Review

"Lockout" - das bedeutet ja so viel "Aussperrung", wobei ich muntere 80 Minuten gerätselt habe, was denn hier nun ausgesperrt worden ist. Die Sicherheitskräfte aus einer Raumstation? Die Kreativität aus dem Prozess des Drehbuchschreibens. Das Hirn des Autoren?

Also zusammengefaßt wird das rote Meer der Qualität hier wie folgt geteilt: entweder ordnen wir das als amüsanten Absolutely-No-Brainer ohne jegliche Niveauvertiefung ein und freuen uns einen albernen Keks oder man winkt alsbald müde ab, weil dieses seelenlose Kommerzprodukt sich einfallsarm überall dranhängen will, vor allem anbiedernd an ein DVD-Publikum.

Hier der bombastische Plot: gegen Ende des 21.Jahrhunderts umkreist eine Raumstation die Erde, wo man die schlimmsten Verbrecher der Welt inkriminierend in Stasis hält. Als die Tochter des Präsidenten aus humanitärer Sicht mal auf den Putz hauen soll, kommen prompt alle frei und machen "Buh"! Wie gut, daß man derweil gerade den ultra-arschcoolen Agenten Snow bei einem Einsatz geleimt und ihm einen Mord untergejubelt hat, der ihn ebenfalls in die Gefriertruhe bringen soll - aber jetzt, wo Blondinchen in Gefahr ist, soll er stattdessen natürlich lieber die holde Maid befreien. Alles mal "Hier" schreien, wer jetzt an Carpenters "Die Klapperschlange" gedacht hat!
Gut, muß ja jetzt nicht originell sein, kann man mit ordentlich Gewalt retten, so ein Teil. Aber falsch gedacht, denn der freundliche B-Movie-Freund mit Actionorientierung wird von diesem Besson-Retortenprodukt nie richtig satt, geschweige denn auch nur angefixt.

Dabei sieht alles anfangs noch so gut aus, der größte Reiz dieses Schnellschusses liegt nämlich im Antihelden, der so tiefenentspannt unendlich lässig ist, daß er selbst noch unter der Folter lockere Sprüche reist, als hätte Rainer Brandt nie Rente bezogen. Das ist etwa 10 Minuten lang ganz witzig, dann jedoch merkt man, daß man die Teile hauptsächlich für den Trailer in die Handlung geschrieben hat, wirklich selbstironisch ist das nämlich nicht, da kann man über Harrison Fords gebrummelte Indy-Selbstgespräche wesentlich länger schmunzeln.

Was aber die Autoren nicht davon abgehalten hat, bei knapp 85 Minuten Lauflänge gleich zwei wesentliche Handlungsstränge in omnipotenter Hypergeschwindigkeit in den Plot zu pressen: die Rettung der Häuptlingstochter samt Niederschlagung des Gefangenenaufstands und das Auffinden eines ebenfalls eingekastelten Kollegen, der den Verschwörungsplot an Snows Popo auflösen kann. Hand und Fuß müssen aber beide nicht haben, in kürzester Zeit gebärdet sich die Story als filmische Variante eines Jump'n Run-Videogames, bei dem der Held alles tun darf, nur nicht aktiv einen Gegner um die Ecke bringen. Man findet sich, man flüchtet, man versteckt sich, wobei Blondchen natürlich alles tut, um sich regelmäßig in Lebensgefahr zu bringen und Snow physisch darunter stetig leiden muß.
Nur: wenn sich schon der Abschaum der Menschheit geifernd über die politische Elite hermacht, dann soll auch Blut spritzen. Dafür haben sich die Action-Film-Nerds ja selbst zu solchen gemacht, weil es krachen und zischen soll und zu lockeren Sprüchen martialisch gemeuchelt wird - nur so wird ein Klassiker draus, reaktionär oder menschenverachtend oder einfach agressionsabbauend.
Hier haben wir leider nichts davon, stattdessen sieht man mit offenem Mund zu, wie sich Guy Pearce (wahrhaftig nicht die schlechteste Wahl für einen modernen Bronson-Eastwood-Russell-Verschnitt und mit deutlich Muckis auf den Knochen) drehbuchgemäß den Allerwertesten abackert, um knifflige Fluchtprobleme zu lösen, während sich Joseph Gilgun als unkontrollierbarer einäugiger Psycho-Zausel an den tiefsten Tiefen der Muppetshow bedient, um so etwas wie unkontrollierbar-bedrohlich darzustellen, aber einfach nur kreuzdoof wirkt.

Am Ende macht die Raumstation "Puff", die große Verschwörung wird dank Blondie aufgedeckt und alles jubelt und lacht, weil sich der vermeintlich beste Kumpel mal wieder als Fiesling entpuppt, allein solche Thrillerwendungen interessieren nur, wenn sie als dramaturgische Garnitur über reichlich Bruch gestreut werden.

Man kann "Lockout" also für irre komisch halten, aber spätestens bei Zweit- oder Drittsicht (und so etwas wie entwickelbarem Geschmack) fällt dann auf, daß abgesehen von ein paar Sprüchen der Rest des Films unheimlich austauschbar und unspektakulär ausfällt.
Warum man für so wenig dann auch noch zwei Regisseure braucht, wissen vermutlich nur die Gebrüder Inkompetenz, namentlich Neveldyne und Taylor, die noch schlechtere Actionfilme drehen. Den hier darf man trotzdem verpassen. (4/10)

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