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Nach „The Dark Knight“ waren die Erwartungen an die Fortsetzung und gleichsamen Abschluss der Nolan-Batman-Trilogie immens, das Erbe kein leichtes.
Wie der Vorgänger beginnt „The Dark Kight Rises“ allerdings nicht mit dem Helden, sondern dem Schurken, dem Söldner Bane (Tom Hardy), der in der Auftaktsequenz einen Wissenschaftler kidnappt und zwecks Spurenverwischung ein Flugzeug abstürzen lässt. Derweil hat Bruce Wayne (Christian Bale) Batman mehr oder minder in den Ruhestand geschickt und vegetiert in seiner Villa, während der 8. Todestag Harvey Dents ansteht, der zu den Dent-Gesetzen und damit zur Zerschlagung des organisierten Verbrechens führte. Batmans Lüge hat Gotham neu aufgebaut, die Frage nach dem Sinn eines Helden in Friedenszeiten steht im Raum, während der Film trotz des Zeitsprungs das Ende von „The Dark Knight“ wieder aufnimmt.
Als Wayne während der Feierlichkeiten von der als Catwoman bekannten Diebin Selina Kyle (Anne Hathaway) um eine Perlenhalskette und seine Fingerabdrücke erleichtert wird, ist klar, dass Ärger ansteht. Wayne macht sich wieder fit und kann als Batman eingreifen, als Bane die Börse sabotiert. Der Bezug zur Wall Street ist gewollt und Bane entpuppt sich schon hier als lediglich vorgeblicher Revoluzzer, da die Attacke nicht die Börse stürzt, sondern Waynes Vermögen umverteilt, sodass er am Ende mittellos und nicht mehr Chef seiner Firma ist.

Doch das ist nur der erste Schlag: Bane riegelt die Stadt ab, gelangt in den Besitz einer Nuklearbombe und ruft die Revolution aus – und für Batman hat er ganz eigene Pläne, wie der dunkle Ritter beim Versuch den Schurken zu stoppen erfahren muss…
„The Dark Knight Rises“ trägt eindeutig die Handschrift seines Regisseurs und Drehbuchautors Christopher Nolans, ein wie ein Uhrwerk laufender, wenn auch emotional etwas kalter Blockbuster, der den denkenden Zuschauer anvisiert – im Gegensatz zu „The Dark Knight“ gibt sich der Film allerdings mehr Gravitas als tatsächlich in ihm steckt. In „The Dark Knight“ ging es Held vs. Schurken, aus den Konfrontationen ergaben sich Denkansätze und Diskurse, hier ist es andersrum: Bane benutzt Sozialkontexte und Occupy-Revolutions-Gebahren als Instrument, womit der Film sich tagesaktuell gibt, wenngleich wenig daraus gemacht wird. „The Dark Knight“ war tiefgründiger, „Batman Begins“ als Popcorn-Kino ehrlicher, doch immerhin ist „The Dark Knight Rises“ nicht einfach in seinen Lösungsansätzen: Der Film befürwortet die Revolution nicht, kann aber auch die etablierten Verhältnisse nicht gut heißen – und kann ebenso wie seine Figuren keinen Ausweg aus dem Dilemma finden. Exemplarisch wird dies an Catwoman und dem jungen Polizisten John Blake (Joseph Gordon-Levitt) dargestellt: Sowohl Revoluzzerin als auch Cop wenden sich von ihren Kursen ab. Die eine, weil sie die Schrecken der gewaltsamen Umverteilung des Reichtums sieht, der andere, weil er die durch Bürokratie und Hörigkeit angerichteten Katastrophen sieht (ehe er in „Dirty Harry“-Tradition seine Polizeimarke fortwirft).

Was nicht bedeutet, dass die durchaus innovative Revolutionsgeschichte nicht ihre Stärken hätte: Fassadenhafte Schnellgerichte, bei denen ausgerechnet der psychopathische Dr. Jonathan Crane (Cillian Murphy) alias Scarecrow den Vorsitz hat, die Isolierung der Stadt im Bürgerkriegszustand, die Menschen, die des (reichen) Menschen Wolf sind. Auch technisch kann sich der Film auf seinen epischen Score, wirksame Gänsehautmomente (Stichwort: brennendes Batsignal) und Nolans versierte Inszenierung verlassen. Auch das Zurückschrauben der Screentime alter Bekannter ist verzeihbar, da der verstärke Fokus auf die Figur Blake Batman aus einem anderen Winkel beleuchtet, dem eines „Fans“, der Batman eben nicht persönlich kannte – im Gegensatz zu Jim Gordon (Gary Oldman) oder Alfred (Michael Caine), die eben persönliche Verbündete sind.
Kritik muss sich „The Dark Knight Rises“ aber den bei den neuen zentralen Figuren gefallen lassen. Catwoman ist kaum mehr als eine normale Diebin, die Funken zwischen ihr und Batman sprühen erst spät und erst dann gewinnt die Figur an Reiz, so charmant ihre vorigen Gaunereien sind. Michelle Pfeiffer bleibt also die einzig wahre Catwoman. Das Hauptproblem ist jedoch Bane, dessen Plan ein simples Zerstören Gotham Citys mit etwas psychologischer Folter Batmans ist – sein Revolutionsansatz ist nur Fassade, wie man sofort erfährt, denn die Bombe, die er hat, wird innerhalb von fünf Monaten eh hochgehen – der Terrorist hat keine Tiefe und kaum ein gutes Motiv, was auch durch ein paar Twists bezüglich seiner Figur nicht besser wird.
Da hilft es auch nicht, dass Tom Hardys Mimik durch seine Gesichtsmaske verdeckt wird und seine Stimme verfremdet erschallt – letztlich kann der Mann sein Talent kaum ausspielen, ein beliebiger Wrestler hätte in der Rolle vermutlich das Gleiche erzielt. Ein überzeugender, aber nicht überragender Christian Bale schultert die Hauptrolle, eine souveräne Anne Hathaway und ein sympathischer Joseph Gordon-Levitt können punkten, während Gary Oldman, Michael Caine und Morgan Freeman trotz verminderter Screentime gewohnt gut sind. Marion Cotillard fällt dagegen etwas ab, während man sich über Nebenrollen und Gastauftritte von Cilian Murphy, Liam Neeson, Matthew Modine und Aiden Gillen freuen darf.

Action stand bei Nolans Batman-Filmen nie im Vordergrund. Sie ist da, sie hat Wucht, ist aber immer Teil der Handlung und selten exponiertes Set-Piece. Hier darf man sich über Straßenschlachten und Verfolgungsjagden in Gotham City freuen, als neues Spielzeug kommt ein neues Fluggerät, einfach nur The Bat genannt, zum Einsatz. Leider fehlt dem Film ein großes Highlight wie Verfolgungsjagd aus „The Dark Knight“. Etwas eigenwillig mag es auch erscheinen, dass der Bösewicht (wie schon seine Vorgänger) über Leichen geht, Batman seine Feinde aber nur betäubt – was sich aber als Konsequenz aus dem Dent-Vorfall erklären lässt, denn seine vorher viel thematisierte Vigilante-Attitüde hat der dunkle Ritter abgelegt.
Insofern zeigt Nolans Trilogie eine Entwicklung des Helden, was sich auch daran zeigt, dass „The Dark Knight Rises“ nicht nur zu seinem direkten Vorgänger, sondern auch zu „Batman Begins“ Brücken baut, nicht zuletzt bei der Hintergrundgeschichte Banes – die leider erst im letzten Drittel erforscht wird, was schade ist. Denn wo der Bösewicht in der Gegenwart wenig ausgearbeitet ist, da zeigt sich das Potential in seiner Vergangenheit (u.a. seine Verbindung zur League of Shadows), auch wenn einer der letzten Plottwists seine Position etwas schmälert. Doch gegen Ende läuft „The Dark Knight Rises“ zu Hochtouren auf, wenn Nolan die aus den Comics bekannte Knightfall-Reihe aufgreift, wobei er die Geschichte natürlich abändern muss – ein Batman, dem Bane erst das Rückgrat bricht, der danach aber wiederkommt, das harmoniert nicht mit seinem Realismuskonzept.
Auch das Ende des Films entpuppt sich als klarer Abschluss der Trilogie, beendet Nolans Batman-Ära, wenn auch ein Hintertürchen für weitere Filme offenbleibt, sollte man sich doch nicht nur für den Reboot im Hause Warner entscheiden. Das starke letzte Drittel wird dann auch nur geringfügig von einer dämlichen Unglaubwürdigkeit geprägt: *SPOILER* Ab dem Zeigen ihrer Narbe ist jedem Zuschauer klar, dass Miranda Tate (Marion Cotillard) zur League of Shadows gehört, was Wayne, der ja noch demonstrativ über jene Narbe streicht, postkoital angeblich nicht mitkriegt. Dass aber alle aus der Truppe um Gordon und Batman trotz des Wissens um einen Verräter in den eigenen Reihen später weitermachen wie bisher, nie jemanden verdächtigen, vor allem nicht die unbekannte Frau zwischen all den Cops, die sich persönlich kennen, das ist schon etwas blöd. *SPOILER ENDE*

Trotz einiger Kritikpunkte, vor allem was die suboptimale Ausnutzung der Figuren Bane und Catowman angeht, ist dies Meckern auf hohem Niveau, denn „The Dark Knight Rises“ kann seine Lauflänge von zweieinhalb Stunden mit reichlich Kurzweil anfüllen, ist handwerklich erste Sahne und ist mehr als nur ein x-beliebiges Popcorn-Spektakel. Als Follow-Up zu „The Dark Knight“ und Abschluss der Nolan-Trilogie um den dunklen Ritter hätte man sich allerdings schon etwas mehr erhofft.

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