Die Geschichte um den berühmtesten rumänischen Grafen dürfte hinlänglich bekannt sein. Das hat sich wohl auch Dario Argento (SUSPIRIA, TENEBRE, ROSSO) gedacht und den verstaubten Stoff von Bram Stoker etwas umgedichtet. So kommt es, dass im Vergleich zu den romangetreuen Verfilmungen von Murnau, Herzog und Coppola sich mehrere Neuerungen einschleichen, die dem „genialen“ Hirn von Alt-Meister Argento entsprungen sind. Jonathan Harker (Unax Ugalde) beispielsweise muss nicht mehr eine halbe Weltreise mit dem Schiff unternehmen, um zu dem Grafen (Thomas Kretschmann) zu gelangen. Das Schloss Draculas ist ganz einfach auf einem Berg ganz in der Nähe von Jonathans Heimatdorf, so dass dieser einfach mit dem Pferd dorthin reiten kann. Dracula fackelt auch nicht so lang wie in den langweiligen Omaverfilmungen von früher, sondern schlägt seine Hauer schon relativ bald in Jonathans Hals. Der Graf kann verschiedene Formen annehmen, z.B. die einer Eule, einem Schwarm Fliegen, einem Wolfmann und einer riesigen Gottesanbeterin… eine riesige Gottesanbeterin! Ansonsten ist vieles ähnlich: Dracula klettert an der Außenwand des Schlosses entlang, legt sich tagsüber in seinem Sarg pennen und hat eine wahnsinnig hübsche Cousine (Miriam Giovanelli), die nicht mit ihren Reizen geizt und ganz schön Holz vor der Hütte hat.
Die Darstellerinnen – ein Element, das den Film ganz klar um ein Vielfaches erträglicher macht. Asia Argento spielt die schwindsüchtige Lucie, die von Dracula zum Vampir gemacht wird. Die geile Tochter von Regisseur Argento überrascht mit einer Nacktszene (so was macht die sonst doch nie!) und beweist, dass sie mit ihren mittlerweile „schon“ 37 Jahren immer noch schön knackig ist. Die Rolle von Jonathans Lebensgefährtin Mina, auf die Dracula ebenfalls ein Auge geworfen hat, bekleidet Marta Gastini, quasi eine Doppelgängerin von Asia Argento.
Jetzt mal Karten auf den Tisch! Dario Argentos DRACULA ist ein B-Movie durch und durch. Vieles, wie die digital animierten Spinnenweben und die CGI-Riesenheuschrecke, wirkt extrem billig. Ernstzunehmende Gruselatmosphäre wird daher im Keim erstickt. Dabei ist DRACULA 3D gar nicht so schlecht wie sein Ruf. Eine nette, einigermaßen düstere Neuinterpretation des klassischen Stoffes, die durchaus zu unterhalten weiß. Im Vergleich zu dem NOSFERATU von Murnau oder dem von Herzog tun sich aber wahrlich Abgründe auf. Allen voran: Thomas Kretschmann (ROHTENBURG, WANTED) als Graf Dracula, der Fürsten der Dunkelheit, der auf Männer bedrohlich und Frauen sexuell anziehend wirken soll. Kretschmann füllt die Rolle mit der Diabolik von Hüttenkäse und alten Pantoffeln. Er schlitzt mit seinen spitzen Fingernägeln Hälse auf, schlägt Köpfe ab, verprügelt(!) Van Helsing und beißt Fleischfetzen aus Kehlen, die er dann quer durchs Zimmer spuckt. Eines muss man Argento zugute halten: So viel gesplattert wurde bei DRACULA bislang noch nie. Bleibt trotzdem, dass Kretschmann als Dracula nichts taugt, langweilt und im Grunde sogar nervt. Alle weiblichen Akteure – Asia Argento und Miriam Giovanelli (wann gibt’s die in der FHM!?) – machen, wie gesagt, eine prima Figur. Rutger Hauer (HITCHER, HOBO WITH A SHOTGUN) spielt den Vampirjäger Van Helsing etwas lustlos, sonst aber okay.
Bleibt unklar, in welchen Szenen das 3D zum Tragen kommen sollte. Ich selbst hatte zwar nur die 2D-Version vorliegen, konnte aber nicht ansatzweise ausmachen, was das 3D im Titel rechtfertigen könnte.
Das klingt jetzt vielleicht nach viel Schönrednerei, was zu einem gewissen Teil wohl auch stimmt, zum anderen ist DRACULA 3D aber wirklich nicht so furchtbar, bodenlos schlecht, wie man so oft hört. Vorausgesetzt natürlich man bringt nicht allzu hohe Erwartungen mit! Auch sollte man vergessen, dass es von dem Bram Stoker Roman bereits so viele bessere Verfilmungen gibt, und dass einer der renommiertesten Horrorregisseure des 20. Jahrhunderts auf dem Regiestuhl sitzt. Die Glanzzeiten von Argento gehören ein für allemal der Geschichte an. Dies stellt der Film, der wohl am besten in seinen ungewollt komischen Momenten unterhält, leider überdeutlich unter Beweis.
Fazit:
Mittelprächtige Dracula-Verfilmung mit beißendem B-Movie-Bouquet. Splatter und Nacktszenen reißen da leider nicht mehr viel raus. Und die digitale Riesen-Gottesanbeterin – die hätte doch nun wirklich nicht sein müssen, Herr Argento!