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Tommy (Aneurin Barnard) ist vom Unglück verfolgt. Seine Lebensgefährtin wird in der gemeinsamen Hochhauswohnung von Gangsterkindern überfallen und umgebracht. Der Fall aus Mangeln an Beweisen fallen gelassen. Nun ist er mit der Aufzucht von Elsa, des gemeinsamen Babys, auf sich allein gestellt und eigentlich dazu gezwungen stark zu sein, was Tommy aber nicht gelingt. Vereinsamt und zurückgezogen lebt er nun in einer schäbigen Vorstadtwohnung und entwickelt eine Angst, die ihn daran hindert, das Haus zu verlassen. Doch die Dämonen von früher suchen ihn selbst dort heim, brechen bei ihm ein und verwüsten die Wohnung. Die Kids von damals wie Tommy meint. Und diesmal sind sie hinter Baby Elsa her. Nun gilt es, der Dämonenschar endgültig den Garaus zu machen…

CITADEL, das Erstlingswerk des irischen Regisseurs Ciaran Foy, erinnert in vielerlei Hinsicht an den französischen Kometen-Horror DEAD SHADOWS, vor allem aber an den englischen HEARTLESS und zwar vor allem wegen seiner Kapuzenpullover tragenden Monster. Als Zuschauer wird man lange im Unklaren darüber gelassen, was diese Hoodie-Kids, die auch an die Satanskinder aus dem „Come to Daddy“-Video von Aphex Twin erinnern, nun wirklich sind. Ob Dämonen, Zombies, Besessene oder einfach doch nur sich dissozial verhaltende, Aggression und Gewalt als Way of Life praktizierende Jugendliche aus der unteren sozialen Schicht. Schwer zu sagen. Der Film wird bezüglich dessen im Verlauf zwar etwas eindeutiger. Es stellt sich jedoch die Frage, ob man das Gezeigte beim Wort nehmen oder vielleicht doch hinter die Fassade seiner Bildhaftigkeit linsen sollte. Wo wir schon beim Thema wäre: Vieles in CITADEL wirkt metaphorisch und interpretationswürdig, sprich: so, als dürfe man nicht für bare Münze hinnehmen, was man optisch geboten bekommt. Nehmen wir Hauptcharakter Tommy, ein Weichei, eine Heulsuse, ein Schwächling der Superlative. Ihm steht das Wort „Opfer“ buchstäblich auf die Stirn geschrieben. Die wenigen Menschen mit denen Tommy Kontakt pflegt, zweifeln allesamt an seiner Version der Zombiekinder und dass es diese auf Elsa abgesehen haben. Viel logischer wäre es, Tommy als Außenseiter und Wunderling mit psychischen Problemen abzustempeln. Einzig ein rüpelhafter Priester – gespielt von James Cosmo (BRAVEHEART, TRAINSPOTTING) – hilft Tommy, es mit dem personifizierten Bösen aufzunehmen. Beide fahren sie zum Schauplatz des Verbrechens von früher, einem ruinenhaften Hochhauskomplex, und liefern sich dort einen Showdown mit den dämonifizierten Gangsterkiddies.

ACHTUNG: SPOILER!
Den ganzen Film über sehnt man einen Twist oder eine Auflösung, eine Art Aufwachen aus dem klaustrophobischen, Misanthropen-Alptraum herbei. Ähnlich den Twists von HIGH TENSION, FIGHT CLUB oder A BEAUTIFUL MIND. Dergleichen wird aber nicht geboten und somit endet der Film sehr nebulös und nichts sagend. Wenn man sich nachträglich nicht die Fleißarbeit macht und ein bisschen nachgrübelt, ist der Gesamteindruck ein überaus enttäuschender. CITADEL ist aber ein nachhaltiger Film, der einem zwischendurch mit „Wie war das gleich?“-Fragen zurück ins Gedächtnis stößt.
SPOILER ENDE

CITADEL macht es einem als Zuschauer nicht leicht, was ja eigentlich als Pluspunkt gewertet werden darf, da er die Denkzentrale ins Ruckeln bringt. Geboten werden neben dem Genannten Horrorfilm typische Schockmomente und eine allumfassende Finsternis, die sämtliche Lust auf Leben erlöschen lässt.
Nimmt man CITADEL und seinen Plot buchstäblich, ist’s kein sonderlich gelungener Horrorfilm. Erkennt man aber seine Intuition und seinen therapeutischen Wert, bekommt man es mit einem überaus interessanten Stück Independent-Kino zu tun.

Fazit:
Super düsterer Urban-Horror über Gemütskrüppel, personifizierte Ängste und Dämonenkinder. Von der psychologisch Seite her überaus interessant.

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