In der Zukunft existieren die USA nicht mehr, an ihre Stelle ist der zwölf Distrikte umfassende Staat Panem getreten, der von der Hauptstadt Kapitol aus diktatorisch von dem Präsidenten Snow regiert wird. Um die in Armut darbende Bevölkerung weiterhin an den gescheiterten Versuch einer Revolution vor so-und-so-vielen Jahren zu gemahnen, werden alljährlich die "Hungerspiele" veranstaltet, bei denen jeder Distrikt Tribute in Form je eines Jungen und eines Mädchens im Alter zwischen zwölf und achtzehn entsendet, die im Rahmen einer landesweit übertragenen TV-Ausstrahlung gegeneinander antreten müssen, bis es schließlich nur noch einen Überlebenden gibt. Um ihrer kleinen Schwester Primrose, auf die dieses Jahr das Los gefallen ist, das Leben zu retten, meldet sich die junge Katniss Everdeen freiwillig für den Kampf bis zum Tod gegen ihre Altersgenossen… mit denkbar schlechten Aussichten, das Spektakel selbst zu überleben. Zusammen mit dem ebenfalls ausgelosten Peeta Mellark, der heimlich in Katniss verliebt ist, reist das junge Mädchen nach Kapitol, wo sie der ehemalige "Hungerspiele"-Gewinner Haymitch Abernathy, zwischenzeitlich abgewrackt und dem Alkohol verfallen, für das anstehende Massaker fit machen soll… Nach dem überfälligen Ende der anämischen Vampir-Romanze "Twilight" hat man in Hollywood schnell geschaltet und mit "Die Tribute von Panem: The Hunger Games" den nächsten potentiellen Startpunkt für eine lukrative Franchise aus dem Boden gestampft, für die die Kids alljährlich ihr Taschengeld an der Kinokasse abdrücken sollten. Vom bewährten Erfolgsrezept wurde dabei nicht allzu sehr abgewichen: Wiederum basiert das Ganze auf einer Serie von populären Jugend-Romanen (deren Autorin Suzanne Collins hier sogar persönlich am Drehbuch mitgewirkt hat), wiederum wird das Ganze vornehmlich bevölkert von angesagten Jung-Akteuren (die namhaften Erwachsenen-Darsteller vergeuden sich in Nebenrollen), und wiederum thront über allem eine obligate Love-Story, die alles andere schier zu erdrücken droht (die, das muss man fairerweise zugeben, aber auch ein wenig glaubwürdiger entwickelt wird, als das bei "Twilight" der Fall gewesen ist). Jedoch haben sich die Produzenten dieses Mal nach Leibeskräften bemüht, ein Publikum anzusprechen, das über die zuvor definierte Zielgruppe 14jähriger Girlies hinausgeht: Für die Jungs gibt’s "krasse" Action (na ja…) und für die Mädels eine gleichaltrige weibliche Identifikationsfigur (wesentlich agiler als die lethargische Bella Swan: Die von der Oscar-nominierten Jennifer Lawrence gespielte Catpiss, äh, Katniss Everdeen) sowie reichlich Gelegenheit für Schmacht-Attacken, wenn die Teenie-Beaus Josh Hutcherson und Liam Hemsworth ihre Auftritte haben… und für die etwas älteren Semester, die sich irgendwie zufällig auch noch ins Kino verirrt haben, überraschenderweise einige Stephen King-Motive (der "Running Man" lässt grüßen), in der zweiten Hälfte eine splatter-technisch entschärfte "Battle Royale"-Variation, und, ganz anachronistisch, eine breit ausgespielte, gesellschaftskritische Negativ-Utopie nach dem Modell der 70er Jahre à la "Flucht ins 23. Jahrhundert" und Konsorten. Wer hätte das gedacht? So kann man den Machern beinahe noch dankbar sein, dass sie die erwachsenen Rezipienten zwischen all dem Kiddie-Kram zumindest nicht völlig übersehen haben. Dem erfahrenen Allesgucker schwant natürlich schnell, woher "Big"-Drehbuchautor Gary Ross sich seine Inspiration geholt hat… beziehungsweise, von wo sich augenscheinlich bereits Suzanne Collins ihren Bestseller so zusammengeklaut hat. So sollte man ergo keinesfalls dem Irrglauben anheimfallen, hier etwas wirklich Neues entdecken zu können, zumal die insgesamt recht langatmige Inszenierung sich auch keine besonders große Mühe macht, die aneinandergereihten Versatzstücke abseits des opulenten Set-Designs und der grellen Kostüm-Parade in irgendeiner Form aufzupolieren. Bisweilen kommt einem da durchaus der Gedanke in den Sinn, dass es wie zuvor schon bei den "Twilight"-Streifen ein Fehler gewesen ist, wieder mal einen genrefremden Filmemacher auf den Regie-Stuhl zu befördern… man möchte sich gar nicht erst vorstellen, was ein Action- und/oder Horror-erfahrener Regisseur aus dem Stoff hätte rausholen können. Auffällig ist jedenfalls die kühl kalkulierte Art und Weise, wie genreübliche Brutalitäten hier per wackeliger Handkamera-Fotografie abgemildert und mit viel "romantischem" Herzschmerz-Geplänkel einer jugendlichen Zielgruppe angedreht werden sollen. Die Gewalt-Einlagen pendeln sich demnach etwa auf "Herr der Fliegen"-Niveau ein (sprich: immerzu PG-13-fähig und damit zu verharmlosend für die eigentliche Thematik), nur von der Substanz jenes Schulbuch-Klassikers beziehungsweise dessen Leinwand-Adaptionen ist Gary Ross mit seinem "Die Tribute von Panem: The Hunger Games" doch noch ein ganzes Stück weit entfernt. Echte Science-Fiction-Freaks dürfte das unoriginelle Szenario rund um die Hungerspiele (im Übrigen: notdürftig präsentiert, vage erklärt und ziemlich sinnlos) eher kalt lassen, während Freunde brettharter Manhunt-Movies natürlich lieber bei "Harte Ziele" und "Surviving the Game" (wenn nicht gar dem Sujet-Urvater "Graf Zaroff - Genie des Bösen") bleiben werden… aber für die ist die Chose auch wirklich nicht gemacht. Wer jedoch das korrekte Alter, mangelnde Film-Erfahrung und den passenden, beschränkten Horizont mitbringt, der wird den alles in allem betrachtet recht mittelprächtig geratenen "Die Tribute von Panem: The Hunger Games" als auf seine ganz persönlichen Zuschauer-Bedürfnisse hin zugeschnittenes und mit soliden Schauwerten aufgemotztes Teenager-Melodram sicherlich in den siebten Himmel jubeln. Angesichts des kolossalen weltweiten Einspielergebnisses muss man unumwunden zugeben, dass die Produzenten aber wieder mal den richtigen (zynischen) Riecher gehabt haben. Ach ja: Die sich zum Schluss hin anbahnende Dreiecks-Beziehung à la (oh Wunder!) "Twilight" (Katniss zwischen zwei patenten Jungens), für deren Ausformulierung im vorliegenden ersten Film wohl keine Gelegenheit mehr war (und das bei annähernd 140 Minuten Lauflänge), lässt Schlimmes für die unvermeidlichen Fortsetzungen erahnen. Für mich persönlich das netteste Detail an Gary Ross‘ Genre-Zwitter: Isabelle Fuhrman darf nach "Orphan - Das Waisenkind" in einer Nebenrolle als Tribut wieder mit Messern herumhantieren und bekommt dafür mit Schmackes das Genick gebrochen… genau wie eben zuvor schon in "Orphan". Klingt komisch, aber hier mein Tipp: "Die Tribute von Panem: The Hunger Games" im Doppelpack mit dem überstilisierten, splatterigen Science-Fiction-Actioner "Gamer" des "Crank"-Regie-Gespanns Neveldine/Taylor ansehen… ein perfektes, inhaltsleeres Double-Feature über kaputte Gesellschaften und dystopische Gladiatorenkämpfe. Und dank der ruckel-zuckeligen Kameraführung und einer rasanten Montage ähneln sich die Streifen sogar auch formal…
5/10