Review

Einer von zwei einschneidend bekannten, sei es auch nur durch pures Hörensagen berüchtigten und unter dem Aspekt der frühen Exploitation wohl schon wieder renommierten rape_and_revenge flicks des Jahres 1988. Quasi der Nachzügler zu Golden Harvests Her Vengeance, der als Vorstufe und wohl auch Vorlage dafür ganze zwei Wochen früher von Schlockmeister Nam Nai Choi auf die Leinwand gebannt wurde, aber aus bisher ominösen Gründen erheblich weniger Geld als diese naiv galoppierende Themenvariation an den Kassen einspielte.

Der direkte Vergleich muss mangels Kenntnis [noch] unterbleiben; die Prognosen bezüglich Qualität liegen angesichts des hiesigen Ergebnisses aber doch bei der Konkurrenz. Das schwierige Ansinnen, sowohl die spekulativen Lüste des Publikums zu bedienen, sich an Ursprung und ritualistischer Festigung des anstößigen Subgenres wie Last House on the Left, I Spit on your Grave oder Thriller - A Cruel Picture zu orientieren und gleichzeitig ein etwaig seriöses Drama zu implizieren geht bei Vengeance is Mine doch weitestgehend daneben. Über bleiben tut ein Werk, dass anders als seine Ideen gar nicht so weit abseits des Mainstreams liegt wie durch Rederei und Stadtklatsch und so weitergehende Verheißung vielleicht angenommen. Der Kompromiss und das Zugeständnis an die Massenbedürfnisse geht soweit, dass weder auslotende Abgründe von Intensität, Schärfe, Deutlichkeit geschaffen noch bestehende Vorgaben niederer (voyeuristischer) Triebe in expliziter Manier gefüllt werden. Und sich dergestalt harmlos gehalten auch verwunderlich ist, dass sich die ja vorhandene Reputation trotz mangelnder sittlicher Verworfenheit überhaupt so nachdrücklich in die (verklärende) Erinnerung gebrannt hat:

Die beiden Krankenschwestern Jane Li Su-ching [ Rosamund Kwan ] und Amy Wong [ Pat Ha ] arbeiten nicht nur zusammen, sondern sind auch beste Freundinnen und teilen sie gemeinsam ein Heim. Als Jane auf dem alleinigen Heimweg von der Bande des Schädlings Pi-kee [ Ken Tong ] überfallen, entführt und in einem nahe gelegenen Waldstück misshandelt wird, kommt ihr nur der zufällig anwesende Taxifahrer Kao Wing-keung [ Derek Yee ] zur Hilfe. Jane möchte weder zum Arzt noch zur Polizei und vertraut sich nur ihrem Freund Tom Tam [ Poon Jan-Wai ] an, der die ganze Angelegenheit wie auch das Opfer am Liebsten vergessen möchte. Doch bei der nächsten Schicht sieht Jane einen ihrer Peiniger als Patient im Hospital.

Notorischer Miserabilismus in den ersten und letzten 15 Minuten, seichte Identifikation plus Berechtigung einer Scheinerlösung im Handlungszentrum, die wiederum linear zu den Konsequenzen führen.
Es bleibt eine reine Vermutung, aber bei der Doppelregie scheint Billy "Bloody" Tang Anfang und Ende übernommen und den vorherrschenden Mittelteil dem Comedy / Drama / Romance Spezialisten Lee Chi Ngai überlassen zu haben; zumindest wirkt eine Arbeitsteilung komplett unterschiedlicher Persönlichkeiten soweit auffällig, dass sich der Rahmen mit geringschätziger Gleichgültigkeit strikt an die Ablehnung der Verantwortung hält, während die Füllung dieses anprangert.
Die Vergewaltigung allein reicht da scheinbar nicht aus, erst die weiteren Belästigungen, die fortführende Schikane von Beleidigung, Rufschädigung, Einbruch, Vandalismus und das Beseitigen jeder zivilisatorischen Sicherheit führt zum Verzicht auf das schon ritterliche Standesgefühl. Und zur entsprechenden Gegenwehr samt den folgerechten Actionszenen, die bereits ein Jahr vor der Einführung des freieren CAT 3 Siegels zu einem barbarischen Finale führen. Ein erbittertes Hauen und Stechen, nächtliche Autocrashs, Motorradattacken, Angriffe mit Giftspritze, Skalpell, Zeitbombe, Glasscherben und dem alles vernichtenden Feuer eines Hochofens.

Außerhalb dessen eine wenig präzise Inszenierung, die zwar zuweilen ihre eigenen Momente findet, aber an einem halsstarrigen Drehbuch immer wieder scheitert, ein eindringliches Erleben lähmt und auch fern der kategorischen Wesensmerkmale der von der Obrigkeit verschmähten Gattung keinerlei Aussagen erbringen kann.
Asketische Energie gegen individuelle Starre. Nüchterner Rationalismus gegen dramatische Seifenopernstruktur, die sich wie in einer beschlossenen Bürokratie stetig steigern muss, um die vorhergehende Unglaubwürdigkeit, auch verursacht durch entweder gelangweiltes [ Yee ], unbrauchbares [ Kwan ] oder chargierendes Schauspiel [ Tong ] vergessen zu machen.

Einen wirklichen Unterhaltungswert mag man den anstößig-lasterhaften Vertretern rein übermoralisch sowieso nicht attestieren wollen. Aber das, was gerade auch die Italiener Ende der 70er auf die verschreckte Bourgeoisie und die empörten Zensoren in einem roten Tuch tiefer Verachtung gewickelt losgelassen haben, verschwendete ein wenig mehr ruchlose Kreativität und bewies auf jeden Fall mehr offensiven Mut im Umgang mit der vermeintlich konservativ-engstirnigen Mentalität.
Eine Seelenverfassung, die exakt recherchierte Milieustudien zugunsten sozialer Kolportage außen vor sein lässt und sich lieber in freiwilliger Erbärmlichkeit in Schund und Schmutz sudelt. Wenn schon ein Bad im Elend, dem man seitens der Allgemeinheit sowieso fast durchweg negativ gegenübersteht, dann auch richtig und mit dem Kopfsprung voran und in unbefangener rezeptiver Position.

Seit jeher ein Feind der Kritiker wurde in den Arbeiten die Konfliktwelt des Umgangs von Mann und Frau überspitzt bis ins Unendliche verschärft, das Propagandamaterial für die Bedrohlichkeit moderner Geschlechterverhältnisse mit Mitteln der Ekstase und des austreibenden Exorzismus überzogen und zum ultimativen Glaubenskrieg ausgerufen. Die Konstitution einer eigengesetzlichen Sphäre, in der die bleierne Hoffnungslosigkeit auf ein harmonisches Miteinander ohne Vorurteile und Ressentiments, die "sexuelle Unordnung" und die propagierte Dominanz des Mannes aufgehoben und umgekehrt wird. Ein grobmaschiges Humornetz mit abenteuerlicher Ideologie, dass in lautmalerischer Vereinfachung den Soziopathen und den Spießbürger zusammen in einen Raum steckt und sich per schaulustigem Türspion am verheerenden Ergebnis erfreut, ohne sich in die Haftung für ein ethisches Urteil zu begeben.

Vengeance is Mine möchte sich aber Pflichtgefühl, Verantwortungsbewusstsein und Aufklärung über die untragbaren Gesellschaftszustände anstecken, sucht sich eine Ausrede für die Zeichnung einer trostlosen Kondition von Recht und Ordnung. Als Rechtfertigendes Alibi für die ebenso übliche Selbstjustiz und als Katalysierendes Ventil für die armen duckmäuserisch-gutherzigen Städter, die entsprechend dessen auch mehr Aufmerksamkeit als die Bürgerschrecks abbekommen, aber dennoch genauso simpel und mit dem Drang zur monströsen Banalität gezeichnet werden.

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