Review

The Dark Knight Blows It

ACHTUNG Spoiler!

Unter dem Eindruck des Massakers, das während der Preview in den USA begangen wurde, hat ein Teil der Kritik, darunter seriöse Medien wie die «Süddeutsche», den Fehler begangen, diesem neuen Batman-Film eine Bedeutung und Tiefe zuzuschreiben, die dieser eben so wenig einlösen kann, wie die - nach einem höchst gelungenen zweiten Teil - übersteigerten Erwartungen der Fans.

«The Dark Knight Rises» weist gleich eine ganze Reihe von Schwächen auf, die ihn deutlich hinter seinem Vorgänger zurückbleiben lassen. Einer dieser Makel betrifft seine zum Teil schwerwiegenden Logik-Löcher. Man kann sich an dieser Stelle mit zweien begnügen. Das erste betrifft den dunklen Ritter selbst. Dieser ist in schlechter Verfassung und läuft in der ersten halben Stunde als Vorruheständler mit Krücke durch die Gegend. Ein Arzt erklärt, dass es in seinen Gelenken massiv an Knorpel mangelt. Dennoch wird er im Verlauf des Streifens wieder recht kregel. Dass ihm Bane während der ersten Konfrontation der beiden ordentlich das Rückgrad anknackst, kann ihn denn auch nur temporär zurückwerfen, er ist eben Batman. Alles renkt sich wieder ein und zuletzt verprügelt er den Muskel-Berg Bane sogar recht formidabel.

Noch schlimmer wirds bei Bane. Was will der eigentlich? Erst sieht es nach einem gesellschaftskritischen Ansatz aus. Das Proletariat soll offensichtlich befreit werden und die Elite soll mal einen auf den Sack kriegen. Gute Idee! Allerdings sinnlos, wenn der befreite Pöbel nach erfolgter Revolution ohnehin von einer Neutronenbombe mitsamt der Stadt Gotham in die Luft gejagt werden soll. Bane ist also, gelinde gesagt, ein wenig unschlüssig ob er den Sozialkritiker und Aufrührer geben möchte, oder dann doch lieber gleich den Massenmörder. Er entpuppt sich zudem zu allem Überfluss am Ende als willfähriger Erfüllungsgehilfe der Tochter Ras Al Ghuls.

Das wäre an sich alles nicht mal so wild. Es handelt sich um eine Comic-Verfilmung. Logik und zwingender Realismus werden da nicht vorausgesetzt. Das beißt sich allerdings ziemlich mit dem Inszenierungsstil und Anspruch Nolans, der Gotham City, im Gegensatz zu Tim Burton (der seinen Held durch eine Comic-Welt laufen lässt, die dem deutschen Expressionismus der 20er entlehnt ist), als einen Teil unserer reellen Welt inszeniert und einen Ort zeigt, anhand dessen unsere gegenwärtige post-9/11-Realität hinsichtlich des politischen und gesellschaftlichen Status Quo reflektiert werden soll. Das Nolan`sche Gotham City in dem Batman sein Unwesen treibt, sieht nach New York und Chicago aus - da wurden die Filme auch gedreht. Es wird eben gerade nicht als die Phantasy-Welt gezeigt, die es dann auf der anderen Seite wieder sehr deutlich ist, wenn eine «Gesellschaft der Schatten», ein irrer Clown, ein Muskelberg mit Hannibal-Lecter-Maske oder auch ein unkaputtbarer Batman hier ihr Spielfeld finden.

Unausgegoren und vage bleibt es auch hinsichtlich der Stoßrichtung des Films und das gleich in mehrerlei Hinsicht. Bane verwandelt Gotham City in eine Art abgeriegelten Rechtsbereich, ähnlich dem New York in John Carpenters «Klapperschlange». Die Abrechnung mit der herrschenden Schicht fällt weitgehend aus, stattdessen belustigt man sich im Stile der französischen Revolution mit Schnellgerichten, die ihre Urteile völlig willkürlich und in erster Linie zur Belustigung der Bane-Clique fällen. Der Anschlag auf die Börse dient indes lediglich der finanziellen Schwächung Bruce Waynes. Hier wird nicht wirklich das Problem der heutigen Finanzmärkte reflektiert, wie einige Masterminds der Filmkritiker-Zunft behaupten, die sich darauf verlassen, dass in der Postmoderne ohnehin alles mit allem in begründeten Bezug zu setzen ist.

Eine verschenkte Möglichkeit findet sich auch in der Charakterisierung Batmans und des gesamten Rechtsapparats. Dank des Dent-Gesetzes werden die Kriminellen ohne bürokratischen Aufwand von der Straße geschafft. Das ist nichts weiter als ein Polizei-Staat. Es ist ärgerlich, dass Bane und auch Catwoman zu Anfang gegen diese Zustände aufzubegehren scheinen, um, zumindest im Falle Banes, am Ende doch nur, einer Marionette gleich, zum  Vollstrecker der wirren Auslöschungsgelüste des Oberbösewichts aus dem ersten Batman-Teil zu werden. Batman wiederum ist als Diener eines solchen Systems als ein unreflektierter Vollstrecker faschistoider Politik zu sehen, die reichlich unvereinbar erscheint mit den Werten westlicher Demokratien. Überhaupt ist ja auch das Motiv der Rache, das Batman letztlich treibt, ein äußerst zweifelhaftes. Man kann nur zur Lektüre des Frank Miller`schen Batman-Comics «The Dark Knight Returns» raten, der diese Stoßrichtung konsequent verfolgt. Immerhin zeigt Nolan, dass Bruce Wayne abseits der Aufarbeitung seines Kindheitstraumas und seiner Kämpfe gegen «das Böse», was auch immer das konkret heißen soll, überhaupt keinen Fuß fassen kann in einer Welt, die ihn in der Funktion des Verbrechensbekämpfers nicht mehr braucht. 

Das größte Problem, das dem Film jedoch final sein Rückgrat anknackst, ist dessen mangelhafte Dramaturgie. Es fehlt dem Film, der zu allem Überfluss zu lang geraten ist und zu viele Charaktere präsentiert, an gesundem Drive. Nichts steuert in dieser Materialschlacht auf einen zwingenden Höhepunkt hin. Es rummst mitunter ganz ordentlich. Das ist auch nett anzusehen, Spannung mag allerdings nicht so recht aufkommen. Batman selbst ist indes völlig unterrepräsentiert, er kommt auf ganze drei Auftritte. Sein finaler findet dann auch noch am helllichten Tagstatt und da passt Batman ebenso wenig hin wie eine Fledermaus. Nach Besichtigung dieses Films wird einmal mehr deutlich, wie stark der letzte Batman-Film von der Figur des Jokers getragen wurde. 

So erscheint es als konsequent, wenn Batman am Ende dieses Films zu Grabe getragen wird. Die Batman-Statue, die man zum Schluss zu seinem Gedenken im Rathaus Gothams aufstellt, ist ein echter Lacher, aber das scheint ernst gemeint zu sein. Allzu lange wird man sich daran nicht stören müssen, denn der Zustand der letal-bedingten Nichtexistenz wird nur von kurzer Dauer sein. Wo die Dollars locken, wird der Dark Knight sicher bald wieder «risen». Vielleicht hat man dann sogar die Chuzpe, das ganze frank und frei «The Dark Knight Reboots» zu nennen.


Linus Wörffel         

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