Review

Vor Monaten musste Tommy hilflos mit ansehen, wie seine schwangere Frau von einem Rudel kapuzentragender Straßenkinder ins Koma geprügelt wurde, aus dem sie nicht mehr aufwachte. Nur seine kleine Tochter bleibt ihm der einzige Lichtblick in zunehmend verzweifelter Düsternis.Der schreckliche Vorfall hinterlässt Spuren: Tommy wagt sich nur noch unter größter Kraftanstrengung aus der Wohnung, und in den menschenleeren Straßen des heruntergekommenen Viertels wird er verfolgt von huschenden Schatten und leise gewisperten Bosheiten. Dann kommen die Kapuzenträger zurück und verschwinden mitsamt seiner Tochter in der Nacht. Nun muss sich Tommy seiner größten Angst stellen und dorthin zurückkehren, wo das Böse wohnt in - jenes faulig in den Himmel ragende Apartmenthochhaus, das man die "Zitadelle" nennt ...


Es ist doch immer wieder erstaunlich, welch beeindruckende Erstlingswerke manche Regisseure hinlegen und auch Ciaran Foy präsentiert mit seinem ersten Spielfilm (nach diversen Kurzfilmen) eine kleine, aber sehr feine Produktion, die dem Zuschauer einen äußerst gelungenen Genre-Mix offenbart. Dabei greift der gute Mann noch nicht einmal auf etliche Neuerungen oder gar innovative Momente zurück, sondern serviert vielmehr eine Szenario, das in etlichen Passagen doch frappierend an ein Werk wie beispielsweise "Heartless" aus dem Jahr 2009 erinnert. Dennoch schafft es die Geschichte fast spielerisch sich vom ansonsten üblichen Einheitsbrei abzuheben, was in erster Linie sicherlich an der herausragenden Grundstimmung des Geschehens festzumachen ist. Selten erlebt man es nämlich, das ein Film von der ersten Minute an eine dermaßen bedrückende Atmosphäre verbreitet, die beim Betrachter von Anfang bis Ende ein extrem starkes Gefühl der Beklemmung hervorruft und ihm dabei streckenweise fast die Luft zum atmen nimmt. Die vorhandene Tristesse durch die äußerst düster gehaltenen Schauplätze ist omnipräsent und teilweise vermeint man schon fast, eine postapokalyptische Stimmung zu verspüren, denn die menschenleeren Straßenzüge und die dunkle Optik des Werkes vermitteln den Eindruck, das man sich in einer zerstörten Einöde befindet. Inmitten dieser absolut trostlosen Umgebung gibt sich dann eine Mischung aus Drama, Mystery-Thriller und Horrorfilm zu erkennen, wobei insbesondere die subtil aufkommenden Elemente des Horrorfilmes für eine durchgehende Gänsehaut sorgen.

Beginnend wie ein Jugend-Drama lässt die Story immer bedrohlicher aufkommende Züge erkennen und der langsam aufkommende Horror kriecht einem immer tiefer unter die Haut. Foy ist es dabei erstklassig gelungen, den Zuschauer einen Großteil der Zeit über darüber im Unklaren zu lassen, mit welcher Bedrohung er überhaupt konfrontiert wird. Die mysteriösen Straßenkinder werden im Prinzip erst kurz vor dem Ende richtig gezeigt und bis dahin muss man sich eher mit kaum zu definierenden Personen zufrieden geben, die allesamt Kapuzen über ihre Köpfe gezogen haben, um sich selbst so gut wie unkenntlich zu machen. Die dadurch entstehende geheimnisvolle-und auch übernatürliche Note des Ganzen verleiht der ganzen Chose noch mehr Intensität und ist für den gelungenen Spannungsaufbau ungemein förderlich. Kann man zwar schon recht frühzeitig erahnen das es sich hier ganz offensichtlich nicht um normale Kinder handelt, so muss man auf eine Bestätigung für diese Annahme doch eine geraume Zeit warten, so das eigentlich zu keiner Zeit irgendwelche Einbrüche zu verzeichnen sind. Aber wie schon kurz erwähnt liegt die ganz große Stärke dieser Produktion in der vorhandenen Grundstimmung und man möchte auch auf keinen Fall mit dem jungen Tommy tauschen, der sein Leben in dieser anonymen Stadt fristen muss. Lediglich einzelne Lichter in diversen Wohnungen der riesigen Hochhäuser deuten darauf hin, das auch noch andere Menschen hier leben, wobei das Geschehen an sich mit sehr wenigen Personen versehen wurde. Dadurch verstärkt sich der Eindruck eines Endzeit-Szenarios und die von Haus aus schon extrem hoch angesiedelte Beklemmung nimmt noch einmal intensivere Züge an. Man fühlst sich durchgehend erschlagen von der vorherrschenden Tristesse und bei dem Versuch, sich mit der Hauptfigur Tommy zu identifizieren, wird man immer tiefer in den Sog der Ereignisse hineingezogen.

Leider verlieren die Geschehnisse zum Ende hin ein wenig an Kraft, denn während die erste Stunde der Geschichte noch äußerst stark am Nervenkostüm des Betrachters zehrt, gestalten sich die letzten gut 20 Minuten etwas zu vorhersehbar. Zudem fällt auch die Auflösung des Ganzen ein wenig spärlich aus und die Erklärungsversuche der bis dahin hervorragend aufgebauten Story sind als ziemlich dürftig zu bezeichnen. Das trübt den Gesamteindruck dann doch ein wenig und verhindert gleichzeitig, im Bezug auf "Citadel" von einem herausragenden Genre-Beitrag zu sprechen. Dennoch muss man Ciaran Foy ein überdurchschnittlich gute Gesamtzeugnis ausstellen, denn insbesondere für einen Erstling hinterlässt das Werk einen äußerst stimmigen-und gelungenen Eindruck. Mit ein wenig mehr Esprit zum Ende hin wäre sogar noch mehr drin gewesen, doch letztendlich kann man sich über das Gesehene auch nicht wirklich beschweren. Das liegt teilweise auch an der tollen Performance von Aneurin Barnard, der die Figur des verängstigten Tommy mit Bravour darstellt und das Szenario streckenweise fast von allein trägt. Der durch die traumatischen Ereignisse unter Agoraphobie leidende Mann sammelt jede Menge Sympathiepunkte beim Betrachter und bringt die vorherrschenden Ängste absolut perfekt zum Ausdruck.

Man kann also insgesamt festhalten das hier einmal mehr ein sehr gelungener Beitrag aus Großbritannien vorliegt, der trotz eines kleinen Abfalls in den letzten Minuten erstklassige Unterhaltung bietet. Die Kombination aus Drama, Mystery-und subtil aufkommendem Horror ist dabei phasenweise so intensiv, das man schweißnasse unmöglich vermeiden kann. Von der erstklassigen-und trostlosen Atmosphäre förmlich ummantelt, taucht man immer tiefer in die Geschehnisse ein und kann dem dabei entstehenden Sog unmöglich widerstehen. Lediglich das durchschaubare Ende verhindert einen noch besseren Gesamteindruck und dennoch denkt man auch noch lange nach Ende der Geschichte über sie nach, was für einen äußerst nachhaltigen Eindruck spricht.


Fazit:


Nur selten geschieht es das ein Film den Zuschauer von der ersten Einstellung an mit einer so dermaßen dichten Grundstimmung einhüllt, die sich wie ein bleierner Mantel auf die eigenen Schultern legt und dabei fast zu erdrücken droht. Aufkommende Panik und Ängste des Hauptdarstellers übertragen sich dabei fast körperlich spürbar auch auf den Betrachter, der so ungewollt zu einem Teil der mysteriösen Ereignisse wird, die "Citadel" über gut 80 Minuten in den Mittelpunkt stellt.


8/10

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