Hey, Oliver Stone hat mal wieder einen Film zustande gebracht, der es doch tatsächlich in die großen Kinos geschafft hat. Respekt. Ob man nun aber eher gespannt sein darf, wie verheerend das Desaster ausfällt, oder wie sehr die Ikone Stone weiter an seinem eigenen Gottimage sägt, steht nun zur Diskussion.
Die Story:
Ben (Aaron Taylor-Johnson) und Chon (Taylor Kitsch) sind zwei erfolgreiche kalifornische Hanfbauern – Nutzhanf? – Nö, das Zeug zum Kiffen –, die durch ihren Erfolg die Aufmerksamkeit der mexikanischen Mafia auf sich ziehen. Diese wollen an ihrem Geschäft teilhaben oder zumindest mitverdienen und entführen, um ihren Standpunkt deutlich zu unterstreichen, und da Ben und Chon den Deal eher ablehnen wollen, die hübsche O (Blake Lively), die zu beiden „Kush-Doktoren“ eine sexuelle Dreiecksbeziehung hält. Doch verhandelt ist nicht, denn mit den Mexikanern ist nicht gut Bohnen essen…
Ich für meinen Teil würde ja behaupten lange nichts Brauchbares mehr aus dem Hause Stone gesehen zu haben. Das WALL STREET-Sequel ließ mich kalt. WORLD TRADE CENTER mit Nic Cage in der Hauptrolle – also bitte! Der letzte wirklich gelungene, wirklich an den Eiern packende Oliver Stone-Film war meiner Meinung nach leider Gottes tatsächlich U-TURN und der ist mittlerweile leider Gottes schon wieder gut 15 Jahre her.
SAVAGES kommt auf den ersten Blick schon mal mit fetter Starbesetzung daher. Allerdings halten die Stars nicht, was sie versprechen: Selma Hayek (FROM DUSK TILL DAWN, DESPERADO) mimt die ausrangierte mexikanische Gangster-Bossin ganz ordentlich. Allerdings fällt ihre Rolle unglaubwürdig, ja beinahe lächerlich aus. Sie lässt die Geisel zu sich ins Bettchen hüpfen, tröstet sie, labert mit ihr über ihre Lieblings-Soap… - What The Fuck!? Sollte so etwas das Oberhaupt einer Mafia-Organisation agieren?
Ganz anders Benicio Del Toro (FEAR & LOATHING IN LAS VEGAS, WOLFMAN). Der fiese, versiffte Texmex-Gauner scheint ihm auf den Leib geschrieben zu sein.
Die schauspielerischen Leistungen von Taylor Kitsch (JOHN CARTER, X-MEN ORIGINS), Aaron Taylor-Johnson (er war KICK-ASS) und Blake Lively (die Tusse aus GOSSIP GIRL) kann man lassen. In der Rolle der geilen Braut, auf die alle stehen, hätte man sich unter Umständen wen anders besser vorstellen können. In einer Nebenrolle findet man noch John Travolta (PULP FICTION, FACE OFF) als abgeranzten Ex-FBI-Agent mit ordentlich Dreck am Stecken. Oh Mann, du warst doch mal so ein hübscher, schlanker Junge, Johnny.
SAVAGES enthält einige Oliver-Stone-typische Elemente, z.B. Zwischenschnitte von Schwarzweiß-Bildern, extreme Nahaufnahmen und sonstige Verzerrungs- und Verfremdungsspielereien, wie man sie aus NATURAL BORN KILLERS oder U-TURN kennt. Der Meister gibt sich ab und an, ganz vereinzelt also noch mal richtig bildgewandt, farbenfroh und technisch versiert. Die Story des Drogenthrillers, ihr Verlauf und ihre Ausartungen sind aber mal nicht so ganz der Bringer. Zunächst einmal agieren die mexikanischen Gangster allesamt viel zu lasch und undurchtrieben. Dem Ruf, die härtesten Gangs der Welt zu beherbergen, werden sie hier nicht gerecht. Okay, da wird mal einem Typen die Kniescheiben weggeschossen und einem anderen mit der Auslöschung der ganzen Familie gedroht, aber das ist doch Pippifax im Vergleich zu dem, was wirklich abläuft. Auch das die beiden Marihuana-Großverdiener wegen einer Tussi alles stehen und liegen lassen, ihre Fluchtpläne nach Indonesien hinschmeißen und alles dran setzen, sie die heiße Mieze aus den Klauen der Gangster zu befreien, ist irgendwie unglaubwürdig und kitschig. Als Beide dann beginnen gegen die Mexikaner zu ermitteln, FBI-Kunden (Travolta) erpressen und dann im Gegenzug versuchen die Tochter von Gangster-Bossin Hayek zu entführen, ergibt das ein Kuddelmuddel, das echt nur gedämpft Sehvergnügen bereitet.
Dem Film fehlt es an Action, an überzeugenden, authentischen Charakteren – da ist Del Toro der einzige –, an erzählerischer Finesse, an ausgebufften, kniffeligen Twists. Klar macht SAVAGES auch einiges richtig. Vielleicht sollte man den Film also nicht an den alten, großen Klassikern von Oliver Stone messen, sondern ihn als Schritt (zurück) in die richtige Richtung Stones betrachten.
Unterm Strich bleibt ein bisschen Bohnenfresser-Gangster-Getue, etwas blauer Marihuana-Dunst, Star-Schauspieler, die mal mehr, mal weniger brillieren, ein fraglicher Showdown und eine Story, die nicht so wirklich zünden will. Verglichen mit Drogen- / Gangsterthrillern wie BLOW, SMOKIN’ ACES, RUNNING SCARED, PUSHER, GOODFELLAS oder SCARFACE wirkt SAVAGES eher klein. Auch die im Film des Öfteren herangezogenen Ähnlichkeiten zu BUTCH CASSIDY & SUNDANCE KID (wegen der Konstellation „Zwei Männer, eine Frau“) kann der Streifen nicht gerecht werden.
Fazit:
SAVAGES ist kein wirklich schlechter Film. Hinsichtlich dessen, zu welch Größen Oliver Stone einst in der Lage war, enttäuscht er aber. Allerdings nicht nur hinsichtlich dessen.