Manchmal gelingt es einem Regisseur,den Weg eines Charakters so zu durchleuchten,dass sein Weg von Anfang bis Ende,trotz möglicher Wendungen nachvollziehbar ist,bei „May“ist das nur teilweise gelungen.
May arbeitet in einer Tierklinik und näht sich ihre Kleidung selbst.Seit ihrer Kindheit ist sie eine Außenseiterin,hat sich schon immer abgegrenzt,soziale Integration ist ihr nie so recht gelungen.Nur eine Puppe in einem Glasschrank ist ihr eine treue Begleiterin.Dann trifft sie Adam,seine Hände haben es ihr angetan.Sie verliebt sich in ihn,und versucht mit allen Mitteln an ihn heranzukommen,doch nach anfänglichen Kontakt und ersten intimen Versuchen,scheitert die Beziehung.Als sie mit ihrer lesbisch veranlagten Kollegin eine weitere Enttäuschung erlebt,bewegt sich etwas in May…
Der Film hat so seine Momente,die vor allem in der ersten Hälfte zu finden sind.Angela Bettis spielt die introvertierte und unbeholfene May so niedlich,dass man sie am liebsten nur im Arm nehmen möchte.Herrlich unbedarft erzählt sie während des Essens mit Adam von einem unappetitlichen Erlebnis in der Tierpraxis,sie kennt kein Ventil für ihre Emotionen,so dass sie Adam auch beim ersten Kuß in die Lippe beißt.
In dieser Zeit der Romanze finden sich viele humorvolle Stellen und auch Anna Faris sieht man gerne zu.Dann zerbricht die Scheibe,hinter der die Puppe jahrelang eingeschlossen war und May verliert völlig den Verstand und mutiert charakterlich zu einer kühl-berechenbaren Frau.Zwar spielt Angela Bettis auch diesen Part überzeugend,doch dieser massive Sinneswandel ist für den Zuschauer kaum nachvollziehbar.Am Ende haben wir eine Szenerie,die eine Mischung aus „Resurrection“ und „Nekromantik“darstellt und sämtliche Logik menschlicher Entwicklung über Bord wirft.
Welchen Hintergrund die Puppe besitzt,erfahren wir auch nicht,können es nur erahnen,da die Scheibe immer mehr Risse zeigt.(Man würde blinden Kindern sicher nicht eine Puppe als besten Freund präsentieren,den sie aber nicht ertasten können,da sie sich hinter Glas befindet und dort auch bleiben soll)
Was den Film rettet ist die unheilvolle Stimmung,die die Hauptfigur May die ganze Zeit umgibt und man gebannt darauf wartet,dass sie zumindest Adams Finger abbeißt…
Nette Idee mit einer überaus charismatisch-knuffigen Hauptdarstellerin,aber einer nicht ganz nachvollziehbaren Wendung,die leider viel Liebgewonnenes zerstört.
6 von 10 Punkten