Erneut kommt frischer Wind aus Spanien und mit ihm ein Regiedebütant, den man sich definitiv vormerken sollte: Juan Carlos Medina, der auch am Drehbuch mitwirkte.
Seine Prämisse ist innovativ, der Storyaufbau kreativ und handwerklich souverän ausgeführt, nur gegen Ende schleichen sich ein paar logische Schwächen zuviel ein.
1931 in einem kleinen Bergdorf in Katalonien lebt eine Gruppe von Kindern, welche keinen physischen Schmerz empfinden. Die Öffentlichkeit sieht in ihnen eine Gefahr, also landen sie in einem kerkerartigen Sanatorium, bis sich der jüdische Arzt Holzmann um die Kinder kümmert und sie zu therapieren versucht.
In der Gegenwart wird beim Arzt David Lymphknotenkrebs festgestellt, er benötigt zum Überleben eine Knochenmarksspende. Auf der Suche nach den leiblichen Eltern kommt er jedoch einem düsteren Geheimnis auf die Spur…
Der drastische Einstieg offenbart einmal mehr, dass der spanische Horrorfilm oftmals zu derben Mitteln greift, diese jedoch nicht zur reinen Schaulust verkommen lässt, sondern die Darstellungen rein zweckdienlich einsetzt. Als zwei Kinder im Wald am Feuer spielen und ein schmerzunempfindliches Mädchen ihre Spielgefährtin anzündet, ist das Sujet bereits fest etabliert und schürt hohe Erwartungen für den weiteren Verlauf.
Dieser wird leider von der parallel ablaufenden Handlung in der Gegenwart ausgebremst, da man mit dem oberflächlich gezeichneten David zu keiner Zeit warm wird und seine Nachforschungen oft willkürlich ablaufen und von einigen Unwahrscheinlichkeiten begleitet werden. Besonders im finalen Akt wimmelt es von logischen Brüchen und auch das Ende ist sehr weit hergeholt.
Dennoch packt der Stoff, welcher hauptsächlich hinter den Mauern der festungsartigen Einrichtung spielt, da die Darstellungen der Kinder phänomenal gut sind und sie in vielen Momenten dazu beitragen, emotionale Höhepunkte zu transportieren, denn besonders einige ruhige Szenen haben es durch und durch in sich. Etwa, als eine Krankenschwester einem kleinen Patienten die Bedeutung von Tränen erklärt oder Dr. Holzmann an das eingedrungene Militär appelliert. Im Verlauf wird immer klarer, dass die Geschichte eine Parabel auf die langen Jahre der Franco-Diktatur darstellt, eine düstere Ära mit eben oft verdrängtem, aber auch intensiv erlebtem Schmerz.
Spannend ist bei alledem natürlich die Frage, wie man schmerzunempfindlichen Kindern Schmerz erklärt, während sie sich nur so aus Zeitvertreib die Fingernägel ausreißen. Zwar erscheint die Operation an einem nicht narkotisierten Welpen mehr als fragwürdig, doch andere Methoden des aufrichtig agierenden Arztes scheinen durchaus nachvollziehbar.
Schade ist bei alledem, dass diese Therapieansätze und die Behandlung der Kinder ein wenig in den Hintergrund gerückt werden, zumal sich die Geschichte im Sanatorium bis in die Sechziger hinzieht. Gelungen ist allerdings das Puzzle um Davids Vergangenheit, welche Stück für Stück einen Sinn ergibt, während zu Beginn noch gar nicht klar ist, was die beiden Handlungsstränge miteinander zu tun haben.
Auf handwerklicher Ebene überzeugt Medinas Debüt auf ganzer Linie, denn die Kamera arbeitet mit einigen überaus gelungenen Perspektiven, einige Szenenübergänge sind weltklasse und auch der Score besteht aus oftmals leicht verträumt melancholischen Klängen, welche ohne Ausnahme zu gefallen wissen. Letztlich ist es jedoch auch den Darstellern zu verdanken, dass mit der Geschichte viel Glaubwürdigkeit und Emotionalität transportiert wird.
„Painless“ ist alles andere als der Titel vermuten ließe, denn viele Szenen gehen förmlich unter die Haut, brennen sich ein und hallen nach. Trotz kleiner erzählerischer Hänger und einiger logischer Schwachstellen ein grandioser Erstling mit vielen spannenden Ansätzen, ein wenig Horror und kleinen Gewalteinlagen und viel Atmosphäre innerhalb einer weitgehend clever konstruierten und ambitioniert erzählten Geschichte.
Für Freunde des düsteren Films, die sich nicht von einer eher ruhigen Erzählweise abschrecken lassen eine deutliche Empfehlung.
8 von 10