Review

Endlich mal wieder ein waschechter Lynch, - nämlich von Jennifer, der Tochter von David Lynch. Bisher wollte ihr der richtige Durchbruch noch nicht gelingen und auch mit vorliegendem Psychothriller dürfte es schwer werden, ein breit gefächertes Publikum zu überzeugen.

Bob (Vincent D'Onofrio) ist Taxifahrer und Serienkiller. Als er eines Tages den neunjährigen Tim und seine Mutter kidnappt, tötet er sie und behält Tim, den er jetzt Rabbit (Eamon Farren) nennt. Rabbit mutiert zum Haussklaven, der nun in Ketten dazu verdonnert wird, die Sudeleien von Bobs Taten zu säubern. Als junger Mann soll Rabbit so langsam in Bobs Fußstapfen treten, doch dieser scheint andere Pläne zu verfolgen…

Die Frage, ob ein Mensch zum Monster erziehbar ist, steht über dem Ganzen, welches über weite Teile wie ein Kammerspiel aufgezogen ist. Die ersten neun Jahre wuchs Tim in behüteten Verhältnissen auf und lernte alles, was für einen Neunjährigen vertretbar ist. Danach folgen rund zehn Jahre Martyrium, Studieren der menschlichen Anatomie aus Büchern, fast kein Sonnenlicht und die Konzentration auf nur eine Person, die dann auch mit komplett negativer Aura nicht viel Herzenswärme ins Leben bringt. Das erinnert frappierend an den berühmten Fall aus Österreich, kam leider auch andernorts schon in ähnlicher Weise vor.

Bedauerlicherweise wird aus dem vorhandenen Potential wenig gemacht. Die Kommunikation zwischen den Hauptfiguren ist dürftig, die Hintergründe Bobs in Form kurzer Flashbacks untermauern eher die Klischeeeigenschaften eines Serienkillers und während das latent devote Verhalten Rabbits fast schon ein wenig nervt, fehlt es vor allem an psychologischer Tiefe, denn eine Entwicklung beider Seiten offenbart sich nur äußerlich.

Erst als Rabbit in einem Jahrbuch sein „erstes Date“ herauspicken soll und kurz darauf mit Angie ein potentielles Opfer angeschleppt wird, nimmt die Geschichte ein wenig Fahrt auf und bringt Spannung ins Spiel, was zuvor schmerzlich vermisst wurde, da man von den Opfern kaum etwas mitbekommt und schlichtweg zu wenig Bewegung drin ist.
Das Ende wirkt demgegenüber reichlich erzwungen, als solle auf Biegen und Brechen noch ein Twist aufgefahren werden, doch der schleudert letztlich zu viele Ungereimtheiten ins Geschehen.

Schauspielerisch beweist Vincent D'Onofrio, dass er ein unterschätzter Mime mit erstaunlicher Wandelbarkeit ist, denn er verleiht seinem Bob die nötige Präsenz und Unberechenbarkeit.
Eamon Farren kommt dagegen nicht in Ansätzen an, obgleich auch er ein paar starke Momente aufzuweisen hat. Die wenigen Nebendarsteller performen immerhin grundsolide, so dass auf darstellerischer Ebene insgesamt ein ordentliches Niveau geboten wird.

Auch handwerklich ist wenig anzukreiden. Die Location des abgelegenen Hauses ist okay, die kurzen Stadtrundfahrten sind souverän eingefangen und vor allem wird die Tristesse im wenig einladenden Haus angemessen transportiert. Der zurückhaltende Score fügt sich gut in den ruhigen Grundton der Erzählung und muckt lediglich während einiger kurzer Temposzenen auf.

Doch so richtig mitreißend gestaltet sich das Treiben nicht, denn dafür ist der Handlungsablauf über weite Phasen zu einseitig gehalten, es mangelt an Charaktertiefen und mehr Härte sobald es ein wenig zur Sache geht. Darüber hinaus ist die Erzählung zeitweilig ein wenig zäh, es entstehen Längen und anstatt auf mehr Konfrontationen zu setzen, wiederholen sich einzelne Abläufe, die dem Ganzen irgendwann nichts Neues mehr hinzufügen. Schade, denn schon aufgrund eines groß aufspielenden D'Onofrio hätte man aus der Prämisse einen echten Reißer konzipieren können, doch am Ende bleibt es halbgarer Stoff, der die meisten seiner Möglichkeiten verspielt.
5 von 10

Details
Ähnliche Filme