Wenn dieser Film oft als der beste Film der 80er Jahre gehandelt wird, dann liegt das darin, dass er nicht so ist, wie die meisten erfolgreichen Hollywood-Produktionen dieser Dekade. "Wie ein wilder Stier" ist ein klassisches Movie aus den 70ern. Mit all der Stärke, all der Rauhheit und all der Brillanz, die viele aus diesem Jahrzehnt auszeichneten.
In "Wie ein wilder Stier" spielt Robert De Niro eine der stärksten Rollen seines Lebens: Jake La Motta. Der Boxer, der aus der Bronx kommt, und beim Kampf nie auf die Bretter geht. La Motta kämpft sich hoch zum Mittelgewichts-Champion, erfährt aber unmittelbar nach seinem Erfolg den Absturz. Sowohl privat als auch beruflich sinkt La Mottas Stern. So ist die Ehe mit der jüngeren Vickie schon vom ersten Moment an zum Scheitern verurteilt. Sie ist ein beeinflussbares Naivchen, und er ist leider ein rauhbeiniger, unausstehlicher Mann, der an krankhafter Eifersucht leidet. Als ihm der Verdacht kommt, sein geliebter Bruder Joey (Joe Pesci) hätte mit Vickie geschlafen, schlägt er seinen Bruder krankenhausreif. Von diesem Moment an verliert er den Kontakt zu seinem Bruder, der zugleich Manager als auch bester Freund war.
Regisseur Martin Scorsese konzentriert sich bei "Wie ein wilder Stier" auf die innere Psyche des manischen Jake La Motta - und Robert De Niro spielt umwerfend. Zuerst trainiert De Niro wie ein Besessener in Boxstudios. Gerüchte besagen, das er zu der Zeit seines Trainings so gut war, wie ein Boxprofi seines Gewichtes. Seine Präsenz ist unglaublich auf der Leinwand. Wenn er im Ring wie ein Tier - wie ein wilder Stier - auf seine Gegner einprischt, dann hat man kaum mehr das Gefühl, einen Film zu sehen - eher einen realen Boxkampf. Für den zweiten Akt seiner "Karriere" nahm De Niro in seiner Art und Weise als "Method Actor" 30 Kilo zu, und präsentierte den fetten La Motta, der als zweitklassiger Stand-up-Comedian zweite Karriere machen versucht. Die enorme Wandlungsfähigkeit und die haarsträubend emotionale Darstellung seines Charakters brachten De Niro zu Recht den Oscar für den Besten Darsteller ein. Aber nicht nur De Niro konnte den goldenen Academy Award nach Hause nehmen. Auch die Cutterin Thelma Schoonmaker konnte sich über die Trophäe freuen. Zusammen mit Regisseur Scorsese schnitt sie die aufregendsten, besten Boxszenen der Filmgeschichte.
Mit einer umwerfenden Soundkulisse, die immer subjektiv vom Vernehmen La Mottas abhängt und Soundeffekten (die so brillant waren, das die Sounddesigner aus Angst kopiert zu werden, die Originalbänder zerstörten) entstanden die auch visuell überragenden Kampfszenen. Der Zuschauer betrachtet die Kontrahenten nie aus der Sicht eines normalen Zuschauers - sondern immer so, wie der ganze Film es tut: Als wäre er mit La Motta dabei. Wir schauen ihm quasi beim Bosen über die Schulter, verlassen nie den Ring. Hier dreht Scorsese auch besonders martialisch. Blut spritzt, Nasen werden verbogen.
"Wie ein wilder Stier" ist mit Sicherheit einer der besten Filme der 80er Jahre. Er ist mit Sicherheit der beste Boxerfilm aller Zeiten. De Niro und Pesci haben zwei ihrer besten Auftritte und Scorsese hat sich selbst ein Meisterwerk geschossen, auf das er stolz sein kann. Ein Film aus den 80ern kann nur dann gut sein, wenn man nicht bemerkt, das dieser Film aus dieser oberflächlichen Kitsch-Dekade kommt. Und wenn man "Wie ein wilder Stier" sieht, denkt man, er wäre zeitgenössisch!