„Back to the Structure - die Enterprise auf Vergnügungs(zeit)reise"
Nach dem etwas bemühten Schlenker um die Wiederbelebung von Mr. Spock, der „Star Trek III" zu einer Art Übergangsfilm machte, war die Bahn nun wieder frei für ein neues, eigenständiges Abenteuer der vollständigen Enterprise-Besatzung. Dass dabei der lustigste und entspannteste Beitrag der gesamten Reihe heraus kam, mag Zufall sein, eine gewisse Erleichterung ob der gelösten Inhaltsfesseln ist jedenfalls geradezu greifbar.
Der Film schließt dennoch zunächst direkt an seinen unmittelbaren Vorgänger an, was aber erneut wunderbar funktioniert und die Teile II-IV sowohl optisch wie dramaturgisch zu einer stimmigen Einheit formt. Also müssen sich Kirk und seine Mannen wegen Befehlsverweigerung vor dem Föderationsgericht verantworten. Zusätzlich fordern die Klingonen Kirks Auslieferung, weil sie ihn für den Tod von Commander Kruge verantwortlich machen. Doch gerade als sich Kirk und Co mit dem gekaperten Klingonen-Schiff „Bounty" der Erde nähern, wird diese von einer unbekannten Sonde bedroht. Ihr Signal zerstört nicht nur die Energieversorgung, sondern richtet auch verheerende Umweltschäden an. Spock dekodiert in dem Signal Laute von Buckelwalen, die aber seit dem 21. Jahrhundert ausgestorben sind. Kirk beschließt daraufhin einen Zeitsprung in die Vergangenheit zu wagen, um dort die Wale an Bord zu beamen und damit den drohenden Weltuntergang wohlmöglich doch noch verhindern zu können.
Dass der Zeitreise-Plot ein Jahr nach Robert Zemeckis Welthit „Zurück in die Zukunft" (1985) alles andere als ein Zufall war, darf den Star Trek-Machern um Harve Bennet (Produktion, Buch) und Nichoals Meyer (Skript) getrost unterstellt werden. Zumal auch der humoristische Ton und das Culture-Clash-Motiv praktisch eins zu eins übernommen wurden. Wenn das Endergebnis dann aber so launig und schmissig daher kommt wie in Star Trek IV, verpufft der Anbiederungsvorwurf auch ganz schnell wieder. Besser gut geklaut, als schlecht neu erfunden.
Leonard Nimoy durfte zum zweiten Mal auf dem Regiestuhl eines Star Trek-Films Platz nehmen, was dank des deutlich besseren und vor allem humorvolleren Skripts zu einer noch souveräneren Leistung führte. Sein bereits bewiesenes Gespür für die Eigenheiten und wechselseitigen Beziehungen der Enterprise-Kerncrew bekommt hier erkennbar mehr Gelegenheit zur Entfaltung, was Nimoy glücklicherweise auch dankbar aufnimmt. Entscheidend dabei ist die Idee, die Mannschaft nach Ankunft im Jahr 1986 in Teams aufzuteilen. Also gehen Kirk und Spock auf die Suche nach Buckelwahlen, was reichlich Möglichkeiten bietet das freundschaftliche Verhältnis der beiden so unterschiedlichen Haupt-Charaktere weiter auszuloten und zu vertiefen. Zudem darf jeder für sich seine ureigenen Stärken einbringen. Kirk seinen Charme beim Umgarnen der Meeresbiologin Dr. Gillian Taylor sowie seine enorme Anpassungsfähigkeit, was ihn sehr schnell zum Experten fürs Fluchen macht und für einige Lacher sorgt. Spock seine unbeirrbare Logik, was ebenfalls für reichlich Humor sorgt, aber auch die nicht sonderlich komplexe Handlung am Laufen hält.
Auch wenn der Fokus auf den beiden beliebtesten Enterprise-Helden liegt, werden die übrigen Mitglieder keineswegs zu Statisten degradiert. Chekov und Uhura sollen einen Nuklearreaktor auftreiben, um den Antrieb für den Zeitsprung zurück zu gewährleisten. So landen sie auf einem US-Flugzeugträger - witziger weise ebenfalls der „Enterprise" - wobei Chekov in Gefangenschaft und unter Spionageverdacht gerät. Sein Image als Pechvogel wird dann auf die Spitze getrieben, in dem er nach einem Fluchtversuch im Krankenhaus landet und nur in letzter Sekunde von Dr. McCoy vor den rabiaten Behandlungsmethoden des 20. Jahrhunderts gerettet werden kann. Schließlich bekommt auch Maschinist Scotty seinen eigenen Subplot und darf bei dem Auftrag einen Wassertank für die eingefangenen Buckelwale aufzutreiben, sein nonchalantes Technikgenie, aber auch seine stets latent durchkommende Eitelkeit voll ausleben. Von McCoy als Professor Scott aus Schottland vorgestellt, kann er es sich dann natürlich nicht verkneifen, den Chef der aufgetriebenen Spezialfirma mit einer bahnbrechenden Formel für Sicherheitsglas zu verblüffen.
All dies führt dazu, dass „Star Trek IV" - ähnlich wie das vermeintliche Vorbild „Back to the Future" - einen deutlich komödiantischen Einschlag erhält. Dennoch driftet der Film nie in Klamaukgefilde ab, was in erster Linie Nimoys stilsicherer Regie zu verdanken ist. Der Grundplot um die Sicherstellung der Wale und damit der Versuch mit der Sonde zu kommunizieren, wird trotz angezogener Humorschraube nie aus den Augen verloren. Auch die vielen Anspielungen und Seitenhiebe auf den Zeitgeist der mittleren 1980er Jahre (u.a. Graffiti, Mode, Sprache) zielen nicht ausschließlich auf den schnellen Lacher, sondern greifen mit dem Themenkomplex um drohende Umweltschäden und die Angst vor der Störung des ökologischen Gleichgewichts auch ernste, zeitspezifische Diskussionen auf.
Insgesamt fühlt sich „Zurück in die Gegenwart" geerdeter und weniger künstlich an als der Vorgänger. Das liegt, neben dem saloppen Grundton, sicherlich zum Großteil an dem für Star Trek unüblichen großen Anteil der On Location-Dreharbeiten. Beinahe die gesamte Handlung spielt im Jahr 1986 in und um San Francisco (u.a. Golden Gate Bridge, Downtown SF sowie das Monteray Bay Aquarium). Das Drehen an Originalschauplätzen sowie das spürbare Bemühen die berühmte Metropole in jeder Szene erkennbar zu machen, tragen enorm zum authentischen Flair des Films bei.
Die Trickexperten von ILM mussten lediglich für Auftakt und Ende aktiv werden und den geforderten Science-Fiction-Look kreieren. Das gelang ähnlich eindrucksvoll wie in den beiden Vorgängern, so dass Star Trek IV visuell und atmosphärisch das gelungendste Gesamtpaket dieser Trilogie abliefert. Abstriche müssen lediglich bei der fremdartigen Sonde gemacht werden, die fast schon unfreiwillig komisch wie ein profanes, riesiges Stahlrohr aussieht, an dem ein hell glänzender Tennisball befestigt ist. Im Vergleich zu den Weltraum- und Raumschiffszenen, aber auch zu dem ausladenden Innenset der gekaperten Bird of Prey ist dies schon ein überraschender Qualitätsabfall.
Ein weiterer, wenn auch kleiner Wermutstropfen des ansonsten rundum gelungenen Trek-Abenteuers ist James Horners Weigerung, seinen dritten Star Trek-Score zu komponieren. Jetzt ist Nimoy-Freund Leonard Rosenmann alles andere als ein unbeschriebenes Blatt im Filmkomponisten-Zirkus, dennoch gelang es dem zweimaligen Oscargewinner hier nicht, musikalisch das Star Trek-Feeling zu unterstreichen, geschweige denn eigenständig zu erzeugen. Seinen durchaus variierten Themen haftet etwas belangloses und altbackenes an, lediglich das Titelstück tanzt hier selbstbewusst und überzeugend aus der Reihe.
„Star Trek IV" ist der bis dato lustigste und leichtfüßigste Beitrag der Serie. Die Idee einer Zeitreise in die 1980er-Jahre erweist sich in dieser Hinsicht als Volltreffer. Die Besatzung der Enterprise im San Francisco von 1986 auszusetzen sorgt aber nicht nur für reihenweise gelungene Situationskomik, sondern bietet auch die Chance Eigenheiten und Interaktionen der lieb gewonnen Enterprise-Stammmannschaft besonders zu betonen sowie der Star Trek-Tradition zu folgen, zeitaktuelle, gesellschaftspolitische Themen zu verarbeiten. Regisseur und Spock-Darsteller Leonard Nimoy gelingt dieser Dreifach-Spagat scheinbar spielerisch, denn genau so fühlt sich der Film durchgängig an. Der locker-gelöste Tonfall überträgt sich nahtlos auf den Zuschauer, der ein launiges Science-Fiction-Abenteuer geboten bekommt, das trotz eines fehlenden Bösewichts und einer nicht sonderlich fokussierten Spannungsdramaturgie bestens unterhält.