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Einer der meistunterschätztesten Mystery-Thriller überhaupt, auch wenn der Film nicht in Genre-Konventionen daherkommt und deswegen etwas Bereitschaft zum Mitarbeiten vom Zuschauer fordert.
Tatsächlich kommen die Thrillerelemente erst relativ spät hier ins Spiel, während der Film sich erst für das Geheimnis um die zu restaurierende "Schachpartie" interessiert. Dort wird eine geheime Inschrift entdeckt, die auf ein Rätsel hinweist, daß offenbar schon 500 Jahre alt ist.
Die verborgene Inschrift weist schon auf die Doppelbödigkeit aller hier Beteiligten hin, aber selbst sie an sich in mehrfach deutbar und weist offenbar auf einen politischen Mord und seinen Täter hin.

Während das Rätsel um das Bild voranschreitet, wird ein bunter Teppich an undurchschaubaren Charakteren vor uns und damit vor unserer Protagonistin Julia (eine umwerfend niedlich-burschikose Kate Beckinsale) ausgebreitet. Da ist der väterliche Vormund Cesar (ein phantastischer John Wood), ein Mann von Kultur, aber auch gleichzeitig hadernd mit Alter und Homosexualität. Da ist ihre Auftraggeberin Menchu, die das Bild versteigern will, reichlich kokst und eine Affäre mit dem verheirateten Endbegünstigten des Erlöses hat. Da ist desweiteren der todkranke Besitzer (Batman-Butler Michael Gough mit letztem Atemzug), eine gierige Tochter, ein Kunstprof und leidenschaftlicher Ex-Lover von Julia und nicht zuletzt der junge Zigeuner Domenec, ein lässiges Schachgenie, daß die geheimnisvolle Partie für Julia rückwärts spielt.

Der Film nimmt sich Zeit, seine Geheimnisse zu entwickeln, präsentiert Figuren, gibt ihnen Tiefe, lotet sie aus, deutet an. Währenddessen malt er auch ein warmes, buntes Portrait der manchmal bizarr anmutenden spanischen Metropole Barcelona, die hier als Handlungsort gilt.
Das fördert noch mehr das Interesse des Zuschauers, der in das letztlich inzwischen unwichtige historische Geheimnis involviert werden will. Doch kaum, daß sich hier so etwas wie eine Lösung anbietet, kommt es zu einem Todesfall und der Besitz des Bildes wird offenbar zu einer Gefahr für alle Beteiligten. Ob es sich hier jetzt um Mordfälle oder Unfälle handelt, soll hier nicht verraten werden, doch bleibt das Geschehen, daß seinen Figurenkreis bewundernswert konzentriert und geschlossen hält, bis zur letzten Minute interessant, wenn das letzte Geheimnis gelöst wird.

Der Autor der literarischen Vorlage (Das Geheimnis der schwarzen Dame) ist Arturo Perez-Reverte, der auch die Vorlage zu "Die neun Pforten" schrieb, und wer jetzt aus dem lakonisch-historisch-ironischen Film die diabolische Note abzieht, hat ungefähr den Stil, der sich hier perfekt auf "Uncovered" übertragen hat. "Geheimnisse" kommt niemals schwer oder drängend daher, will nie mit bekannten Mitteln Spannung erzeugen oder, man hüte sich, Actioneinlagen präsentieren. Der Film hält sich an die zahlreichen vermittelten Geheimnisse der einzelnen Personen und des Bildes, die an sich den Spannungsbogen recht hoch halten.
Trotzdem bleibt der Ton des Films stets überraschend leicht, vermittelt die Musik bisweilen einen spielerischen Schwebezustand. Auch die Figuren ergehen sich bisweilen in leichtem oder bissigem Humor und man muß schon fleißig auf die Zwischentöne hören, um am Ende alle Fäden in der Hand halten zu können. Auch gerät die finale Auflösung nicht zum kriminalistischen Climax, sondern eher zur tragischen Erfüllung eines vorbestimmten Schicksals.

Das ist eine leckere Sache für Cineasten und Freunde gut erzählter Geschichten. Wer aber lieber den üblichen Eintopf mag, wird hiermit kaum klarkommen. Für etwas wie "Geheimnisse" muß man Spaß an einer Geschichte haben, der Weg ist das Ziel. Mit einem gewissen Kribbeln: (8/10)

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