies zum Teil bei mir geschafft. Ein kleiner, fieser Serienkillerfilm - ein schwer verdaulicher Mix aus Charakterstudien (Opfer & Täter!) und Torture-Porn. Da hat die Tochter von David Lynch sich wirklich was gewagt, ein perverses Thema drastisch & nur minimal überspitzt dargestellt, ganz ohne Querelen & die anstrengenden surrealen Eskapen ihres Vaters. Da weiß jemand schon früh, in welche Richtung er nicht will.

Chained handelt von Tim/Rabbit, der als kleiner Junge nach einem Kinobesuch mit seiner Mutter von einem Taxifahrer/Serienkiller entführt wird. Er wird nicht nur direkt Zeuge wie seine Mutter vor seinen Augen umgebracht wird, wie der Entführer dies mit etlichen weiteren Frauen tut, Rabbit wird auch Jahre lang mehr oder weniger als Haustier in der abgelegenen Hütte des Killers gehalten.

Klingt nicht nur brutal & hart, ist es auch. Schon allein die Szene in der die Mutter außerhalb der Sicht ermordet wird ist niederschmetternd & zeigt die Richtung an. Was folgt ist ein toll gespielter Trip in den gestörten Kopf eines Serienmörders, der so etwas wie seinen Sohn, seinen Hund & seinen möglichen Nachfolger gleichzeitig aufzieht. Immer wieder Fluchtversuche, immer wieder Scheitern. Immer wieder bestialische Morde, immer mehr Verrohung, Abstumpfung, Entmenschlichung. Der Kleine tut einem leid & man gönnt ihm stellenweise eher den Tod als weiter dieses Martyrium. Apropo: von der Stimmung und der abstumpfen Gewalt erinnerte mich der Film etwas an Martyrs, wenn auch bei weitem nicht so zeigefreudig & visuell, sondern eher psychische Tiefschläge verteilend. Auch Züge vom Serienkiller-Klassiker Henry sind klar zu erkennen.

Negativ kann man den erzwungenen Twist am Ende, die abstumpfende, sich wiederholende Geschichte und die etwas langatmige Inszenierung vermerken. Richtige Langeweile kam bei mir auf Grund der Grausamkeit aber nie wirklich auf. Erst recht nicht wenn man die niedrigen Produktionskosten und Drehzeit mit einrechnet.

Fazit: auch wenn hier und da Sand im Getriebe hängt, kann einen dieser radikale Psychohorror auch lange nach dem Abstand noch verfolgen!

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