Star Trek: The Motion Picture (1979, Robert Wise)
Es begann alles mit einer von Gene Roddenburry erdachten Fernsehserie in den 1960er-Jahren. Heute, fünfzig Jahre nach Ausstrahlung der ersten Folge, ist Star Trek ein popkulturelles Phänomen, das nicht weniger als 700 Fernsehepisoden und 13 Spielfilme umfasst, ganz zu schweigen von unzähligen lizenzierten Comics und Romanen, welche die utopische Science-Fiction-Mythologie noch weiter ausdehnen. Ironischerweise ist es aber wohl in nicht unerheblichem Masse dem Genre-Kollegen und zugleich grössten Konkurrenten Star Wars zu verdanken, dass die Trekkie-Saga es überhaupt so weit geschafft hat: Erst über ein Jahrzehnt nach der ursprünglichen Serie wurde Star Trek im Rahmen des von George Lucas‘ Jedi-Saga losgetretenen Weltraumhypes unter dem Titel Star Trek: The Motion Picture für die grosse Leinwand fortgesetzt und markierte damit den quintessentiellen Sprung von der TV-Show zum multimedialem Phänomen.
Um gleich mit Volldampf in das Rennen gegen Lucas‘ Sternenkriege starten zu können wurde der von Regisseur Robert Wise verwirklichte erste Star-Trek-Film mit dem damals geradezu monströsen Budget von 35 Millionen Dollar (nach manchen Quellen sogar über 40) ausgestattet, und das sieht man auch. Die Kulissen, Modelle und visuellen Effekte sind in ihrer Pracht und Prunk masslos spektakulär und zeigen - bis auf ein paar wenige verschmerzbare Ausnahmen - dem vermeintlichen Zahn der Zeit auch nach fast vierzig Jahren noch voller Stolz die lange Nase. Das zeigt sich besonders in den Szenen, in denen Wise die Präsentation des Alls in all seiner Unendlichkeit in den narrativen Fokus stellt und sein Film in bildgewaltigen, fast schon psychedelisch anmutenden Weltraumpanoramen schwelgen lässt. Solche Momente gibt es reichlich, was dem Konzept des Films absolut dienlich ist. Die Handlung ist nämlich massiv simplifiziert und beschränkt sich im Prinzip lediglich darauf dass die von Captain Kirk angeführte Enterprise-Crew ein rätselhaftes Energiefeld erkunden soll, dass sich unserem Sonnensystem nähert.
Damit ist die Idee, die das selbsternannte Motion Picture primär verfolgt, eigentlich schon klar umrissen. In diesem Film geht es gar nicht um eine wendungsreiche und ausgetüftelte Geschichte und schon gar nicht um Actionszenen. In erster Linie sind es das Erkunden des Fremdartigen und die Faszination für Weltraumreisen, die hier ins Zentrum gestellt werden. So gesehen ist es absolut stimmig, dass sich Wise viel Zeit nimmt für vergleichsweise ereignislose Abläufe, um das Sujet seine Wirkung in aller Ruhe entfalten zu lassen. Dabei wählt er einen passenderweise sehr ruhigen, in dieser Hinsicht fast schon statischen Stil der visuellen Inszenierung, der sich mehr über die Komposition der einzelnen Bilder und einfachste Bewegungsabläufe ausdrückt als über eine besonders ausgeklügelte Kameraführung. Die Reise zu den Sternen bekommt so im gewissen Sinne eine ganz eigene Dynamik verliehen. Letzten Endes steht das Energiefeld, welches Kirk und Konsorten unter die Lupe nehmen wollen, dabei auch vielmehr symbolisch für die Rätsel des Alls in ihrer Gesamtheit. Die Begegnung des Menschen mit diesem Element des Unbekannten erhält aufgrund der nahezu meditativen Narration und der richtigen Atmosphäre durch die üppige visuelle Ausschmückung eine stimmige Belebung. Jerry Goldsmiths Musik, die sich treffsicher zwischen majestätischen und prunkvollen sowie launigen und leichten Melodien bewegt, betont diese Erzählweise noch weiter und vereint sich mit der gewaltigen Bilderpracht, dass es einer audiovisuellen Oper gleichkommt.
Aber das All, das Objekt, reicht alleine nicht, um diese Idee vollkommen aufgehen zu lassen. Es bedarf dazu wie immer auch des Subjekts, des Menschen. Und auf diesem Gebiet lässt Wises Sternentrekking leider weitgehend zu wünschen übrig. Die Charaktere des Films, die sich eigentlich fast ausschliesslich aus der Mannschaft der Enterprise zusammensetzen, bleiben über weite Strecken absolut blass oder erfüllen lediglich Platzhalterrollen. Während das rangniedrigere Schiffspersonal in die zweite Kategorie fällt und überwiegend als Stichwortgeber oder Staffage verheizt wird bewegen sich die Hauptrollen rund um Kirk und Spock in ihrer Charakterisierung und Rollengestaltung lediglich an der Oberfläche. Was der erste Star-Trek-Film gebraucht hätte ist eine runde Ausgestaltung der menschlichen Perspektive als spannendes und einladendes Ensemble, um dieser Begegnung mit den Mysterien des Weltraums mehr Empathie und Tiefe zu verleihen. Dieser Mangel erscheint einem umso mehr als vertane Chance, wenn man bedenkt dass der Film seine Rollen aus einer früheren Fernsehserie übernimmt und man somit gewiss die etablierten Charakterzüge- und konstellationen gekannt hatte. Und genau darauf hätte Wise deutlich mehr zurückgreifen sollen und bestimmt auch können, um seine Figuren sowohl für Neueinsteiger als auch für Kenner der Vorläuferserie mit Leben zu füllen. Die Ansätze sind vorhanden, aber die erhoffte Tiefe und Chemie will sich einfach nicht sehen lassen. Einzige Figur die auf diesem Gebiet weitestgehend funktioniert ist der von Stephen Collins verkörperte Commander Decker, dessen impulsive und energiegeladene Art sowie der Konflikt zu seinem Vorgesetzten Captain Kirk sowohl darstellerisch als auch inszenatorisch solide herausgearbeitet sind.
Paramounts Sprung in diese grosse Welt des Science-Fiction-Kinos ist ein interessanter und angesichts seiner direkten Konkurrenz auch unkonventioneller Film geworden. Was Robert Wise hier geschaffen hat erinnert in seinem Grundgedanken und seinen Ansätzen als psychedelische Weltraumoper, die den Menschen auf einer wundersamen Entdeckungsreise mit dem Unbekannten kollidieren lässt, fast schon an Stanley Kubricks 2001, ohne dabei einen eigenen Stil zu vernachlässigen. Die Wirkung die der Film hat formt sich aus der fabelhaften Symbiose aus brillanten Effekten, verblüffenden Bildern und einem über alle Massen passenden Soundtrack. Das Ergebnis ist eine Reise, die einen auf eine sehr angenehme Art mitnimmt und berieselt. Aber eine wirklich faszinierende Tiefe bleibt dann leider doch meistens aus, nicht zuletzt da die Charaktere, an derer Seite die Reise angetreten werden soll, nicht so recht zu begeistern wissen. Was bleibt ist gelungenes und im Kern wahrhaftig vielversprechendes Kino, das aber noch viel Luft nach oben freihält. Aber zumindest in einem Punkt ist Star Trek: The Motion Picture ein unbestrittener Volltreffer: Der Sprung von der Kultserie zum Filmphänomen ist geschafft, der Weg für weitere Ausflüge in die Welt der Sternenreisen geebnet.
Wertung: 6,5 / 10