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Nach dem mit viel Begeisterung aufgenommenen „The Lodger“ hatte sich Alfred Hitchcock in Windeseile einen Namen in der Filmbranche gemacht. John Maxwell, dem Präsidenten von British International Pictures, blieb das nicht verborgen und er nahm den damals gerade 27-jährigen unter Vertrag. „Downhill“ sollte dort sein erster Film werden, eine etwas merkwürdige Mischung aus Komödie und Drama, geschrieben von „Lodger“-Star Ivor Novello höchstselbst (unter dem Pseudonym David LeStrange).

Student Roddy (Ivor Novello) wird Opfer einer falschen Anschuldigung und muss darum die Universität verlassen - sehr zum Ärger seines Vaters. Als der ihn als Lügner beschimpft, verlässt Roddy kurzerhand das Haus und versucht auf eigene Faust, es zu etwas zu bringen. Doch das Leben, das ihn draußen erwartet, ist mit Enttäuschungen gespickt...

„Downhill“ nimmt heute den Stellenwert eines unauffälligen Hitchcock-Streifens ein, und mehr ist er auch wirklich nicht. Hier wird eine belanglose, in drei Episoden aufgeteilte Geschichte erzählt, die an das berühmte biblische „Gleichnis vom verlorenen Sohn“ erinnert, aber ohne Höhepunkte vor sich hinplätschert und wahrscheinlich längst der Vergessenheit anheim gefallen wäre, hätte Hitchcock nicht als Regisseur hinter der Kamera gestanden. Bemerkenswert ist sie deshalb allerhöchstens durch die Wiederkehr des Themas des fälschlich verdächtigten Mannes (ein Thema, das allerdings in diesem Fall eine untergeordnete Rolle spielt, weil daraus kein spannendes Abenteuer entsteht) und den fortgesetzten, wenn auch im Vergleich zu „The Lodger“ deutlich zurückgegangenen und phasenweise ganz aufgehobenen Einsatz expressionistischer Elemente.

Denn einmal mehr hat Hitchcock einige technische Spielereien ausprobiert - zunächst noch sehr zurückhaltend, in der zweiten Hälfte immer stärker, je näher das Ende rückt: Wenn die beiden Freunde Roddy und Tim (Robin Irvine) zum Direktor zitiert werden, gehen sie durch einen schmalen Flur. Die Kamera filmt sie dabei aus der Unteransicht am Fuß einer Treppe, so dass der Zuschauer sozusagen das schlechte Gewissen der Protagonisten fühlen kann. Auch illustriert Hitchcock mit symbolträchtigen Bildern den stetigen Abstieg des „Helden“: Kaum ist Roddy aus dem Elternhaus geflüchtet, gleitet er auf einer Rolltreppe in die (ihn zu verschlingen scheinende) dunkle Tiefe Richtung U-Bahn-Halle. Später benutzt er einen Fahrstuhl und fährt mit ihm abwärts - nach Drücken des Knopfes „Down“. Schließlich wird er nach einer Reihe unglücklicher Erlebnisse - unter Halluzinationen leidend - an Bord eines Schiffes getragen, und zwar hinab ins Unterdeck. Ja, es geht mit Roddy bergab - „Downhill“.

Dazu finden sich einige extrem irreale Augenblicke in Hitchcocks Film. In Episode drei ist Roddy so weit abgestürzt, dass er sein Geld als Privattänzer verdient. Am Ende dieser Sequenz werden die Vorhänge des Tanzsaals aufgerissen, wodurch die Sonne hineinströmt, die das Gesicht der geschminkten, recht attraktiven Frau, mit der sich unsere Hauptfigur gerade unterhalten hat, in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt - nämlich mit Damenbart und schwarzen Ringen um die Augen. Und zum Schluss versucht sich Hitchcock neben etwas Filmen aus der First-Person-Perspektive, inklusive wackliger Kameraführung, dann an der Darstellung eines Traums, der sich, wenn man die Überblendungen außer acht lässt, beabsichtigt kaum von der Realität unterscheidet. In „Ich kämpfe um dich“ würde er knapp zwanzig Jahre später mit freundlicher Unterstützung von Salvador Dalí dem Publikum allerdings einen weitaus wirkungsvolleren Alptraum präsentieren.

„Downhill“ gehört immer noch sichtlich in Hitchcocks Experimentierphase und ist lediglich ein kleiner Vorgeschmack, ein Appetithappen sozusagen auf das Hauptmenü, das der Regisseur seinen Fans ungefähr ab Mitte der 30er in schöner Regelmäßigkeit servieren sollte. Insgesamt schleppt sich der immerhin achtzig Minuten lange Film ziemlich über die Gesamtdistanz (man könnte ihn mühelos in doppelter Geschwindigkeit abfahren, ohne Gefahr zu laufen, Handlungsrelevantes zu verpassen) - komisch ist er nur selten, dramatisch nicht wirklich und spannend sowieso überhaupt nicht. Schon die Tatsache, dass ich fast ausschließlich in meiner Kritik auf die wenigen erwähnenswerten technischen Details - zusammengenommen ergeben diese Momente vielleicht fünf Minuten - eingegangen bin, spricht für sich. Hitchcock sagte es im Interview mit Truffaut richtig: „Ein ziemlich mittelmäßiges Stück.“ 5/10.

(Originalartikel auf www.kinetoskop.de)

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