Die europäische Finanz- und Bankenkrise ist ein ernstes Thema. Nicht lustig.
Aber man könnte ja mal eine Komödie zu diesem Thema abliefern, so bleischwer wie das Thema ist.
Also hat Marcus Markou daraus eine Lebenssinn-Komödie gemacht – und die ist so platt, so unkomisch und so ernst geraten, daß sie untergeht wie eine Bleiente. Was ja wieder paßt!
Dabei mag ich britische Komödien. Ich mag diese einfach, nachfühlbaren Stoffe, in denen ein Charakter unverhoffterweise irgendwo landet, wo er eigentlich nicht hingehört, wo er aber neue Talente, neue Sichtweisen und optimalerweise auch noch sein Glück findet. Ein bißchen „Fish-out-of-Water“, ein bißchen Lebensphilosophie, etwas RomCom und eine Prise Herz, eine Mischung, bei der sich die Underdogs gegen die bestehende Ordnung endlich mal durchsetzen können.
An all diesen Zutaten hat sich Markou auch versucht, er hat eigentlich nichts verändert, nicht mal die spottbillige Küchenphilosophie. Da ist ein „Love Interest“ im Film, da sind Kinder, ein Jobwechsel, Familie und sogar der Job, an den man gar nicht zurückkehren möchte. Die Bilanz, die „Papadopoulos und Söhne“ am Ende zieht, lautet: Arm, aber glücklich ist besser als reich, aber gefühlsmäßig eingefroren.
Das ist so originell wie banal – aber manchmal funktioniert es.
Leider hat Markou von einem Element dieser filmischen Gleichung scheinbar gar keine Ahnung: wie man eine Komödie inszeniert!
Es ist geradezu sensationell, wie viel man falsch machen kann, wenn man eben kein Gefühl für Witz, Tempo oder Humor generell hat und hier wird davon eine Menge Unvermögen aufgefahren.
Dabei spielt sich der Plot praktisch vom Blatt: griechischer Geschäftsmann, der sich mit einem Immobiliengeschäft selbst ein Denkmal setzen will, verhebt sich mit seinen Krediten bei der Finanzkrise, verliert seine Firma und muß mit seinen Kindern und der Nanny aus dem edlen Vorstadthaus raus. Damit überhaupt Geld reinkommt, muß auf den jovialen Lebenskünstlerbruder und das ehemalige Familiengeschäft, einen Fish’n Chips-Laden zurückgegriffen werden. Und natürlich will ein Erfolgsmensch nicht wieder nach Pommesfett stinken…
Da kann nichts schief gehen? Denkste!
Das Erste, was den Zuschauer in den ersten 30 Minuten umschleicht, ist das Gefühl, irgendwie aus der Zeit und aus dem Timing gefallen zu sein. Alles dauert unheimlich lang. Sehr lang. Stephen Dillane als Selfmade-Businessman starrt immer so lange steinern vor sich hin, bevor er mal ein Wort sagt. Und starrt. Und starrt. Und dann zuckt mal ein Mundwinkel. Aber all das, was drumrum gesagt wird, ist so furchtbar redundant. Und langweilig. Mit ein paar Pinselstrichen könnte man das Szenario skizzieren, jedem Kind (zwei Söhne, eine Tochter) die passende Position zuzuweisen. Der Älteste stottert und will Gärtner werden. Die Tochter ist ne Prada-Uschi. Und der Kleinste trägt immer Fliege und ist der nächste Börsenguru.
Stattdessen herrscht hier endlose Wortlosigkeit – Kommunikationsschwierigkeiten zwischen zwei Personen muß man nicht demonstrieren, indem man sich endlos anschweigt.
Als dann Haus und Firma weg sind, taucht natürlich der typisch griechische Bruder auf: Lebenskünstler, früher gesoffen und Drogen geschmissen, jetzt clean, aber so fröhlich, daß es schon quietscht. Und auch der wird so eingeführt: er sitzt am Tisch, ißt und freut sich, daß er da ist und daß die anderen da sind. Und freut sich. Und sagt das auch. Und noch mal. Und immer wieder.
So vergehen fünf Filmminuten, ohne daß etwas passiert. Und ohne daß ein junger Filmemacher offenbar in der Lage ist, das Tempo anzuziehen oder den Film wenigstens um ein paar absolut überflüssige Passagen zu erleichtern (ca 45 von 109 Minuten). Markou weiß nichts von Timing, er weiß nichts von Tempo und wenn dem Skript dann tatsächlich mal etwas gelingt, was uns ein echtes Schmunzeln abnötigt, dann wird das zarte Pflänzchen auch schon wieder totgetreten durch noch mehr dramaturgische Wüste.
Einen Kommentar zur Finanzkrise sucht man vergeblich. Das wäre halb so schlimm, wenn der Drive und die Gagquote die Botschaft des Films rechtfertigen würden. Aber in einer Komödie ohne Gags wirkt die finale Botschaft (die auch noch dreimal wiederholt wird, wortwörtlich) nicht nur platt, sie wirklich sogar peinlich naiv.
Bis es soweit ist, darf man dann noch sowas wie ein Scharmützelchen mit dem Dönerladen nebenan erleben (total brav), es gibt etwas Bruderzwist, einen Todesfall, eine Renovierung und dann ist da noch die Anwältin, die die Firma mitliquidiert hat und deswegen das „Love Interest“-Schild um den Hals hat. Und am Ende mit ihrem Fischbrater tierisch glücklich wird und Sirtaki tanzt.
Ganz im Ernst also: der Film ist kacke.
Stephen Dillane (wem das nichts sagt, er spielt mit ähnlich starrer Mimik den „Stannis“ in „Game of Thrones“) hat viel Leinwandzeit, ungefähr 25 Sätze und guckt die meiste Zeit ungläubig vor sich hin. Machen tut er aber nix. George Corraface dagegen ist der Hohoho-Grieche, der gern tanzt und lecker Fisch macht und alles kann, vor allem sich nicht rasieren. In seiner lustigsten Szene läßt er einen fahren, gibt einem aber zumindest das Gefühl, nicht nur von Toten umgeben zu sein.
Die Kinder sind nette Bitparts, der Gärtnersohn fällt nicht schlimm auf, daß sich eine Modetussi allerdings in einem Frittierschuppen plötzlich heimisch fühlt und total glücklich mit dem Dönerproll von nebenan ist, wollen aber nicht glauben. Und kleine arschige Börsengenies, die in ihrer Freizeit ne Fliege tragen, will man eh nur auf dem Schulhof verprügeln. Am schlimmsten erwischt es aber Cosima Shaw als Anwältin, die sie sowieso schon nicht ausfüllen kann, aber etwas so mimisch Hilfloses hat man selten gesehen. Bei dem Drehbuch aber auch kein Wunder, daß sie scheitert.
Irgendwann will man nur noch, daß es vorbei ist und man will nicht glauben, daß der Plot so dünn und das Ergebnis so banal und unglaubwürdig sein soll. Aber so ist es dann doch und nach vielen, vielen, vielen überlangen ausgewalzten Szenen ist endlich Schluß. Und man will sofort „East is East“ bzw. „West is West“ oder „Greenfingers“, „Grasgeflüser“, Über kurz oder lang“ oder „Calendar Girls“ sehen, damit dieser bittere Geschmack von fachlichem Scheitern weggeht.
Also Mr. Markou: Schreiben ist nicht ihre wahre Berufung. Inszenieren ist es auch nicht. Und die Größe zu haben, seine eigenen Fehler in beidem zu entdecken, das zeigt „Papadopoulos und Söhne“.
Hilft aber immerhin gegen Schlafstörungen. (3/10)