Manch ein Kritiker hat ihn bereits als legitimen Nachfolger Stanley Kubricks bezeichnet, und tatsächlich scheint das nicht unbegründet: Der britische Regisseur Christopher Nolan versteht es wie kein anderer Filmemacher unserer Epoche, kommerziell erfolgreiches Mainstream-Kino mit hochintelligentem Kunstanspruch zu verbinden. Sein "Batman"-Reboot gilt als Meilenstein des Superheldenfilms, und mit dem abschließenden Teil dieser Trilogie, "The Dark Knight Rises", verleiht er seiner eigenen Interpretation des Batman-Mythos einen würdigen, bombastischen Abschluss.
"The Dark Knight Rises" ist in jeder Hinsicht riesiges Hollywood-Kino. Das beginnt mit der beeindruckenden Darstellerriege, die von Christian Bale als Batman und Michael Caine als Alfred bis zu Joseph Gordon-Levitt, Anne Hathaway und Gary Oldman reicht. Dieses Staraufgebot verleiht den Figuren durchgehende Präsenz und Glaubwürdigkeit, spielt intensiv und nie übertrieben ebenso ruhige, emotionale Passagen wie krachende Action-Szenen. Und beides kommt hier zahlreich vor: Mehr als die Hälfte dieses 165 Minuten langen Blockbusters bleiben Überfälle, Schießereien, Verfolgungsjagden und Kämpfe eher punktuell eingesetzt, konterkarieren die ausgedehnten Szenen, in denen sich die Figuren einander annähern oder entfremden, mit sich selbst und ihren Zweifeln ringen oder nicht wissen, wie sie fortfahren sollen. So lässt er Batman auch psychisch so tief stürzen wie nie zuvor und stellt mitunter den Sieg des Guten ernsthaft in Frage. Erst gegen Ende nimmt der Film durchgehend hohes Tempo an, bis schließlich der epochale Kampf von Gut gegen Böse in einem atemberaubenden, visuell überbordenden und actiongeladenen Finale gipfelt.
Dass es zwischendurch trotzdem nie langsamer oder gar langweilig wird, liegt neben den starken Darstellern und der komplexen Story auch an der fulminanten Schnitttechnik, die nie zu hektisch wird, aber stets hohes Tempo suggeriert, und dem furiosen Soundtrack von Hans Zimmer, der zwar in einzelnen Szenen etwas zu schmetternd wird, aber über weite Strecken durch den tollen Einsatz von Streichorchestern und Chorälen eine ganz eigene Spannung auf der Tonspur aufbaut. Verbunden mit den realistischsten Spezialeffekten, die das moderne Blockbuster-Kino zu bieten hat, dem charismatisch-beängstigenden Bösewicht Bane (Tom Hardy) und der wie nebenbei vielschichtigen Figurenzeichnung mit ihren dramatischen Verbindungen entsteht so ein durchgehend fesselnder Hollywood-Kracher, der bombastisches Action-Entertainment mit klugen psychologischen, gesellschaftsphilosophischen und moralischen Überlegungen vereint.
Diese inhaltliche Fülle erhebt wie schon in "The Dark Knight" den Film weit über das übliche Niveau von Superhelden-Reißern. Die Metropole Gotham sieht nicht zufällig wie New York aus und die Darstellung des Angriffs auf die Stadt durch Bane und seine Männer wirkt angesichts realen Terrors in der Welt wie ein Schlag in die Magengrube, wie der ultimative Terror-Albtraum. Virtuos spielt Drehbuchautor Nolan mit gesellschaftlichen Urängsten, bringt im letzten Drittel einen gewalttätigen Klassenkampf ins Spiel und entlarvt die heuchlerische Brutalität, mit der die unteren Schichten die Reichen beseitigen, als das, was sie ist: Gewaltherrschaft ersetzt Gewaltherrschaft, die Masse lässt sich lenken von Medien, Lügnern und Demagogen. Verführung des Volkes, blinden Gehorsam und Machtgier kreidet Nolan an, und stellt diesen menschlichen Schwächen die Stärke einzelner Helden entgegen. Immer wieder spielt er auch mit dem Motiv des Mythos und dessen Notwendigkeit für den Mut der Massen - religiöse Metaphern eingeschlossen. Diesen Wust an symbolischen und psychologisch komplexen Strängen zusammenzufassen, fällt ziemlich schwer, was aber für den Zuschauer nie überfordernd wirkt.
Das liegt unter anderem auch am großartigen Schnitt, der beispielsweise mehrere parallele Handlungen durch lange Parallelmontagen miteinander verbindet und so für Übersichtlichkeit, aber auch schweißtreibende Hochspannung sorgt. Und auch die Action wird nie bloßer Selbstzweck, sondern entwickelt sich glaubwürdig und trotzdem beeindruckend. "The Dark Knight Rises" ist phänomenales Hollywood-Kino, das beweist, dass modernes Action-Kino auch ohne endlose Effektorgien und Superzeitlupen auskommt. Nolans Abschluss-Film zum Thema Batman verlagert Action, Mythos und Heldentum in die reale, dreckige und brutale Welt - und verleiht ein kleines bisschen Hoffnung, dass es auch hier ein Happy End geben könnte. Kleine Unglaubwürdigkeiten und Klischees seien da verziehen. Ein großer Film von einem großen Filmemacher.