Da ist sie also, Marvels erste All-Star-Veranstaltung in ihrem Cinematic Universe. Nach den Soloauftritten in den vorangegangenen Jahren war die Zusammenführung natürlich unvermeidlich und so ließ man Joss Whedon dieses fast zweieinhalbstündige Comicheldenepos zusammenzimmern. Wobei bei solch einer Menge an Hauptfiguren natürlich die Gefahr besteht, das in einen unübersichtlichen Wust ausarten zu lassen.
Doch gleich vorab: Entwarnung. Das Potential, das die Zusammenführung der Helden birgt, ist groß und wird effektvoll und unterhaltsam ausgenutzt. Whedon hält gekonnt die Balance zwischen Ernst und Humor, sogar ein paar richtige Lacher haben es in den Film geschafft. Dabei speist sich der Humor aus verschiedensten Quellen, was das Ganze umso runder wirken lässt.
Auch gibt man jedem Charakter ausreichend Raum in der Geschichte. Dabei profitiert man natürlich davon, dass die meisten Charaktere schon in ihren Solofilmen vorgestellt wurden und man sich hier daher auf Feintuning konzentrieren kann und ihnen hier und da mehr Schliff gibt. Manchen war das bisher nicht beschieden, aber auch Black Widow und Hawkeye kommen hier so zum Zug, dass sie nicht wie bloßes Beiwerk wirken.
Die Teamchemie stimmt, auch wenn sich die Truppe natürlich erst zusammenraufen muss. Das kennt man quasi aus jedem Buddymovie. Dass das hier so gut funktioniert, liegt nicht nur am spielfreudigen Cast. Auch das Tempo ist hoch, der eingestreute Witz funktioniert und es braucht eben keine Einarbeitungszeit. Auffallend auch schon hier, wie gegensätzliche Sichtweisen aufeinandertreffen, insbesondere zwischen Cap und Stark, was im Verlauf der Reihe noch eine entscheidende Rolle spielt.
Die bekannten Darsteller spielen Ihre Alter Egos mit sichtlichem Spaß. Zu Iron Man (Robert Downey Jr.) gesellen sich der etwas gestrige Captain America (Chris Evans), Thor (Chris Hemsworth), Bruce Banner (Mark Ruffalo), Black Widow (Scarlett Johansson) und Hawkeye (Jeremy Renner). Wobei Letzterer einfach keine Charismabombe ist.
Zusammengetrommelt wird die Patchwork-Heldentruppe von Samuel L. Jackson, der als Nick Fury allein schon durch seine Präsenz punktet, aber auch immer einen misstrauischen Eindruck hinterlässt. Positiv hervorheben muss man ebenfalls Tom Hiddleston in der Rolle des Loki, der dem Bösewicht die nötige Ausstrahlung verleiht und kein Schurke von der Stange ist, wie man ihn in Comicverfilmungen leider zu oft erlebt. Anders sieht es da bei der Alienhorde aus, die einfach nur charakterloses Kanonenfutter ist.
Nebencharaktere wie Pepper (Gwyneth Paltrow) oder Maria Hill (Cobie Smulders) wirken da in dieser Ansammlung schon fast verheizt. Leider verlässt auch eine liebgewonnene Nebenfigur die Bühne, was tatsächlich emotional packen kann. Und Stan Lee scheint gerne Schach zu spielen.
Abgesehen von ein paar ruhigeren Momenten legt der Film ein ordentliches Tempo vor. In "Avengers" wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Die FX-Abteilung hat erwartungsgemäß alle Hände voll tun und darf sich beruhigt mit diesen auf die Schulter klopfen. Zeitweise brennt "The Avengers" ein Feuerwerk ab, wie man es selten sieht. Seien es epische Schlachtgetümmel, ein auf alles eindreschender Hulk oder überhaupt der komplette Showdown. Letzterer bietet so manche beeindruckend komponierte Sequenz und das ohne Ermüdungserscheinungen über die doch stattliche Länge. Eingefangen wird das in Hochglanzoptik, untermalt von Alan Silvestris gelungenem Soundtrack. Sein Avengers-Theme dürfte sich inzwischen jedem Fan in den Gehörgang gebrannt haben.
Nichts zu kritisieren? Nun, doch. In dem Bewusstsein, hier kein Werk wie Snyders „Watchmen“ vor sich zu haben, fühlt sich das Schlachtengetümmel in einer Hinsicht blutleer an. Viel Zerstörung, aber scheinbar ohne menschliche Kollateralschäden, was nicht so recht zu dem konstruierten Bedrohungsszenario passen will. So richtig chic sieht Caps Klamotte hier auch nicht aus. Und wenn das auch nur persönliche Vorliebe ist, das geänderte Bildformat nimmt dem Ganzen einen Tick Epik.
Meckern auf hohem Niveau. Denn "The Avengers" macht zu viel richtig, als dass man sich ernsthaft daran stören sollte. Der Film ist eine Achterbahnfahrt allererster Kajüte und so sollte man ihn auch erleben. Sehr unterhaltsame 142 Minuten, die wie im Flug vergehen und die bisherigen Einzelfilme in die Tasche stecken. Manchmal ist etwas eben doch größer als die Summe seiner Einzelteile.