Stanley Kubrick und die Mondlandung
Dass Regisseur Stanley Kubrick ein Meister der Bildsprache war und seine Filme oft über den Handlungsinhalt hinausgehen, ist hinlänglich bekannt. 2001 war eine kosmische Metamorphose. In CLOCKWORK ORANGE ging's darum, dass Gewalt ein menschliches Naturell ist. THE SHINING war aber immer nur eine bitterböse Stephen-King-Verfilmung. Mehr nicht. Dass Kubrick aber selbst in seinem Horrorepos Easter Eggs oder wie in der Werbung unterschwellige Botschaften eingebunden haben soll, will nun Filmemacher Rodney Ascher entdeckt haben. ROOM 237 ist ein Film über einen Film. Die Dokumentation trägt diverse Theorien aus verschiedensten Quellen zusammen. Diese Theorien sind mal bizarr, mal absurd, mal hirnrissig, mal erschreckend. Wenn man bedenkt, dass Kubrick nicht nur in filmerischer Hinsicht ein Genie war (ihm wird ein IQ von 200 nachgesagt), wirken einige der Ideen aber gar nicht mal so abwegig.
Theorie Nr. 1: In SHINING geht's um den Genozid an den Amerikanischen Ureinwohnern.
Hinweise hierfür sind die Bakery-Powder-Dosen mit dem Indianerkopf drauf, die in der Speisekammer herumstehen, und die indianischen Artefakte im Overlook Hotel.
Theorie Nr. 2: SHINING thematisiert heimlich den Holocaust.
Wie kommt man drauf? Durch die Adler-Schreibmaschine, auf der Jack tippt. Und weil Wendy so jüdisch aussieht. Und wegen der Zahl 42. Das namensgebende Zimmer Nr. 237, das im Film den Ursprung des Grauens enthält, ist laut dieser Doku ein Zahlenspiel. Nerds checken's auf den ersten Blick: 2x3x7 = 42. 1942 - das Jahr, in dem das Dritte Reich auf seinem Höhepunkt war. Das und ein versteckter Hitlerkopf bei einer Überblendung.
Theorie Nr. 3: Stanley Kubrick wurde von der US-Regierung beauftragt, die Mondlandung zu inszenieren.
Eine vogelwilde These, auf die sich aber tatsächlich verweise in SHINING finden. Zunächst mal der Apollo-11-Pullover, den der kleine Danny trägt. In seiner ODYSSEE IM WELTRAUM hat Kubrick für diesen Auftrag geübt. Dann wieder Zimmer 237. Der sogenannte "Moon Room". 237000 Meilen, so behauptet der Film, sei die Entfernung von der Erde zum Mond. Googelt man das, bekommt man jedoch andere Zahlen. Eine nette Vorstellung, SHINING sei Kubricks Art und Weise die Last und die Mitschuld an dem Staatsverbrechen aufzuarbeiten.
ROOM 237 ist voller solcher und diverser anderer Gedankenspiele. Der verschwundene Zwerg Dopey an der Kinderzimmertür. Kubricks Gesicht versteckt mittels Airbrush in den Wolken. Der verdrehte Teppich. Ein versteckter Ständer. Die Doku beschreibt Kubrick als ein sich langweilendes Genie, das nach 2001 alles erreicht hat, und sich nun spielt. Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Eine seiner versteckten Botschaften hat Kubrick selbst offen zugegeben. Im Film fährt Famile Torrance mit einem gelben VW zum Hotel. Im Buch von Stephen King mit einem roten. Gleichzeitig ist im Film ein rotes VW-Wrack zu sehen, das in einen Lastwagen gerauscht ist. Das war Kubricks heimlicher Stinkefinger in Richtung Stephen King, der nachträglich auch gar nicht mit der Verfilmung zufrieden war.
ROOM 237 ist dreidimensionales Schach und eine saubere Analyse des Klassikers. Die Doku liefert eine perfekte Analyse der Kulissen, zerpflückt mittels digitaler Skizzen Dannys Tretrollerfahrt durch das Hotel und weist auf unmögliche Fenster hin. SHINING wird sogar rückwärts abgespielt und über den normal ablaufenden Film gelegt. Dabei komme es angeblich zu kuriosen, symmetrisch perfekt harmonierenden, gewollten(?) Bildkonstellationen.
Nach dem Genuss ist klar: Man wird SHINING nie mehr mit den selben Augen sehen.
Fazit:
Geniale Aufarbeitung für Hobby-Verschwörungstheoretiker.