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Hach, mal wieder ein Remake aus Hollywood – diesmal allerdings eins der besseren Sorte. Unter der Regie vom noch recht unerfahrenen Doug Liman („Go“) avanciert „The Bourne Identity“ zu einem temporeichen Thriller, der nur ein Problem hat. Für sich allein stehendend macht er nicht richtig satt. Vielleicht wird die Fortsetzung „The Bourne Supremacy“ da demnächst Abhilfe schaffen können.

Liman inszeniert seinen Agenten Jason Bourne (Matt Damon, „The Talented Mr. Ripley“, „Good Will Hunting") genau so, wie die “Bond” – Filme von heute eigentlich aussehen sollten: Bodenständig, spannend, temporeich und mit einer Prise handgemachter Action. CGI-Tricks konnte ich hier jedenfalls keine ausmachen. Dank des europäischen Winters, der optisch wie atmosphärisch in seiner Kälte und Unwirtlichkeit Abwechslung in den Agententhriller bringt, ist zudem für ein leichtes Frösteln beim Zuschauer gesorgt. Das Thema ist nicht neu, fußt in diesem Fall aber auf einer Romanvorlage, spielt mal nicht in Amerika und sieht deshalb ganz anders als gewohnt aus.

Von Anfang an sind wir genau so schlau wie Jason Bourne selbst. Nachdem er mit drei Löchern im Rücken und Amnesie aus dem Meer gefischt worden ist, sucht er nach seiner Identität. Das Finden der Wahrheit soll sich als schwierig gestalten, denn bald hängt ihm eine ganze CIA-Abteilung am Hacken und das ist für sorgfältige Recherchen nicht gerade förderlich. Vielleicht liegt es an dem Druck und der Hektik unter der sich Bourne stets befindet, aber als Zuschauer hat man seine Herkunft recht früh geklärt, ohne dabei groß ins Grübeln zu kommen. Bourne himself benötigt derweil jedoch den ganzen Film dafür.

Zu Staunen gibt es dann regelmäßig etwas, wenn Jason mal wieder Talente nutzt, von denen er selbst gar nichts weiß. Insbesondere seine Martial-Arts-Fähigkeiten (wirklich klasse choreographiert) und die wohl beste Autoverfolgungsjagd seit „Ronin“ seien da als Highlights genannt. Beeindruckend was ein noch so unbeschriebenes Blatt wie Liman da für ansprechende Actionkost hinzaubert.

Dennoch wird man während der knapp 110 Minuten nie das Gefühl los nur ein Teil des Ganzen zu sehen zu bekommen. Es gibt zwar einen politisch motivierten Subplot, doch der dient nur als Auslöser für Bournes später zurückkehrende Erinnerungen. Jason und seine in Geldnöten steckende Freundin Marie Kreutz (Franka Potente, „Anatomie“, „Lola rennt“) bleiben zu profillos, als dass sie Charaktere werden, mit denen man sich identifizieren kann. Maries Background spart man sich völlig aus, Jason versucht man, in dem man ihn überraschend mit seinen antrainierten Fähigkeiten konfrontiert, zumindest etwas Zeit zu widmen. Insgesamt bleibt er dabei allerdings auch nur der x-te Agent. Hier nur außergewöhnlich wegen seiner Gedächtnisprobleme.

So eindimensional die Jagd quer durch Europa nach Informationen auch bleibt, spannend, abwechslungsreich und kernig ist sie allemal. Liman hält das Tempo hoch, hält den Spannungsbogen gespannt und lässt das Duo damit kaum zu Atem kommen. Stets sind ihnen die Verfolger auf den Fersen. Die wollen unter Einsatz aller Mittel unbedingt Jasons Tod und aktivieren deswegen alle zur Verfügung stehenden Schläfer. Keine Sorge, durch eine Armada böser Europäer muss Bourne sich deshalb trotzdem nicht fighten.

Matt Damon ist für einen unter Amnesie leidenden Dauerflüchtling zwar professionell, aber auch etwas steif und emotionslos. Seine Ruhe in allen Ehren, aber bis zum Finale, geht ja niemals der Ochse mit ihm durch. So bleibt er gegenüber seiner Partnerin etwas abgehoben und kaum verletzbar. Die Momente in denen er dann auch mal etwas menscheln darf, sind rar gesät.
Franka Potente selbst beweist, dass sie aus gutem Grund über den großen Teich nach Hollywood ausgezog und bietet hier mehr als so manches Love Interest der „Bond“-Reihe. Obwohl in der deutschen Fassung etwas unglücklich selbst synchronisiert (Irgendwie hat sie auch eine eigenartige Stimme..), kann sie mit ihrer Natürlichkeit diese leider nur oberflächlich behandelte Herumtreiberin Leben einhauchen.
Als völlig verschenkt kann man Chris Cooper ansehen, der in seiner sicheren Hightechzentrale kaum eine Szene inne hat, in der er mal den fiesen, skrupellosen Ex-Chef vom Stapel lassen kann.


Fazit:
Weitestgehend um Realismus (Den Treppensprung am Ende vergessen wir mal schnell wieder) bemühter Agententhriller, der mit einem atmosphärischen, kalten Europa aufwarten kann und immer wenn benötigt die richtige Portion Action auf den Zuschauer los lässt. Richtig satt wird man dank der kaum Substanz bietenden Story und den wenig ausgearbeiteten Charakteren nicht, aber da kann ja vielleicht die Fortsetzung Abhilfe schaffen. Als Abwechslung zu Bonds letzten Materialschlachten ist „The Bourne Identity“ jedenfalls allemal zu gebrauchen.

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