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Die junge May Canady ist das, was man ein stilles Wasser nennt. Von dunklen Kindheitstagen an ohne Kontakt zu anderen Menschen aufgewachsen, diente ihr eine unheimliche Puppe als einzig wahrer Freund in Jugendtagen. Nun, zur jungen Frau und OP-Helferin in einer Tierklinik herangereift, beginnt sie das andere Geschlecht zu faszinieren. Besonders der attraktive Adam hat es dem scheuen Mauerblümchen angetan. Als Adam nach anfänglichen Erfolgen ihre Annäherungsversuche brüsk zurückweist, zieht das stille Mädchen andere Saiten auf. Schließlich hat sie nicht umsonst Schneiden und Nähen gelernt !



Regisseur Lucky Mckee hat mit diesem Film ein Horror-Drama der etwas leiseren Töne geschaffen, was eventuell auch einer der Gründe ist, warum dieses Werk von vielen Leuten so stark unterschätzt wird. Hier gibt es bis auf einige wenige Szenen keine große Härte und Brutalität zu sehen, vielmehr ist der Horror hier von der subtilen und unterschwelligen Art. Kaum merklich schleicht sich der aufkommende Horror hier richtiggehend durch den gesamten Film und entlädt sich erst zum Ende hin in einigen etwas härteren Passagen, die den Film aber zu keiner Zeit übertrieben hart wirken lassen.

Das Hauptaugenmerk liegt hier viel eher auf der psychischen Schiene und hat teilweise sehr dramatische Züge. Die Intensität des Geschehens liegt ganz eindeutig im Charakter der schüchternen May, die hier ganz hervorragend von Angela Bettis dargestellt wird. Ihrer darstellerischen Leistung ist es zum größten Teil zu verdanken, das sich hier eine wirklich sehr bedrückende und beklemmende Stimmung entwickelt, die eine ungeheure Faszination auf den Betrachter ausübt. Einerseits hat man schon fast Mitleid mit dem schüchternen und in sich zurückgezogenem Mädchen, auf der anderen Seite ist man geradezu schockiert über die Wesensänderung, die sich bei ihr vollzieht. Aus dem Mauerblümchen wird eine aggressive Furie und das auf eine so brachiale und nicht für möglich gehaltene Art, das einem Angst und Bange werden kann.

Und genau dieser Übergang wird von Angela Bettis so eindringlich und ausdrucksstark gespielt, dass es einem kalte Schauer über den Rücken jagt. Doch es wirkt auch authentisch und überzeugend, man nimmt ihr die Änderung ihres Wesens ohne weiteres ab. Allein schon diese schauspielerische Leistung ist es meiner Meinung nach wert, sich diesen Film anzuschauen.

Aber auch die Spannung, die sich hier leise und langsam immer weiter aufbaut, ist ein Markenzeichen von „May“, denn gerade der Umstand, das sich hier alles kaum wahrnehmbar für den Betrachter, doch immer stetig weiterentwickelt, ist eine Besonderheit des Gesamtwerkes. Und als Gesamtwerk ist dieses Werk absolut klasse und bietet Horrorkost der besseren Art, wer jedoch lediglich auf Härte hofft, sollte sich zweimal überlegen, ob er sich „May – Die Schneiderin des Todes“ ansieht. Weiß man aber ein Horror-Drama der subtilen Art zu schätzen, dann sollte man auf jeden Fall zugreifen.



8/10

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