Review

England im 14.Jahrhundert: Ein flüchtiger Priester schließt sich einer Gruppe Theater-Reisender an. Als sie in einer kleinen Stadt ankommen, wird gerade eine Frau wegen Hexerei und Mord zum Tode verurteilt. Die Gruppe entscheidet sich, statt der üblichen Bibel-Geschichten, das Verbrechen nachzuspielen und entdeckt dabei, dass die Bevölkerung der Stadt genau Bescheid weiß, dass die beschuldigte Frau das Verbrechen gar nicht verübt hat...

Vorneweg, The Reckoning von Paul McGuigan (Gangster No1, Sehnsüchtig) ist ein zweischneidiges Schwert.
Der Regisseur lässt den Film sehr ruhig und gelassen in wunderschönen Landschaftsaufnahmen beginnen. Bis zur Ankunft des Dorfes werden die Charaktere der Schauspieler eingeführt, aber das jedoch arg knapp und so bleiben die meisten undurchschaubar und austauschbar. William Dafoe passt in dieses Setting (und das Kostüm) wie die Faust auf´s Auge und sticht zusammen mit Brian Cox etwas hervor. Paul Bettany spielt anfangs etwas weinerlich, jedoch soll sich das im Laufe der 105 Minuten Spielzeit zweimal ändern. Nach der Ankunft im Dorf verfolgt man die Verurteilung der Mörderin, und nach der Übernachtung wird ein Stück aus der Bibel gespielt, wie es so in dieser Zeit wohl üblich war. Bis dahin ist das erste Drittel des Filmes vorbei, interessant dabei sind wohl nur die Landschaftsaufnahmen, Kameraspielchen und wie in der damaligen Zeit Theater gespielt wurde. Vorallem der überdurchschnittlich gute Score rettet durchgehend über manch lahme Szene hinweg. Aufmerksam wird man dann einigermaßen als die Gaukler-Truppe den Mord an dem Jungen nachspielen will und sich durch die Dorfbevölkerung fragt. Aber dabei stoßen sie mehr auf Verschwiegenheit und Ablehnung als auf Antworten. Es folgt die wohl stärkste Szene des ganzen Filmes, als William Dafoe ins Verließ zur vermeintlichen Mörderin runtersteigt und von ihr Antworten für ihre Tat haben will. Genial und sehr emotional gespielt, da die unschuldige Frau taubstumm ist, dafür aber Lippen lesen kann und man sich auf diese Art und Weise verständigt. Man schließt sie für diese Szene direkt ins Herz. Paul Bettany schenkt ihr Glauben, wogegen Dafoe skeptisch ist und sie anfangs als Mörderin in seinem Stück aufführt.

Naja, The Reckoning entwickelt sich nach und nach mehr zum Krimi, Spannung kommt auf, aber leider wirkt alles zu konstruiert und an den Haaren herbeigezogen, kontinuierlich ansteigend dem Showdown entgegen.

Was mir wirklich auf den Sack ging ist die Rolle von Paul Bettany als Mönch, der sein Keuchheitsgelübte brach. Anfangs weinerlich und glaubhaft (er ist eben ein Diener Gottes) und im späteren Verlauf immer mehr zum Übermensch "Arnie" entwickelnd. Nur getrieben im Sinne der Moral und Gerechtigkeit wegen halte ich für übertrieben.

Auch der Showdown ist ein Witz. Nicht nur, wie es dazu kommt (Z.B. Wo sind denn die Wachen, bzw die Macht des Bösen ?) ist hirnrissig, sondern erinnert stark an die üble Gurke Six: Fortress Deadzone, der das Gut Film als Verbreitung des Glaubens missbraucht hat. OK, in dieser Zeit war es so, aber es wurde etwas zuviel Bibel-Power aufgetragen und gerade am Ende ist das doch ein wenig zu viel des Guten und enttäuschend.

Was auch sehr auffallend ist, ist die Tatsache, dass viele wichtige Charaktere des Films erst vorgestellt werden, wenn sie wirklich wichtig für den Plot werden, ja, man hat das Gefühl, dass das genau die Leute sind die man die ganze Zeit erwartet und vermisst hat, und man bei der Einführung von ihnen wie nackt vor dem Film steht und gar nicht weiß, wo man sie einordnen soll. Z.B. der tatsächliche Mörder wird gerade einmal 3 Minuten vor seiner Entlarvung nur mit eine Nahaufnahme seiner ekligen Visage vorgestellt. Das ist natürlich übel, da der Film arg in die Länge gezogen rüberkommt und trotzdem wichtige Sachen fehlen.

Fazit:

The Reckoning bietet einen mäßig spannenden Film in schönen Landschaftsaufnahmen, mit einer, trotz des geringen Budgets, tollen Kulisse und einem guten Score. Die Schauspieler sind akzeptabel, das Skript ganz interessant, jedoch wirkt in der zweiten Hälfte alles zuviel an den Haaren herbeigezogen und viele Charakter werden wenig bis überhaupt nicht vorgestellt, was mehr als ärgerlich ist. Vorallem der Score und die Casting-Crew retten ihn imho vor dem Absturz.
The Reckoning wird schon seine Fans finden, aber für die breite Masse ist er absolut nicht tauglich. Ich bin so ein Mittelding. Mehr als ihn einmal gesehen haben muss ich nicht. Dafür ärgere ich mich zu sehr über die zweite Hälfte.

4/10

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