Bereits 1998 erregte Ben Ramsey mit seinem Skript zu Kirk Wongs überdrehten, actionreichem U.S. – Debüt „The Big Hit“ Aufmerksamkeit, dennoch war es danach lange ruhig um ihn. Mit seiner Satire „Love and a Bullet“ kehrte er 2002 wieder zurück, inszenierte sein eigenes Drehbuch dieses Mal selbst, konnte den Erfolg aber nicht wiederholen, was eigentlich schade ist, denn sein zweiter Strich kann allein aus Budgetgründen nicht mehr die rasant-witzigen Actionszenen des inoffiziellen Vorgängers bieten, ist dafür aber eine sehr gekonnte Abrechnung mit allen Klischees, die Hollywood uns in den letzten Jahren auftischte, wenn schwarzhäutige Gangstern Knarren in die Hand gedrückt wurden.
„Love and a Bullet“ ist, wie man schnell vermuten kann, wenn man nicht genauer hinschaut nicht der x-te Film über enorm coole, Hiphop-Gangster, sondern eine überaus genüssliche, reflektierende Parodie auf diese Modeerscheinung.
Ben Ramsey setzt die Klischees großflächig ein, treibt sie auf die Spitze, erzielt so den gewünschten Effekt der Parodie und fokussiert seine Ideen auf den sich selbst für den größten haltenden Profi-Killer Malik Bishop (Musiker Anthony „Treach“ Criss, „Today You Die“, „Feast“), der diesen Film rückblickend erzählt. Wer will, kann dies hier auch als Gegenstück zu Luc Bessons „Léon“ sehen.
Maliks Werdegang, geprägt von Naivität und für Professionalität gehaltener Selbstüberschätzung, nimmt das erste Drittel des Films ein uns ist damit auch das Beste. „Love and a Bullet“ wird danach nicht schlechter, aber sein Einfallsreichtum wird weniger. Mit einem psychologischem Knacks aufgewachsen (sein Vater erschoss seine Mutter und dann sich selbst) und deswegen wohl auch nicht mit gesundem Menschenverstand ausgestattet, will der begriffsstutzige Malik nur eins werden: Killer
Darauf trainiert er, darauf arbeitet er hin und diesen Beruf will er möglichst perfektionieren. Deswegen heuert er zunächst bei einem kleinen Gangster an und arbeitet sich nach oben. Seine Ansichten, die meist eine Abrechnung mit gängigen Klischees darstellen und unter anderem in einer witzigen Sequenz den Schusswaffengebrauch im Gangster-Style (Waffen quer halten und mit den Armen fuchteln, Malik nennt das den „Harmlose-Angeber-Kinder“-Stil) aufs Korn nehmen, sind etwas weltfremd und seine Reaktionen manchmal eigenartig, aber er macht seinen Job gut, bis er eines Tages den falschen Drogendealer, ein Geschäftspartner seines Arbeitgebers, abknallt, weil der nicht seinen prinzipiellen Auffassungen von Ehre und Zuverlässigkeit entsprach.
Der Syndikatsboss Damien Wiles (Charles Guardino) lässt ihn allerdings nicht abknallen, sondern sieht in ihm ein Talent, so dass er Malick anbietet, für ihn zu arbeiten. Gesagt getan, schon wird Malick in allen Feinheiten eines Profikillers unterrichtet und kann sich auf ein luxuriöses Leben freuen, in dem es ihm an nichts mangelt. Das Einzige was er tun muss, ist eben ab und an jemanden umbringen. Aber so einfach ist das nicht, denn er gehört nun Wiles und ein Ausstieg kommt nicht mehr in Frage. Selbst aus Liebe nicht...
Ben Ramseys Ideenpool sprudelt bis zum Schluss nahezu über, auch wenn das Niveau später etwas verflacht. Die Gedankengänge des erzählenden Malick sind pointiert und mit Wortwitz durchgewürzt, die noch einmal in bestimmte Bereich unterteilten Kollegen haben alle ihre Macke (die Bitches...) weg und das Geschäft des Tötens inklusive Leichenbeseitigung wird insbesondere von Buddy (ein toller Sam Scarber, „Shocker“) mehrmals ehrlich hinterfragt, um Malick die Illusionen dieses Jobs mit all seinen philosophischen Grundsätzen zu nehmen. Es ist keine Kunst, sondern ein Job...
Dezente Einflüsse Quentin Tarantinos, dem dieser Film mit Sicherheit auch Spaß machen würde, sind vorhanden (u.a. die Strukturierung des Geschehens), ein Plagiat wurde hier allerdings nicht erstellt. Die nebenbei einfließenden Hommagen (u.a. „Unforgiven“, „The Pelican Brief“) reichen von eher peinlich bis auf den Punkt gebrachte Tatsachen, die so aber auch noch kein Mensch außer eben Ramsey gesehen hat, der nebenbei von Wesley Snipes bis Denzel Washington einige, erfolgreiche, schwarze Darsteller zitiert und zudem gern ganz besonders Yaphet Kotto („Live and Let Die“, „Alien“) huldigt.
Technisch up to date ist diese Produktion dazu, weswegen sie ihre Chance im Kino eigentlich verdient gehabt hätte. In seinen ganz flotten 77 Minuten kann sich Ramsey zudem auch gar nicht verzetteln, wobei während Malicks romantischen Kontakt mit den Frauen (zwei wunderhübsche dazu: Kent Masters King und Shireen Crutchfield) ihm nicht mehr ganz so viel einfällt und er sich mehr auf konventionellen Pfaden bewegt. Doch dies soll so schrecklich lange nicht dauern.
Das Ende ist dann, wie erwartet, ein over the top Shootout, in dem eine ganze Armada seiner Kollegen die bereits mit Waffen präparierte Wohnung des letztlich ausstiegswilligen, von Gewissensbissen geplagten Killers erstürmt, worauf er sie mit geboten lässiger Professionalität, teilweise ohne auch nur Hinzuschauen, nach allen Regeln der Kunst erschießt und sich die Freiheit erkämpft. Akrobatische Einlagen, wie das Schießen im Handstand oder das Abschießen von Körperteilen per Schrotflinte, sind im Sinne des Films freilich übertriebene Aktionen, die ganz getrost dem Parodie-Effekt zugeschrieben werden können.
Auch in Anbetracht seines mangelhaften Bekanntheitsgrads muss ich deswegen für „Love and a Bullet“ eine Lanze brechen. Die ewigen Klischees rund um zu weite Klamotten tragenden, zu coole mit Goldkettchen behängte, im Slang redende Afroamerikaner (Ich tue mich mit dem abwertend klingenden Wort Neger ein wenig schwer *gg*) werden von Ben Ramsey prächtig durch den Kakao gezogen und gleichzeitig dazu benutzt, einen stylish inszenierte, größtenteils kurzweilige Actionkomödie am Leben zu erhalten. Seine Abrechnung mit dem gern glorifizierten Beruf des Profikillers geriet zu einer einfallsreichen, stimmigen Angelegenheit, die eigentlich mehr Aufmerksamkeit erfahren müsste.
Neben ungewöhnlichen, optischen Ideen (der Einsatz des Camcorders bei Buddys rabiatem Einsatz), einem gelungenen, gar nicht mal nervigen Soundtrack und Criss, der seinen Job sehr solide macht, bleiben noch etliche mit Wortwitz versetzten Dialoge, cholerisch verlogene Appelle (die Rede des sich angeblich nach der Lehre von Martin Luther King richtenden Damien ist so ein Fall) und eine kompetent inszenierte Portion Action übrig.
Fazit:
Enorm kurzweilige, nie alberne Parodie auf alles, was schwarzhäutig ist, mit Knarren hantiert und glaubt ein cooler Killer zu sein. Logikpatzer und Plotholes dürfen in diesem Kontext nicht stören. Ben Ramseys „Love and a Bullet“ ist ein intelligent geschriebener und souverän wie schick inszenierter Geheimtipp, der weit mehr ist, als es auf den ersten Blick vielleicht scheint. Mit 77 Minuten zudem enorm kurzweilig und ohne Dehneffekt, kann ich diesen Filmspaß nur empfehlen.