Nach langem Zögern habe ich mich nun doch endlich einmal an US-Regisseurs Francis Ford Coppolas Mafia-Epos und Literaturverfilmung „Der Pate“ herangewagt, zumindest an den ersten Teil der Trilogie aus dem Jahre 1972 – und habe es keineswegs bereut. Reizüberflutete Zuschauer mit der Aufmerksamkeitsspanne einer Stubenfliege oder diejenigen, die in erster Linie wilde Mafia-Ballerorgien erwarten, mögen dem Film Längen attestieren. Diese gibt es so allerdings nicht, man nahm sich einfach – wie in den 1970ern nicht unüblich – viel Zeit, um die komplexe, entwicklungsreiche, Konzentration erfordernde Geschichte mit all ihren Familienbanden zu erzählen, den Zuschauer in die Welt der italienischstämmigen Mafia der USA des beginnenden 20. Jahrhunderts zu entführen und ihn dank allgemein hervorragender Schauspieler, denen man ihre Rollen und charakterlichen Entwicklungen jederzeit abnimmt, nicht zu enttäuschen. Die Kulissen, sowohl des nicht mehr ganz jungen Amerikas als auch Siziliens, tragen aufgrund ihrer Authentizität ungemein zur Entfaltung der Atmosphäre bei. Sicherlich wurde Marlon Brando in seiner Rolle als vernunftorientierter Pate Don Vito Corleone, der den Einstieg ins Drogengeschäft ablehnt, etwas idealisiert, doch vermutlich brauchte die Handlung einfach einen guten bzw. nicht ganz so zynischen Charakter, um zu funktionieren. Mit ungeschönter Gewalt und dem radikalen Geschäftssinn der Mafiosi bekommt man es nämlich zur Genüge zu tun, wobei die actionreicheren Szenen sorgfältig platziert wurden. Der junge, unverbrauchte Al Pacino macht als Corleone-Sprössling Michael die größte charakterliche Veränderung durch und lässt den bisweilen schockierten Zuschauer an ihr teilhaben. Gleichzeitig transportiert „Der Pate“ aber auch ein bestimmtes Lebensgefühl, das geprägt ist von familiärer Loyalität als Erdungsfaktor, die nicht nur eingefordert werden kann, sondern auch bis zur Selbstaufgabe erwartet wird. Die Einflüsse der Mafia auf Politik, Wirtschaft und Kultur hingegen werden zwar grundsätzlich erwähnt, aber selten mehr als nur angerissen. Das populäre musikalische Titelthema gilt natürlich längst zurecht als Klassiker. Meines Erachtens ist Coppola mit „Der Pate“ die Kunst gelungen, auch an „Mafiafilmen“ oder der Thematik allgemein desinteressierte Zuschauer für seinen Film zu begeistern, sie zu fesseln und ihnen einen faszinierenden Einblick in jene Parallelwelt zu erlauben, über deren Grad an Realismus ich mir aber kein Urteil erlauben kann (allein schon, weil ich mich nicht mit schwerem Schuhwerk im nächsten Gartenteich wiederfinden möchte). Ein zeitloses Stück Filmgeschichte, das zahlreiche Nachahmer gerade auch im Exploitation-Bereich nach sich rief, hervorragend im Stile eines guten Weins gealtert ist und aufgrund seiner Komplexität immer wieder genossen werden kann. Dennoch halte ich „Der Pate“ nach all den Lobesarien dann doch für ein klitzeklein wenig überbewertet, denn andere Filme aus anderen Genres haben mich letztlich dann doch mehr berührt als diese Zeitreise ins gelackte, unterkühlt-gewalttätige Mafiamilieu.